Kapitel 19

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Ohne überhaupt zu wissen was hier gerade passierte, saß ich auf Rafaels Bett und wartete. Leise hörte ich die gedämpften Stimmen die durch die geschlossene Badezimmertür drangen. Luca hatte mir sein Auto anvertraut um Rafael nach Hause zu bringen. Er selbst konnte nicht gehen weil er eine wichtige Klausur schrieb. Auf meine Frage hin, warum wir ihn nicht einfach ins Krankenzimmer brachten bekam ich nur eine Antwort.

Zu viele Fragen.

Ich hatte keine Ahnung was die beiden Jungs damit meinten. Auf dem Weg zu Rafael hatte er mit irgendjemandem telefoniert. Scheinbar war derjenige Arzt.
Die beiden hatten sich sobald wir im Penthouse waren im Bad verschanzt und auch wenn ich nicht all zu viel verstand von dem was sie sagten, wusste ich jetzt, was Luca und Rafa vorhin gemeint hatten. Ein Wort hatte ich nämlich ganz genau verstanden.

Schusswunde.

Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, in was Rafael reingeraten war und um ehrlich zu sein wollte ich es auch gar nicht so genau wissen. Irgendwas sagte mir, dass ich ihm nicht blind vertrauen sollte, dass ich vielleicht sogar Angst vor ihm haben sollte. Und dann kamen mir auch wieder die Gerüchte in den Sinn. Was wenn wirklich etwas Wahres daran war und Rafaels Vater tatsächlich ein Mafioso war?

Ein leises Knurren riss mich aus meinen Gedanken. Mein Blick wanderte zu dem Hund der vor dem Bett stand und mich ansah. Das war definitiv nicht Bonny. Langsam und mit gefletschten Zähnen kam ein große Rottweiler auf mich zu. Ich schickte ein Stoßgebet gen Himmel und hoffte, dass ich nicht gleich zerfleischt werden würde. Ich kniff meine Augen zu und wartete ab. Doch es passierte nichts.
Langsam öffnete ich erst mein rechtes, dann mein linkes Auge. Der Hund saß vor mir und sah mich abwartend an. Zögernd streckte ich meine Hand aus, die er erste beschnüffelte und schließlich ableckte. Also doch kein blutrünstiges Biest.

"Wie genau hast du es hinbekommen, dass mein Hund dich mag?" Rafael stand im Türrahmen und beobachtete uns. Ohne es wirklich zu wollen, blieb mein Blick an seinem nackten Oberkörper hängen, der nur von einem weißen Verband bedeckt wurde. Rafael durchquerte sein Zimmer und setzte sich zu mir aufs Bett. "Eigentlich mag er keine Fremden. Nicht wahr, Kumpel?" Der Hund platzierte seinen Kopf auf Rafaels Beinen und ließ sich von ihm kraulen. "Wie heißt er?" "Levi. Der Name hat irgendwie zu ihm gepasst." Fragend sah ich Rafa an. "Es heißt so viel wie Kämpfer. Er war damals der Kleinste und Schwächste im Wurf und seine Mutter hat ihn verstoßen." "Hat euer Vermieter eigentlich nichts dagegen, dass hier zwei Hunde leben?" "Mein Dad hat vor ein paar Jahren das ganze Gebäude hier gekauft. Wir haben also keine Probleme mit einem nervigen Vermieter." Ich machte große Augen, beließ es aber dabei. Es war mir nicht neu, dass Rafaels Familie eine Menge Geld besaß.

"Wie geht es dir?" Ich sah Rafael von der Seite an. "Geht schon wieder." Schweigend nickte ich und sah auf meine Hände, die ich im Schoß gefaltet hatte. "Du willst gar nicht wissen, was passiert ist?" Rafael klang verwundert. Ich schüttelte den Kopf. "Es geht mich nichts an." Ich spürte seinen Blick auf mir liegen, sah aber nicht auf.

Es herrschte eine unangenehme und angespannte Stille im Raum. Auch wenn ich das Gefühl hatte, dass Rafa froh war, dass ich ihn nicht ausquetschte, war es irgendwie komisch zwischen uns. Vermutlich wäre es besser, wenn ich jetzt gehen würde. Ich erhob mich also vom Bett und erntete einen verwirrten Blick von Rafael. "Ich sollte nach Hau..." "Rafa, Dad sucht dich." Ich wirbelte herum und sah ein Mädchen vor uns stehen. "Oh, du hast Besuch. Ich bin Cara." Sie schenkte mir ein strahlendes Lächeln und sah dann wieder zu ihrem Bruder. "Es scheint wichtig zu sein. Du sollst zu ihm ins Büro." Rafael nickte, stand auf und zog sich ein Oberteil an. "Ich bringe nur schnell Roxy nach Hause." Dann schnappte er sich meine Hand und zog mich an seiner Schwester vorbei aus seinem Zimmer.

"War schön dich kennengelernt zu haben, Roxy!", rief Cara uns noch hinterher.

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"Wo warst du vorhin?" Ich schmiss meine Tasche in eine Ecke und setzte mich zu meinen Brüdern an den Esstisch. "Du bist mit Rafael verschwunden." Ich sah zu meiner Mutter, die nur weniger Meter von uns entfernt am Herd stand. "Läuft da was zwischen euch?" Entsetzt sah ich zu Leo der mich grinsend ansah. "Nein." "Noch nicht." Ich warf Carter einen genervten Blick zu. "Hey, guck mich nicht so an! Jeder Idiot sieht, dass da was zwischen euch ist." "Ganz ehrlich, nach der Sache mit Sam bin ich nicht so scharf darauf schon wieder einen Freund zu haben." Die Zwillinge grinsten. "Das werden wir schon noch sehen."

Ich war froh, dass meine Mom gerade einen dampfenden Topf vor uns auf den Tisch stellte und ich somit dem Gespräch mit meinen Brüdern aus dem Weg gehen konnte. Dachte ich zumindest. Die beiden schienen sich reichlich wenig dafür zu interessieren, dass auch unsere Mutter am Tisch saß und zuhörte.

Klar, Rafael und ich waren befreundet und ja ich mochte ihn, aber das hieß noch lange nichts. Allerdings sahen das meine Brüder ganz anders. Und sogar Mom stellte sich auf die Seite der Zwillinge, und das obwohl sie Rafael noch nie gesehen hatte. Seufzend vergrub ich meinen Kopf in den Händen und blendete die Gespräche um mich herum aus.

Meine Familie nervte!


Lesenacht #1

Jede volle Stunde kommt ein neues Kapitel :)

Rafael // ✔️Where stories live. Discover now