The End

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*1 Jahr später*

„Du schaffst es", ermutigt er mich.

„Ich traue mich nicht", zittrig halte ich mich an seinem Pulli fest.

„Ich komme auch mit wenn du willst", fügt er hinzu.

Nickend greife ich zu seiner ausgestreckten Hand.

Mit jedem Schritt fängt mein Herz nur noch schneller an zu rasen.

„Luan, hälst du mich nicht für einen schlechten Menschen?", reumütig blicke ich zum Boden.

„Nein, wieso sollte ich?",verwirrt bleibt er stehen.

„Es ist das erste Mal, dass ich das Grab meiner Eltern besuche. Das erste Mal Luan", eine Träne von mir tropft auf seine Hand.

„Ich weiß wieso du es nicht getan hast und keiner, der nicht in der selben Situation gesteckt hat, wird das jeh nachvollziehen können. Ich aber habe das selbst durch und ich weiß wie du dich fühlst", er geht weiter und zieht mich hinter sich.

„Du konntest es nicht, weil du dich schuldig gefühlt hast. Du hast dich gefragt, wieso sie gestorben sind und nicht du. Du konntest es nicht, weil du es nicht wahrhaben wolltest, dass deine geliebten Eltern wirklich Tod sind. Nur wenn man nicht zum Grab geht, kann man sich selbst einreden, dass sie nicht wirklich Tod wären. Du bist kein schlechter Mensch, aber du darfst auch nicht mehr so feige sein. Deine Eltern werden immer in deinem Herzen weiter leben. Nur die, die man vergisst, sind wirklich Tod", er beendet seinen Satz und geht einen Schritt zur Seite.

Wie erfroren stehe ich zum ersten Mal vor dem Grab meiner Eltern.

Alles in mir fängt an zu Beben. Meine Augen füllen sich und ich spüre das unendlich große Loch in meinem Herzen. Tränenüberströmt blicke ich kurz zu ihm und dann wieder zum Grab meiner Eltern.

„Es tut mir so leid, es tut mir so leid", wimmert es aus mir heraus. Ich knie mich davor und es fühlt sich so an, als wären sie in diesem Moment bei mir. Es fühlt sich so an, als könnten sie mich hören.

„Ich liebe euch so sehr", hauche ich.

Ich kann mein Herz problemlos öffnen und erzähle ihnen alles was passiert ist. Ich erzähle ihnen von der Uni, von Elena, von Adrian und natürlich auch von Luan. Ich fühle nicht mehr nur Trauer in mir sondern endlich wieder auch die Bindung zu ihnen.

~

„Dankeschön", lächelnd blicke ich zu ihm rüber.
„Danke, dass du mich ermutigt hast", füge ich hinzu.

Er legt seine Hand auf meinen Kopf und grinst mich an.
„Manchmal ist es gut auch auf Andere zu hören", es ist nicht so als würde er es ins lächerliche ziehen, es fühlt sich so an, als würde er spüren, dass sich ein Knoten in mir wieder aufgelöst hat.

*Stunde später*

Still sitzen wir auf einer Bank, genießen die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut und blicken zum Himmel, der nicht heller sein könnte.

Sowohl Luan als auch ich waren Menschen voller Depressionen, Menschen voller Trauer, Wut, Hass und Selbstzweifel. Menschen, die betrogen und belogen wurden und ja wir hatten die Hoffnung in diese Welt schon längst verloren gehabt.

Immer wenn man am Boden liegt und denkt es geht nicht mehr weiter, muss man sich selbst nach oben schieben. Man darf auf keine ausgestreckte Hand warten, denn nur wir selbst können uns aus der Dunkelheit retten.

Ich habe immer gedacht, dass alle Menschen gleich wären, dass mich niemand lieben würde und ich Glück anscheinend nicht verdient hätte. Ich habe gedacht, dass ich nicht so perfekt wie die Anderen bin und deswegen automatisch auch weniger Wert bin, aber das ist völliger Quatsch.

Wir leben in einer Welt voller Perfektionismus.
Operationen über Operation,  Bearbeitung über Bearbeitung, Bilder von teuren Gegenständen, Bilder vom ach so perfektem Freund, Bilder vom Essen, Bilder voller Schönheit, Bilder voller Lügen.

Alles nur Lügen.

Eins habe ich gelernt, ich bin toll und das genauso wie ich bin. Ich muss nicht so sein wie alle Anderen.
Ich kann alles schaffen, nur muss ich selbst an mich glauben. Ich muss mich selbst lieben können.

Wie hätte Luan mich lieben können, wenn ich mich selber hassen würde? Es reicht doch mit all den Verzweiflungen und all den Tränen.

Statt ständig rum zu heilen was man nicht hat und was alles schief läuft, sollte  man anfangen den Tag so zu leben als wäre es der Letzte.

Jeder Tag ist ein Geschenk und jedes Lächeln ein Segen.

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<< Derzeit schreibe ich eine Geschichte auf Instagram @dil_u_cave_ezia >>
Ich bedanke mich für alle die lieben Kommentare und für jede Unterstützung.
Ich weiß, dass viele sich vielleicht jetzt eher eine Hochzeit oder eine Romanze gewünscht haben, aber ich will die Geschichte nicht so enden lassen.
Ich will euch allen mit diesem Ende nur sagen, dass jeder Einzelne von euch etwas besonderes ist. Ihr seid alle wunderschön und niemand von uns muss perfekt sein.

P.S Im Sommer werden weitere Geschichten folgen.

In liebe
Evin 🌻
~ Das Mädchen aus der Asche

Soziopathen können nicht lieben Where stories live. Discover now