10 | Hindernis

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DALYA
Donnerstagabend, 27.02

Ich schloss die Haustür auf und lief ganz schnell die Treppen hinauf ins Schlafzimmer. Legte meine Tasche auf eine Kommode und öffne die Tür zum Badezimmer. Mit einer Bewegung öffnete ich das Wasser und lies es laufen, ehe ich meine Hände und mein Gesicht wusch. Meine nasse Hand legte ich an meinen Nacken und atmete auf.

Betrüge ich meinen Mann? Was tue ich nur? Dass war doch eine Art Betrug oder nicht?

Seufzend legte ich meine Hände ans Waschbecken und lehnte mich dran. Es muss aufhören. Ich darf ihn nicht sehen.
Er darf mich nicht aus dem Konzept bringen. Auch, wenn ich Can nicht liebe.

Ich bin Can Serez Frau.

Du bist ab heute meine Frau, Dalya.", sanft legt er den Schleier ab. „Also benimm dich auch so wie Can Serez's Frau"

Dieser Satz, der mein Leben vor fünf Jahren verändert hat, ging wie ein Stromschlag durch mein Kopf. Ohne, dass ich es bemerkte lief mir eine Träne die Wange herunter. Ich wischte sie langsam weg. Es geht nicht. Ich durfte ihm keine Hoffnungen machen.

Ich durfte ihm nicht, das Gefühl geben, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben, denn wir hatten keine Zukunft.

Ich war festgebunden an Can wie ein Anker, der fest im tiefen Meer saß, denn man nicht lösen oder retten konnte.

Seufzend zog ich mir meine Klamotten aus und wechselte sie mit bequemen Anziehsachen aus. Zeichnen würde mir sicherlich gut tun. In der Küche breitete ich mir einen Grüntee vor und lief ins Atelier.

Ich nahm mir eine große weiße Leinwand und nahm mir irgendwelche Farben, die ich ohne zu zögern an die Leinwand schmiss. Nur nach wenigen Minuten war die riesige Leinwand voller Farben.

Dank der Technologie, die hier eingebaut worden ist, dauerte es nicht so lange bis die Leinwand trocknete und ich auf ihr zeichnen konnte. Ich nahm mir schwarze Farbe und fing an zwei Hände zu zeichnen, die kurz davor waren sich zu berühren, doch es nicht konnten.
Irgendwas hinderte diese Hände und genau so fühlte ich mich. Die Hindernisse, die mein Leben bestimmen.

Das Leben ist so bunt, wenn du dich traust es auszumalen.

Nach dem ich mit großer Mühe, das Zitat auf die Leinwand gebracht hatte und meine Initialen gesetzt hatte, lehnte ich mich zurück. Ich fühlte mich wirklich befreit, doch dies änderte sich sobald mein Handy blinkte.

Einatmend nahm ich in meine Hand. Arin.
Ich sperrte mein Handy wieder zu und legte es zur Seite. Nein Dalya.
Es blinkte ein zweites Mal, was ich auch ignorieren konnte, doch beim dritten Mal öffnete ich die Nachricht.

Vergiss alles.
Es wird nie wieder vorkommen.
Es tut mir leid.

„Dalya?", hörte ich plötzlich die Stimme von Can. Schnell legte ich mein Handy zur Seite und ging auf die Leinwand zu.

„Hier bin ich.", rief ich laut und nahm mir ein Pinsel in die Hand. Nur nach wenigen Sekunden ging er durch das Türrahmen.

„Hier steckst du.", sanft lächelt er mich an und setzt sich auf ein Stuhl. „Tolles Bild.", er begutachtete es ganz genau und sieht mich anschließend fragend an.

„Darf ich es mit ins Büro nehmen?"

„Wenn du magst.", antwortete ich und versuchte mit einen Lappen die getrocknete Farbe von meinen Fingern wegzuwischen. „Und wie war es mit Arin? Machst du es?"

„Nein, wir konnten uns nicht wirklich einigen.", log ich und schaute auf meine Finger.

„Scheint ein anstrengender Kerl zu sein."

Ich sah lachend ins Cans Gesicht. „Keine Sorge, Can. Neben ihm bist du viel viel anstrengender."

„Du auch, aber das weißt du.", sagte er und stand auf. „Ich gehe mich hinlegen, der Tag war ziemlich lang."

Wissend nickte ich ihm zu. „Bist du noch hier, Dalya?"

„Ja, aber ich komme gleich nach."

[.....]

ARIN
Freitagmorgen, 28.02

Genervt fuhr ich mit dem Aufzug hoch zu Can. Ich hatte gar kein Bock ihn zu sehen oder mit ihm zu sprechen. „Herr Demir.", seine Assistentin empfing mich lächelnd.
„Sie können ruhig schon rein, doch in Herr Serez Zimmer wird gerade etwas aufgehängt, wenn Sie wollen, dann können sie auch hier einen Moment warten."

Ich nickte. „Ich gehe mal rein.", gesagt getan. Einatmend drückte ich die Türklingel runter und sah direkt in die Augen von Can.

„Arin!", lächelnd begrüßte er mich und gab mir einen Handschlag.

„Wir sind sofort fertig.", sagte er und schaute auf die Wand, wo gerade eine riesige Leinwand aufgehängt wurde.

„Hat es Dalya gemalt?", fragte ich und schaute mir das Bild genauer an.

„Ja toll oder? Hat sie gestern Nacht gemacht.", antwortet Can begeistert und ich lächelte gezwungen. Seit wann interessiert er sich für ihre Kunst? Hmm, dass fühlte also die Dalya nach gestern Abend. Ihre Gefühle waren also genauso durcheinander wie diese ganzen Farben.

„Wirklich toll.", antwortete ich und betrachtete es weiter.

Ich schaute auf die Hände, die sich berühren wollten, doch es ging nicht. Spöttisch seufzte ich leise auf und rollte meine Augen. „Dalya hat erzählt, dass ihr euch nicht einigen konntet?"

Ja sie hat sich entschieden bei dir zu bleibe, ich schluckte meinen Gedanken runter und nickte.„So ist es, aber vielleicht einigen wir uns ja noch. Ich brauche nur eine Unterschrift, Can. Dann bin ich weg."

„Musst du sofort weg?", fragte Can und ich nickte.

„Ja leider habe ich ein Meeting.", log ich sicher, denn ich wollte nicht länger mit Scan in einem Raum sein.

Ich reichte ihm die Unterlagen, die er sofort unterschrieb und nach einer kurzen Verabschiedung war ich auch schon weg.

Gerade als ich die Tiefgarage betrat, sah ich natürlich sie. Dalya war wie immer komplett in weiß gekleidet und sah aus wie ein Engel. Sie blieb genauso stehen wie ich als sie mich sah und hielt inne. Sollte ich sie jetzt ignorieren? Sollte ich etwas sagen?

Dalya wagte es langsam auf mich zuzukommen, doch von der einen Sekunde auf die nächste lief sie selbstbewusst auf mich zu. „Herr Demir.", sie schenkte mir ein kleines Lächeln und lief an mir vorbei.

„Schönes Bild haben Sie gemalt. Meinen Sie etwa uns, Frau Serez? Sie wissen schon, dass sie sich als erstes trauen müssen oder warum berühren sich die Hände nicht?"

The Affair Where stories live. Discover now