Kapitel 5

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Angsterfüllt ließ ich mich auf den Boden gleiten und beobachtete das Geschehen um mich herum so gut es ging. Eine große Gestalt schlug auf Sam ein und jagte ihn vom Schulgelände. Ich zuckte zusammen als ich neben mir eine Bewegung wahr nahm. "Alles in Ordnung? Okay, dumme Frage." Als ich eine Hand an meiner Wange spürte zuckte ich zurück. Die Person hatte mir die Haare, die ich wie einen schützenden Vorhang vor meinem Gesicht hängen hatte, nach hinten gestrichen. "Wie heißt du?" Ein Gesicht tauchte in meinem Blickfeld auf. Meine Sicht klärte sich langsam wieder. Ich kannte ihn. Es war Luca. Er sah mich besorgt an.

Sam war schon oft ausgerastet und hatte mich auch schon dutzende Male geschlagen, aber es war das erste mal, dass er mir die Nase blutig geschlagen hatte. Ich hatte schon seit langer Zeit Angst vor ihm, aber das war nochmal eine ganz andere Sache. In diesem Moment hätte ich ihm alles zugetraut. Wirklich alles.

"Er ist weg... Roxy?!" Ich schreckte auf und sah Rafael der vor mir zum stehen kam. Er kniete sich vor mich und sah mich an. Seine Lippe war aufgeplatzt und eine kleine Blutspur hatte sich ihren Weg über sein Kinn gesucht. "Ihr kennt euch?" Luca sah zwischen seinem Bruder und mir hin und her. Rafael schüttelte den Kopf. "Kennen ist übertrieben." Dann wandte er sich wieder mir zu. "Hast du Schmerzen?" Ich schüttelte lediglich den Kopf. "Du Lügst." Der Junge sah mich resigniert an. "Komm wir bringen dich nach Hause. Kannst du aufstehen?" Mit einem Nicken rappelte ich mich langsam auf und nahm dankbar die Hilfe von Rafael an. Zusammen mit den beiden Jungs zu meiner Linken und zu meiner Rechten lief ich zum Schulparkplatz. Es standen nur noch wenige Autos hier, unter anderem auch Sams. War er noch irgendwo hier? Hektisch blickte ich mich um. "Keine Sorge, er ist weg. Und selbst wenn nicht, wir sind ja da." Rafael schien meinen Blick bemerkt zu haben und lächelte mich aufmunternd an. Luca steuerte auf einen schwarzen Mercedes zu und setzte sich hinters Steuer. Rafael hielt mir die Hintertür auf und setzte sich dann ebenfalls auf die Rückbank. "Wo wohnst du?" Ich sagte Luca meine Adresse, die er dann in sein Navi eingab. "Ist bei dir jemand Zuhause? Irgendwie will ich dich ungern so alleine lassen." Rafael kratzte sich am Nacken und blickte mich an. "Meine Eltern und Brüder müssten da sein."

Eine Weile blieb es still bis wir schließlich nur noch einen Block von unserer Wohnung entfernt waren. "Was war das gerade?" Luca sah mich durch den Rückspiegel an und auch der Blick seines Bruders lag wieder auf mir. "Wieso hat der dich geschlagen?" Ich sah auf meine Hände. Ich konnte darauf nicht antworten. "Er ist dein Freund, oder?" Schwach nickte ich. Luca müsste es so oder so wissen und vor Rafael würde es bestimmt auch nicht lange verborgen bleiben. "Warum bist du mit so einem zusammen?" Der Wagen hielt an und ich schnallte mich ab. So konnte ich schnell den Fragen der beiden Brüder entkommen. Sie hatten mich zwar gerettet, aber trotzdem wollte ich ihnen nicht jedes kleine Detail erzählen. "Danke. Für alles." Schnell öffnete ich die Tür und stieg schließlich die Treppen zur Haustür nach oben.

Kaum hatte ich die Tür unserer Wohnung hinter mir geschlossen kamen Leo und Carter um die Ecke. "Wieso bist du schon da? Wir haben nicht so früh... Was ist passiert?" Mit gesenktem Kopf drückte ich mich an den Zwillingen vorbei und lief nach oben in mein Zimmer. "Roxy! Bleib hier!" Ohne auf die Carter zu hören ging ich weiter. In meinem Zimmer sah ich aus dem Fenster, von dem aus ich einen guten Blick auf die Straße hatte. Der schwarze Mercedes stand noch immer vor dem Haus und die Brüder lehnten daran und redeten miteinander. Schnell wandte ich mich ab und legte mich auf mein Bett. Auch wenn ich versuchte die Tränen zu unterdrücken, bahnten sie sich langsam aber sicher den Weg über meine Wangen und tropften schließlich auf das Kissen unter meinem Kopf.

"Roxy?" Leo trat vorsichtig in mein Zimmer und setzte sich schließlich zu mir auf mein Bett. "Hier." Er streckte mir ein Kühlpack entgegen. Sein Blick lag besorgt auf meinem Gesicht. "War das Sam?" "Was?" "Hat Sam dich geschlagen?" "Wie kommst du darauf?" "Du verhältst dich komisch seit ihr zusammen seid. Und außerdem hat nicht er dich heimgefahren sondern Luca und der Neue. Du weißt, dass du mit mir reden kannst, oder? Wenn er dir auch nur ein Haar gekrümmt hat dann bringe ich ihn um!" Ich legte meine Hand beruhigend auf seine. "Es ist alles gut Leo." "Und wie ist das..." Er zeigte auf mein Gesicht. "...dann passiert?" "Können wir wann anders darüber reden? Ich will einfach schlafen." Skeptisch musterte er mich, nickte aber schließlich missmutig und stand auf. "Ich hab dir noch eine Schmerztablette hingelegt. Und wenn irgendwas ist, kommst du sofort zu mir." Ich lächelte ihn an. Er war ein toller Bruder. "Danke, Leo."

Ich hatte keine Ahnung was ich jetzt tun sollte. Leo wusste etwas und ich war mir ziemlich sicher, dass er auch Carter davon erzählen würde. Einerseits wollte ich, dass alles herauskam. Es würde ein Ende haben. Andererseits hatte ich unglaubliche Angst vor Sam und seiner Reaktion. Er würde mich umbringen wenn sein makelloser Ruf einen Kratzer abbekommen würde. Genau diese Angst war der Grund warum ich mich nicht schon längst von ihm getrennt hatte.

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Erschrocken sprang ich auf als ich bemerkte, dass ich verschlafen hatte. Ich hatte komplett vergessen den Wecker zu stellen, allerdings wunderte es mich, warum mich niemand aus meiner Familie geweckt hatte. Gerade als ich mich anziehen wollte endeckte ich einen kleinen Zettel der an meinem Spiegel klebte.

Guten Morgen, Principessa.
Wir haben beschlossen dich nicht zu wecken. Ruh dich aus.
Dad musste heute nach Washington und Mom ist spontan zu Tante Maddy. Du hast also noch bis Montag zeit dir eine Erklärung für dein blaues Auge einfallen zu lassen.
Wenn etwas ist ruf an.
Leo & Carter

Ich riss den Zettel vom Spiegel und sah in mein Gesicht. Mein Auge war tatsächlich blau und angeschwollen. Unter meiner Nase klebten noch immer Reste von angetrocknetem Blut und auch meine Lippe war aufgeplatzt. So hatte Sam mich noch nie zugerichtet. Auch wenn ich ihm gerade die Pest an den Hals wünschte, hatte ich ein wenig Angst davor, was meine Brüder mit ihm anstellen würden. Nicht unbedingt wegen Sam, eher wegen den Zwillingen. Die beiden konnten sich nicht mehr all zu viele Fehltritte leisten bis sie von der Schule fliegen würden.

Missmutig tapste ich nach unten in die Küche, musste aber schmunzeln als ich sah, dass sich meine Brüder offenbar echt viel Mühe mit dem Frühstück gegeben hatten. Auch wenn die Pancakes schon kalt waren, lagen sie zusammen mit Obst liebevoll angerichtet auf einem Teller. Ich war mit zwar ziemlich sicher, dass meine Mom alles vorbereitet hatte bevor sie gegangen war, allerdings stellte sie immer alles in den Kühlschrank. Und da mein Dad das Essen immer nur auf den Teller klatschte, war es bestimmt das Werk meiner Brüder, die mich damit aufheitern wollten. Auch wenn die beiden unglaubliche Machos waren, was vielleicht an den italienischen Wurzeln lag, taten sie alles für die Familie und vor allem für mich. Die Zwillinge wollten immer nur das Beste für mich und wenn es mir mal schlecht ging, versuchten sie alles möglich, damit es mir wieder besser ging.

Ich hatte mich gerade gesetzt als es wie wild an der Tür klingelte. Seufzend stand ich wieder auf und begab mich zur Haustür. Aus Angst Sam könnte davor stehen sah ich durch den Spion. Erleichtert stellte ich fest, dass Elly und Tia vor auf der anderen Seite standen und ungedulig warteten. Kaum hatte ich die Tür geöffnet stürmten die beiden an mir vorbei ins innere der Wohnung. "Wir haben uns Sorgen gemacht! Du warst nicht in der Schule und hast auf keinen Anruf und keine Nachricht reagiert!" "Und deshalb schwänzt ihr die Schule?" "Du gehst vor. Also was hat das Arschloch getan? War das er? Dumme Frage, natürlich war er das." Tia quaselte auf mich ein während Elly geschockt mein entstelltes Gesicht musterte.

Tia stürmte in unsere offene Küche wo sie sich einen meiner Pancakes nahm und frustriert ein Stück abbiss. "Ich bring diesen Wichser um!" "Ey Tia, erst schlucken, dann reden!" Elly grinste mich verschmitzt an, was mich auch zum schmunzeln brachte. "Und außerdem glaube ich, dass dir da jemand zuvor gekommen ist." Tia sah Elly an und legte ihren Kopf fragend zur Seite. "Was meinst du?" Elly blickte auf ihr Handy. "Missy hat mir gerade geschrieben, dass Sam in der zweiten Pause wohl übelst verprügelt wurde." Ich hielt die Luft an. "Meine Brüder?"

Elly schüttelte den Kopf.



Yo Potatoes :D

Alles klar bei euch? :)

Hat euch das Kapitel gefallen?

Was meint ihr wie es weiter geht? :)

Und ihr seid der Wahnsinn! Vier Kapitel und fast 2k Reads *o* Ihr seid die besten und tollsten Leser die man sich wünschen kann!

Love you ♥

Rafael // ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt