Kapitel 13

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Ohne auf eine Antwort meinerseits zu warten verzog er sich wieder an seinen Tisch. Die beiden Brüder sahen ihm finster hinterher bevor sie sich kurzerhand an unseren Tisch setzten. Mein kleiner Freundeskreis war darüber nicht nur sichtlich erstaunt, sondern auch etwas geschockt. An der Schule galt der allgemeine Ratschlag, dass man sich lieber von Luca und seinen Kumpels fernhalten sollte, wenn man nicht gerade mit ihnen befreundet war.

Rafael saß neben mir und sah mich prüfend an. "Wie gehts dir?" Ich stocherte etwas in meinem Essen herum. Mir war wirklich der Appetit vergangen. "Geht schon." Ich lächelte ihn matt an. "Ach komm schon, lüg mich nicht an." Ich zuckte die Schultern. "Ich hab nicht so sonderlich viel geschlafen. Und dass Leo und Carter sich auch in meinem Bett breit gemacht haben, hilft nicht so sonderlich." Rafael schmunzelte leicht. "Wo sind deine Brüder eigentlich? Mich wundert es, dass die beiden Sam nicht auch noch aufs Maul gehauen haben." "Heute ist so ein Trainingstag von den Sportteams. Die haben vermutlich noch nicht mal mitbekommen, dass Sam hier ist." Rafael nickte verstehend und beobachtete Luca, dessen Blick missmutig auf dem Tisch von Sam lag. "Irgendjemand sollte diesem Arschloch dieses scheiß selbstverliebte Grinsen aus der Fresse prügeln. Mit ein paar Zähnen weniger reißt er sein Maul bestimmt nicht mehr auf." Ich lachte leise auf. Ich sagte doch, dass Luca echt in Ordnug war. Zumindest wenn er auf deiner Seite stand.

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"Ich bringe dieses Arschloch um!" Wütend biss Elly in ihren Cupcake und biss anschließend darauf rum, als könnte sie dadurch Sam unter die Erde befördern. "Ich bin ganz deiner Meinung, aber der Cupcake kann da echt nichts dafür." Tia grinste verschmitzt und auch ich musste leicht über den verbissenen Gesichtsausdruck von Elly lachen. "Aber mal im Ernst." Tia trank einen Schluck von ihrer heißen Schokolade. "Rafael Salvatore hat dich also vor Sam gerettet. Aber das erklärt noch lange nicht, warum Luca Salvatore so nett zu dir ist."

"Meine Eltern waren ja übers Wochenende weg und meine Brüder haben sich entweder auf der Party komplett abgeschossen, oder haben sich mit einem Weib verpisst. Rafael war strickt dagegen mich alleine zu lassen und hat mich mit zu sich genommen." Meine beiden Freundinnen machten große Augen. "Du warst bei ihm Zuhause?" Ich nickte. "Er war die ganze Nacht bei mir im Gästezimmer und hat mit mir geredet weil er mich eben nicht alleine lassen wollte. Und irgendwann ist dann Luca von der Party gekommen und hat auch noch ein wenig mit uns geredet. Er hat ja auch mitbekommen, dass Sam mich nach dem Spiel geschlagen hat." Ich sah auf meine Hände, die eine heiße Tasse umklammert hielten. "Ich fasse echt nicht wie süß Rafael ist. Da könnte man glatt neidisch werden, dass er auf dich steht." Schmachtend stützte Elly ihren Kopf in ihre Hände. "Er steht nicht auf mich. Wir kennen uns gerade mal eine Woche!" "Na und? In dieser Woche hat er schon zwei mal deinen kleinen knackigen Arsch gerettet." Augen verdrehend schüttelte ich den Kopf, musste aber doch über meine beiden Freundinnen schmunzeln.

"Okay Mädels, Themawechsel. In zwei Wochen ist Halloween. Als was verkleiden wir uns?" "Vampire? Oh, oder Zombies." Tia und ich schüttelten synchron den Kopf. "Das ist zu klischeehaft." "Wir planen jedes Jahr als was wir uns verkleiden und im Endeffekt schminken wir uns mehr oder weniger gruselig und gut ist. Wieso sollten wir diese Tardition brechen?" "Ach Roxy, sei kein Spielverderber. Aber vermutlich hast du recht." Lachend trank ich meine Tasse aus. Ich war wirklich froh die beiden zu haben. Wir kannten uns schon seit der Vorschule und waren seitdem unzertrennlich. Egal wie schlecht es einer von uns ging, die anderen beiden sorgten dafür, dass man wieder lachen konnte. "Ich hab eigentlich sowieso keine Lust auf die Party in der Schule." "Schon, aber für alle guten Partys sind wir zu jung. Das ist echt frustrierend."

Eine Weile redeten wir noch, ehe ich mich allmählich auf den Weg nach Hause machte. Leo und Carter müssten jetzt mittlerweile auch schon Zuhause sein. Die beiden konnten mir dann also Beistand leisten, wenn ich meinen Eltern alles erzählte. Vermutlich würde das echt verdammt schwer werden. Meine Eltern hatten Sam wirklich gern. Wie gesagt, nach außen hin war er der Traumschwiegersohn schlechthin. Diese Illusion kaputt zu machen, würde nicht leicht werden.

Kaum war ich durch die Tür gegangen, hörte ich schon meine Mom die aufgeregt von Tante Maddy und deren beiden Kindern erzählte. Ich hatte gerade mal einen Fuß in die Küche gesetzt als sich die Blicke von meinen Brüdern und von Mom auf mich richteten. Geschockt musterte meine Mom mein Gesicht und erst ein Klirren ließ sie aus ihrer Starre erwachen. Sie hatte das Glas das sie bis eben noch in der Hand hatte fallen lassen. Sie eilte um den Tisch herum und umfasste mein Gesicht mit ihren warmen Händen. "Oh Gott, Schätzchen. Was ist passiert?" Ich hatte das blaue Auge heute Morgen zwar überschminkt, aber das Make-Up hatte den langen Tag so gut wie gar nicht überlebt. "Können wir warten bis Dad Zuhause ist? Ich will das nicht zwei mal erzählen." Sie rang sichtlich mit sich, nickte dann aber ergeben. "Er müsste eigentlich gleich kommen." Ich setzte mich auf einen Stuhl neben Leo und sah Mom zu wie sie anfing die Scherben aufzuwischen. "Wie war euer Training?" "Anstrengend aber gut. Wir haben gehört was heute Morgen und in der Pause passiert ist. Alles in Ordnung?" "Ja, alles gut." "Und die Sache mit den Salvatore-Brüdern stimmt auch?" Ich nickte. "Den beiden schulden wir echt ein Danke."

Ich hörte wie die Haustür aufging und kurz darauf wieder in Schloss fiel. Wenig später stand Dad mit einem Koffer vor uns. "Was ist denn hier für eine Stimm..." Sein Blick wanderte von meinen Brüdern zu mir. "Was ist passiert?".

Und dann begann ich zu erzählen. Genau wie bei meinen Brüdern erzählte ich alles was passiert war. Und erneut fiel eine unglaubliche Last von mir ab. Es tat gut nichts mehr verheimlichen zu müssen. Bei meinen Eltern wich der anfängliche Schock, dass Sam das alles tatsächlich alles getan hatte, schnell der Wut. Bei meinem Dad kam das italienische Temperament durch und die Zwillinge mussten ihn davon abhalten gleich zu den Millers zu fahren.

"Dad, beruhig dich. Er hat schon eine ganz schöne Abreibung bekommen. Und bei uns wird er auch nicht ungestraft davon kommen." Mein Dad sah mich fragend an. "Einer der Jungs die mir letzte Woche nach dem Spiel geholfen haben, hat mich auch am Samstag gefunden." "Und er hat Sam verprügelt." Leo schien sichtlich zufrieden über diese Tatsache zu sein. Meine Mom legte ihre Hand auf meine und drückte sie kurz. "Kennst du diese beiden Jungs?" Carter nickte für mich. "Sie sind in unserer Stufe." "Ladet die beiden doch bitte mal zu uns ein. Ich will mich persönlich bei ihnen bedanken."

Damit hatten wir das Thema vorerst beendet, worüber ich mehr als nur dankbar war. Für heute hatte ich wirklich genug von Sam. Irgendwann fing Mom dann an zu kochen und Dad ist nach oben gegangen um sich umzuziehen und seinen Koffer auszupacken. Es herrschte eine komische Stimmung im Haus was mit ziemlicher Sicherheit an der Sache mit Sam lag.

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Es war schon spät und eigentlich lag ich schon im Bett als ich Durst bekam und leise runter in die Küche schlich. Im Wohnzimmer brannte noch Licht und meine Eltern unterhielten sich. "Und wieso musstest du deshalb nach Washington?" Ich ging ein paar Schritte weiter zur Küche. Eigentlich hasste ich es zu lauschen, aber der Name der fiel, machte mich hellhörig.

Carlo Salvatore.


Lesenacht #3

Rafael // ✔️Where stories live. Discover now