Kapitel 11

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Mit zitternden Händen öffnete ich die Türe zu unserer Wohnung. Rafael hinter mir. Sams Vater wollte bestimmt wissen, was mit seinem Sohn passiert war. Ich hatte dem Jungen hinter mir erst erlaubt mit rein zu kommen, als er mir versprochen hatte, nicht zu sagen, dass er Sam so zugerichtet hatte. Sein Vater hatte eine menge Macht in der Stadt und das könnte für Rafael wirklich zum Problem werden. Das hatte er nicht verdient nachdem er mir geholfen hatte.

"Du bist einer von Samuels besten Freunden. Du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht weißt was passiert ist." "Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt. Ich habe vor Sam die Party verlassen. Ich hab keine Ahnung wann oder mit wem er gegangen ist. Und ich hab auch nicht mitbekommen ob er mit irgendjemandem Stress hatte." Die lauten Stimmen kamen aus dem Wohnzimmer. Ich sah kurz zu Rafael, der mir zunickte und mir schließlich ein paar Schritte hinter mir zum Wohnzimmer folgte. Carter saß genervt auf einem Sessel während Sams Vater vor ihm im Raum herumtigerte und sein Blick auf mich fiel. "Ah, Roxana, du kannst mir bestimmt sagen was mit Samuel passiert..." Er brach mitten im Satz ab und sah über mich hinweg. "Du. Was machst du hier?" "Auch schön Sie zu sehen, Mr. Miller." "Roxana! Was hast du mit diesem Unmenschen zu tun?" Rafael schob mich leicht zur Seite, trat ein paar Schritte vor und stand schließlich genau vor Mr. Miller. "Bevor Sie denken meinen Namen in den Dreck ziehen zu müssen, würde ich erst einmal überlegen, was für ein dreckiger Hund ihr Sohn ist." "Mein Sohn ist ein anständiger Junge, ganz im Gegensatz zu dir." "Ach ist das so? Warum habe ich Roxana dann schon zwei mal innerhalb von einer Woche davor bewahren müssen, von ihrem sogenannten Freund geschlagen und vergewaltigt zu werden? Ich würde mich an ihrer Stelle erst mal um meine eigenen Familienprobleme kümmern, anstatt mich deren anderer anzunehmen." Mr. Miller sah geschockt aus, bis bei ihm der Groschen zu fallen schien. "Du hast meinen Sohn so zugerichtet, nicht wahr? Ihn zu verprügeln und dazu noch einen Frauenschläger und Vergewaltiger zu nennen geht zu weit! Das wird Konsequenzen haben! Roxana, sag doch bitte, dass das alles gelogen ist." Ich sah erst zu Sams Vater, dann zu Carter der mich geschockt ansah und dann zu Rafael der mir einen auffordernden Blick zuwarf. "Das blaue Auge kommt übrigens auch von ihrem Sohn." "Halt dich da raus! Roxana bitte sag die Wahrheit." Ich konnte nicht leugnen, dass er mir Angst machte. Genau wie Sam. Da fiel der Apfel wohl nicht weit vom Stamm.

Mr. Miller wandte sich wieder an Rafael. "Du wirst es breuen, meinen Sohn angerührt zu haben. Ich werde dich anzeigen!" Mein Atem stockte. Genau deswegen sollte Rafael seine Klappe halten! "Das werden Sie nicht, und das wissen Sie genauso gut wie ich." "Nenn mir einen Grund, warum ich das nicht sollte." Auf Rafaels Gesicht bildete sich ein diabolisches Grinsen, das ich zuvor noch nie bei ihm gesehen hatte und ehrlich gesagt machte es mir leicht Angst. Carter hatte sich mittlerweile neben mich gestellt, mir einen Arm um die Schultern gelegt und verfolgte, genau wie ich, still die Szene die sich gerade in unserem Wohnzimmer abspielte. "Sie schulden meinem Vater Geld. Eine Menge Geld. Und wissen Sie was? Mein Vater bezieht mich schon in seine Arbeit mit ein. Er hat vielleicht damit gedroht Ihr kleines Geheimnis auffliegen zu lassen, aber glauben Sie mir, ich werde nicht so zimperlich sein." Mr. Miller schluckte schwer und fummelte nervös an seiner Krawatte herum. Er versuchte zwar souverän zu wirken, aber diese kleinen Gesten verrieten, dass er gerade wirklich Angst vor Rafael hatte. Auch wenn Mr. Miller immer den taffen Politiker spielte, konnte man ihm deutlich ansehen, dass er gerade mit sich rang und versuchte seine Fassung zu bewahren. So wie Rafael da vor ihm stand konnte ich seine Furcht sogar ein Stück weit verstehen. Der Junge war ein ganzes Stück größer als der rundliche Politiker. Rafaels Körper war bis zum äußersten angespannt und strotzte nur so vor Selbstbewusstsein. Auch wenn ich es nur von der Seite sah, hatte ich den Eindruck, dass Rafaels sowieso schon dunkle Augen beinahe schwarz waren und trotz des selbstgefälligen Grinsen auf seinem Gesicht, war die Ader die sich auf seiner Schläfe abzeichnete ein klares Zeichen für seine Wut. Mit einem letzten Blick zu uns entfernte sich Mr. Miller von Rafael und stürmte aus dem Wohnzimmer. Kurz darauf knallte die Wohnungstür. Dann war es still. Was für ein Geheimnis hatte er, das ihn so einschüchterte?

Rafael // ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt