Kapitel 52

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Roxana P.O.V.

Fünf Tage waren schon vergangen. Fünf Tage in denen ich nicht mehr wusste was Vorne und Hinten war. Ich hatte gesehen wie Rafael auf offener Straße angeschossen wurde. Wie er in sich zusammensackte und kein Lebenszeichen mehr von sich gab.

Ohne darüber nachzudenken war ich nach unten gestürmt. Sogar noch jetzt hatte ich das Gefühl sein Blut an meinen Händen zu spüren.
Seit dem Moment als ich aus dem Fenster sah und merkte, dass etwas mit ihm nicht stimmte war es als wäre ich in Watte gepackt. Alles um mich herum war verschwommen, ich nahm kaum etwas wahr, bekam nichts mit und reagierte auch nicht mehr.
Als ich neben ihm auf der Straße saß, seinen Kopf auf meinem Schoß liegen hatte, wusste ich nicht ob er es schaffen würde. Rafaels Shirt war blutgetränkt und auch der Asphalt unter uns nahm nach und nach eine rote Farbe an. Seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht schneeweiß und sein Brustkorb hob und senkte sich nur unmerklich und unregelmäßig.

Seitdem der Krankenwagen, den Milo scheinbar gerufen hatte, gekommen war und die Sanitäter mich von Rafael weggezerrt hatten, hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Unzählige male hatte ich versucht Luca, Cara oder Milo zu erreichen. Sogar bei Nate hatte ich es versucht. Bei allen sprang sofort die Mailbox an. Weder Luca noch Nate waren die letzten Tage in der Schule. Egal in welchem Krankenhaus ich anrief, keine wollte mir sagen ob Rafael bei ihnen eingeliefert wurde.
Ich hatte keine Ahnung wie es ihm ging, geschweige denn ob er überhaupt noch lebte.

Wie auch schon die letzten Tage saß ich auf einer Bank gegenüber des Wolkenkratzers in dem die Salvatores wohnten. Das war meine letzte Hoffnung irgendwie etwas herauszufinden. Jeden Tag kam ich nach der Schule hier her und hoffte ich würde auf Luca, Cara oder Milo treffen. Sogar Mr. Salvatore würde ich fragen. Hauptsache ich wusste wie es Rafael ging.

Ich hatte kein gutes Gefühl. Wenn es ihm gut gehen würde, hätte mir Milo, wie er es versprochen hatte bevor er dem Krankenwagen hinterher fuhr, bescheid gegeben. Und wie Rafael da vor mir lag. Auch wenn ich mich nicht auskannte konnte ich mir denken, dass es nicht gut um ihn stand.
Immer wieder bereute ich es, dass ich ihm nicht zugehört hatte als er mit mir reden wollte, dass ich nicht ran gegangen war als er mich angerufen hatte.
Ich bereute es, so sauer auf ihn gewesen zu sein. Keine Frage er hatte mich verletzt, aber die Tatsache, dass ich ihn vielleicht nie wieder sehen würde, machte mich fertig.

Ob ich es nun zugeben wollte oder nicht, aber ich hatte diesen Jungen unglaublich in mein Herz geschlossen. Ich konnte mir beim besten Willen nicht mehr vorstellen wie es ohne ihn sein würde. Auch wenn ich ihn als Freund, vielleicht sogar nur als Bekannten, bezeichnen konnte, ich wollte ihn nicht mehr in meinem Leben missen.

"Wie lange sitzt du schon hier?" Ich schreckte auf und sah zu meiner linken. Carlo Salvatore hatte sich neben mich gesetzt und sah mich an. Ich zuckte die Schultern. "Drei oder vier Stunden, vielleicht auch länger." "Wieso bist du nicht hochgekommen. Es ist viel zu kalt hier draußen." Überraschung machte sich in mir breit. Machte er sich etwa Sorgen? Ich warf einen Blick auf den Mann neben mir, der gerade gar nicht wie der Mr. Salvatore wirkte den ich kennengelernt hatte. Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten und sein Blick war müde, geschafft und lange nicht so respekteinflößend wie sonst. "Ich wollte nicht stören." "Dann holst du dir lieber hier draußen den Tod?" Ich senkte den Kopf und sah auf meine mittlerweile eiskalten Hände. "Wie geht es Rafael?"

"Komm mit mir hoch. Dort können wir besser reden."

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"Tut mir leid, dass ich mich nicht bei dir gemeldet hab." Milo erhob sich vom Stuhl und kratzte sich schuldbewusst am Nacken. "Ist okay, du hattest andere Sachen im Kopf." Er nickte und in der nächsten Sekunde fand ich mich in seinen Armen wieder. Mir machte es gerade herzlich wenig aus, dass auch Mr. Salvatore hier im Raum war.

Rafael // ✔️Where stories live. Discover now