Epilog

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Roxana

"Heute ist sein Todestag. Bist du sicher, dass du das jetzt durchziehen kannst?"

Starr blickte er aus dem Fenster während er den Wagen durch den abendlichen Verkehr von New York lenkte.
An diesem Tag wurde er immer etwas emotional, was ich ihm keineswegs verübeln konnte. Als ich damals gehört hatte was bei der Übergabe geschehen war, brach auch für mich eine kleine Welt zusammen. Zwar hatte ich ihn zu diesem Zeitpunkt noch nicht all zu lange gekannt und trotz allem hatte er sich einen Platz in meinem Herzen gesichert.
Er musste viel zu früh gehen.

"Es ist jetzt neun Jahre her. Ich vermisse ihn jeden Tag, aber das Leben geht weiter."

Wir hatten oft darüber geredet, das erste mal in der Nacht nach seiner Beerdigung. Nicht nur der junge Mann neben mir gab sich die Schuld für seinen Tod. Alle die ihm nahe standen machten sich Vorwürfe, dass sie es hätten verhindern können. Auch wenn ich nicht dabei war als es passierte, so konnte ich die Gedanken der Anderen nicht im Geringsten nachvollziehen. Nicht ein einziger von ihnen hätte verhindern können, dass dieser Kerl geschossen hatte.

"Ich weiß, dass das Leben weiter geht. Ich meine damit nur, dass du heute schon den ganzen Tag durch den Wind bist. Wir können das Treffen jetzt auch einfach sausen lassen und auf den Friedhof fahren."

Wir hatten so oder so vor noch an sein Grab zu gehen. Es war zu einer Art Tradition geworden und einmal im Jahr kam tatsächlich die ganze Familie wieder zusammen. Carlo und Maria waren vor einigen Jahren nach Italien gezogen, Cara war der Liebe wegen nach Washington gegangen. Nur ein kleiner Teil der Salvatore Familie war noch in New York geblieben um die Geschäfte hier weiter zu führen.
So ganz verkraftet hatte es niemand und jeder ging anderes mit dem Verlust um. Die einen zogen weg, die anderen stürzten sich in Arbeit.

"Das werden wir noch. Aber die anderen sind noch nicht in der Stadt. Und außerdem weißt du wie wichtig das Gespräch für uns ist."

"Ich meine es doch nur gut."

Ich umfasste seine Hand und hauchte einen hauchzarten Kuss auf seinen Handrücken. Wenn mir jemand gesagt hätte, dass alles so kommen würde hätte ich vermutlich gelacht. Nach allem was geschehen war und nach allem was ich jetzt über diese Familie wusste hätte ich vermutlich am besten schleunigst das Weite suchen sollen.
Aber nun lebte ich selbst mitten in einer Welt die von skrupellosen Mafia Chefs und Drogengeschäften beherrscht wurde. Trotzdem hätte ich nicht glücklicher sein können und das lag zum größten Teil an dem Mann der neben mir saß und in dem ich tatsächlich die Liebe meines Lebens gefunden hatte.

"Das weiß ich doch, mia bella."

Ein verstohlenes Lächeln huschte über seine sonst so gefasste Miene während er das Auto in die Tiefgarage des Wolkenkratzers manövrierte.
Hand in Hand begaben wir uns zum Aufzug, der uns an die Spitze des Wolkenkratzers und somit zu einem Treffen brachte, das überaus wichtig für unsere Zukunft war.
Nachdem auch Santos bei der Übergabe sein Leben gelassen hatte, zerbrach nicht mal ein Jahr später sein gesamtes Kartell. Damals waren alle Chefs der Banden die New York unter Kontrolle hatten mehr als nur glücklich darüber und einigten sich friedlich darauf sein Gebiet unter sich aufzuteilen. Nachdem vor nicht mal einem Monat der nächste Drogenring New Yorks zerschlagen wurde wird heute erneut über ein Aufteilen des Gebiets verhandelt. Man konnte sagen, dass der Tod von Santos nicht nur für uns persönlich etwas gutes hatte. Die Gangs hier in New York lebten tatsächlich weitestgehend friedlich nebeneinander her. Vor einigen Jahren hätte das vermutlich auch niemand erwartet.

Rafael // ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt