Kapitel 2

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"Sam! Wir müssen zum Training!" Noch nie war ich so erleichtert die Stimme von Carter zu hören. "Das nächste mal kommst du mir nicht davon. Ob du willst oder nicht." Ich schluckte schwer. Ich wusste, dass er es ernst meinte und es nicht nur so daher sagte. Wer wusste ob ich beim nächsten Mal auch noch so viel Glück hatte. Sam verließ mein Zimmer und ich glitt an der Wand herunter. Er hatte schon öfter versucht mich zu etwas zu zwingen, zu dem ich noch nicht bereit war, allerdings bis jetzt immer erfolglos. Gott sei Dank.

Kurz nachdem die erste Träne über meine Wange gelaufen war, hörte ich, wie jemand die Treppe nach oben trampelte und kurz darauf riss jemand meine Tür auf. "Roxy?" Es war mein Bruder, Leo. Er kniete sich vor mich und strich mir eine weitere Träne von der Wange. "Hey, was ist denn los?" Ich schniefte. "Alles in Ordnung, wirklich. Und jetzt geh, du hast Training." Ich lächelte in schwach an. Er schüttelte den Kopf und setzte sich wie ein trotziges Kind auf den Hosenboden. "Ich geh erst wenn ich weiß was los ist." "Da kannst du lange warten." Er grinste siegessicher. "Ich hab Zeit. Du weißt doch, mein Fuß ist verstaucht ist. Ich wäre eh nicht mit ins Training." Stimmt, da war was.

Nach ungefähr fünf Minuten in denen mein Bruder mich durchgehend angestarrt hatte, rappelte er sich seufzend auf und hielt mir anschließend eine Hand hin. "Ich weiß dass du mir jetzt nichts erzählen willst. Aber ich hab Hunger und deinem Magen nach zu urteilen du auch. Was hältst du von Uncle Joey's?" Wohlwissend dass er mich damit geködert hatte zog er mich auf die Beine und schlang ganz kurz seine Arme um mich. "Also zieh dir eine Jacke an und komm runter."

Es dauerte nicht lange, da waren mein Bruder und ich auf dem Weg zu Uncle Joey's. Uncle Joey's war ein kleiner schnuggliger Burger Laden in einer Seitenstraße nicht weit von unserer Wohnung entfernt. "Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht." Leo, der neben mir her humpelte, sah mich von der Seite an. Ich stande beiden Zwillingen unglaublich nah, aber Leo und ich hatten schon immer eine besondere Beziehung zu einander. "Seit ein paar Monaten bist du echt komisch drauf." Schweigend sah ich auf meine Füße. "Ich weiß nicht was du meinst." "Ach komm schon, Roxy." Leo hielt mir kopfschüttelnd die Tür auf und trat dann hinter mir in den kleinen Laden ein. "Wie immer?" Ich nickte und setzte mich an einen der Tische, während mein Bruder unsere Burger holte.

"Hast du schon den Neuen gesehen?" Leo stellte ein Tablett vor mich und setzte sich ebenfalls an den Tisch. "Welchen Neuen?" "Du kennst Luca Salvatore?" "Klar, das ist doch dieser eine Angeber aus deiner Stufe, oder?" Mein Gegenüber nickte. "Genau. Und sein großer Bruder ist jetzt auch auf unserer Schule. Ich schätze mal er ist schon mal sitzen geblieben, er ist nämlich im gleichen Bio Kurs wie ich." Leo biss in seinen Burger und seinem Gesicht nach zu urteilen schwebte er gerade im siebten Himmel. Joey's Burger waren der Hammer und wenn du ein mal einen hattest, willst du nichts anderes mehr.

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Am nächsten Tag hatte ich den Neuen gesehen. Er war gerade mal einen Tag hier und schon kursierten mehr Gerüchte über ihn, als über sonst irgendwen. Sein Bruder war ein Aufreißer, also musste er auch ein Aufreißer sein, sein Bruder war ein Bad Boy, also war er auch ein Bad Boy, sein Bruder nahm Drogen, er natürlich auch. Kranke Welt.

Die dritte Stunde hatte ich frei, weshalb ich gerade so gut wie alleine auf dem Flur stand und mein Schließfach durchsuchte. Wo war nur mein verdammtes Chemie Buch? "Entschuldigung?" Ich wirbelte herum und blickte in das Gesicht des Neuen. Wie hieß er eigentlich? "Könntest du mir sagen wo Raum 310 ist?" Lächelnd blickte er auf mich herab. "Klar, ähm..." "Roxana! Mitkommen, sofort!" Sam war wie aus dem nichts aufgetaucht und zog mich wie ein Idiot hinter sich her. Dass seine Hand dabei schmerzhaft meinen Arm zerquetschte interessierte ihn herzlich wenig. Von dem Neuen erntete ich einen verwirrten und zugleich mitleidigen Blick.

"Sam, was ist los? Du tust mir weh!" "Hat mich das jemals gestört?" Wenigstens gab er es zu. "Was wollte der Kerl von dir?" Er schleuderte mich gegen die Spinde und ein schmerzhaftes Zischen entwich mir. "Er hat nur gefragt wo sein Raum ist." "Sicher?" "Ja." Er entfernte sich einige Schritte von mir und sah mich herablassend an. "Halt dich von dem fern, sonst kannst du was erleben! Ich meine es ernst!" Und schon war er um die nächste Ecke verschwunden. War ja klar, dass er genau in dem Moment kommen musste, als der Neue mich angequatscht hatte. Kopfschüttelnd beschloss ich zur Cafeteria zu gehen und dort meine Freistunde zu verbringen.

Der große Saal war bis auf die Frauen hinter der Theke menschenleer. Ich setzte mich an einen Tisch relativ weit hinten und vertiefte mich in mein Handy. Vielleicht würde mir Leo glauben wenn ich ihm von Sam erzählen würde. Wenn nicht er dann niemand. Aber die Angst davor, was Sam dann mit mir anstellen würde, hielt mich jedes mal davon ab mich meinem Bruder anzuvertrauen. Nur noch eineinhalb Jahre und Sam würde aufs College gehen. Und da ich wusste, dass er nichts von Fernbeziehungen hielt, blib mir nichts anderes übrig als zu hoffen, dass er ans andere Ende des Landes ziehen würde.

"Alles in Ordnung?" Ich schreckte auf und sah wieder in das Gesicht des Neuen. "Roxana, richtig?" Hektisch sah ich mich in der Cafeteria um und hoffte, dass weder Sam, noch einer seiner kleinen Freunde hier herumlungerte. Abwartend sah mich der Neue an, weshalb ich nickte. "Aber Roxy reicht auch." Er grinste. "Also nochmal zu meiner Frage, alles is Ordnung? Der Typ schien nicht gerade gut drauf zu sein." Verdammt wieso redete er mit mir? Wenn Sam das mitbekommen würde, würde er mich windelweich prügeln. "Ja, alles bestens. Musst du nicht zum Unterricht?" Hoffentlich war es nicht zu auffällig dass ich ihn loswerden wollte. "Ach ich han schon so viel vom Unterricht verpasst, da lohnt es sich nicht mehr. Aber ich muss jetzt trotzdem los. Man sieht sich, Roxy." Er erhob sich und steuerte richtung Ausgang zu. Jackpot! Aber eine Frage interessierte mich doch brennend. "Warte!" Er drehte sich um und sag mich an. "Wie heißt du?"

"Rafael."


Yo Potatoes :)

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Love you

Rafael // ✔️Where stories live. Discover now