Kapitel 27

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*Am nächsten Morgen*

Da bin ich also wieder, wieder in dem öden Studentenzimmer. Ich konnte gestern nicht aufhören an Adrians Worte zudenken. Um mich wachzurütteln, klatsche ich mir eiskaltes Wasser ins Gesicht und starre mein erschöpftes Ebenbild im Spiegel an. Ich tue mir etwas Concealer auf meine dunklen Augenringe und binde mir meine Haare zu einem hohen Zopf.

Ein Tag, ein Tag der so scheint als wäre nie etwas gewesen. Lustlos schlendere ich zum Hörsaal.
„Da ist sie ja wieder." Spottet Chloe. Diese Schnepfe hat mir noch gefehlt. Wie ein Killer wende ich meinen Blick langsam zu ihr. Still setzt sie sich hin.
Ein paar Menschen muss man echt Manieren beibringen. Ich lasse mich wortlos auf meinem Platz fallen und lege einen Notizblock vor mich hin. Alle starren mich so an, als würde eine Wolke der Finsternis über mir schweben. „Wenn ihr etwas anschauen wollt, dann geht ins Kino!" Platzt es aus mir heraus. Deren Gesichter erröten sich so sehr, dass man sie gar als Metapher für Tomaten verwenden könnte.

Genervt verschränke ich meine Arme auf dem Tisch und lege meinen Kopf hinein. Früher war ich anderes, früher war ich so voller Energie. Ich war für jeden da, hab mich immer unter den Anderen gestellt und mich für die Fehler der anderen bestrafen lassen. Kaum zu glauben, dass ich mal so ein anderer Mensch war. Jeden Tag lächelte ich, jeden Tag trocknete ich die Tränen der anderen und was taten sie für mich? Das einzige was sie konnten war mich auszunutzen.
Ich habe aus meinem Fehler gelernt. Bist du zu nett, wird man dich in Einzelstücke zerreißen. Um in dieser Zeit überleben zu können, muss man Stärke ausstrahlen können. „Wer meinen Lesungen nicht zuhören will, kann sich gleich beim Arbeitsamt melden." Reißt die Stimme des Maulwurfes mich aus meinem Trance raus. Den habe ich ja sowas von vermisst. Ungewollt hebe ich meinen Kopf und versuche mich aufrecht hinzusetzten.

Meine Augen blicken zum Platz von Luan. Als würden wir die selben Gedanken teilen, dreht er sich um. Seine dunklen Augen treffen auf meine. Nickend lächelt er mir zu und dreht sich wieder um.

Geschockt starre ich auf seinem Rücken. Was macht er hier?
Ich greife zu einem Zettel. „Was machst du hier." Ich lege meinen Füller wieder zur Seite und falte den Zettel so klein wie möglich. Kindisch hin oder her, ich will wissen warum er ausgerechnet heute wieder hier ist. Mit meinem Fuß tippe ich seine Wade an. Fragend  bemustert er mich. Wortlos reiche ich ihm meinem Zettel hin.

Eisprinzessin, mit deiner Ansprache hast du mich gestern beeindruckt."

„Ach habe ich das?"

„Und wie du das hast. Ich stehe auf selbstbewusste Frauen."

„Drauf stehen?"

„Ja drauf stehen. Es gibt viel zu viele schüchterne  und naive Mädchen. Du bist aber anders, sogar mir fällt es schwer dich in einem Spiel mit einzubinden."

„Du gibst also zu, dass ich doch nicht so nutzlos bin wie du anfangs behauptet hast?"

„Ich weiß nicht was du mit mir gemacht hast, aber ich habe das starke Bedürfnis dich stets zu beschützen."

Meine Mundwinkel bedecken mein ganzes Gesicht mit einem Strahlen, was ich schon seit langem nicht mehr verspürte. 

„Man brauch mich aber nicht zu beschützen. Mein Mundwerk ist stärker als jeder Klotz dieser Welt."

„Na wenn das so ist. Traust du dich denn auch heute Abend mit mir ganz allein nach draußen?"

„Trauen ja, aber ob ich das will. Hmm."

„Du traust dich nicht. Bleibst wohl nur eine Eisprinzessin und keine Eiskönigin."

„Und ob ich es mich traue!"

Statts mir den Zettel abzunehmen, hält er meine Finger fest und zieht mich etwas zu sich. Hätte ich mich nicht mit der anderen Hand am Tisch festgehalten, wäre ich wohl nach vorne gekippt und direkt in seine Arme.

Soziopathen können nicht lieben Où les histoires vivent. Découvrez maintenant