♕ Raven II ♕

1.5K 119 27
                                    

„Mylady, kann ich Euch etwas bringen? Vielleicht ein Glas Wasser?"


Ich schenkte der jungen Zofe ein Lächeln. „Nein, danke. Ihr könnt für heute gehen."

Die drei Mädchen tauschten unsichere Blicke. Eine fasste sich ein Herz und fragte schüchtern: „Seid Ihr Euch sicher? Es ist erst acht Uhr, Mylady."


„Ich kann die Uhr lesen", gab ich zurück und grinste, als die Zofen erschrocken begannen sich zu entschuldigen. „Aber wenn ihr wirklich nicht gehen wollt, könntet ihr mitmachen."


Sie blickten neugierig zu dem Armband aus Glasperlen in meinem Schoß, an dem ich seit mehr als einer Stunde arbeitete. Ich wollte ein bestimmtes Muster, doch da ich kein besonderes Talent bei Handarbeiten aufwies, würde es wohl seine Zeit dauern. Trotzdem gefielen mir die fertigen Schmuckstücke aus den bemalten Perlen, die so charakteristisch für meine Heimat waren, so gut, dass ich es in Kauf nahm mehrere Abende lang damit beschäftigt zu sein.


„Sehr gern, Mylady." Eine der jungen Frauen zog sich einen der Hocker heran und setzte sich neben mich. Die anderen folgten ihr rasch.


„Soll ich Euch zeigen, wie es schneller geht?", bot mir das Mädchen mit den rostroten Locken an und ich nickte erfreut.


„Das wäre eine große Hilfe", gab ich lächelnd zu.
Sie hob das Armband an und drehte es ein paar Mal im Licht.

„Oje", rutschte ihr heraus und ich lachte.


„Ist es so schlimm?"


Sie zuckte mit den Schultern. „Nichts, das man nicht reparieren könnte, Mylady."


Aufmerksam beobachtete ich, wie sie mit flinken Fingern den Großteil meiner Arbeit wieder auftrennte und in wenigen Minuten zu einem Kunstwerk flocht.

Beeindruckt nahm ich es entgegen. „Wow. Das ist großartig."


Die Rothaarige lächelte schüchtern. „Ich danke Euch, Mylady, aber das ist bloß Übung. Ihr werdet es schon bald genauso gut beherrschen."


„Das wage ich zu bezweifeln", sagte ich seufzend. Ich kannte meine Stärken, genauso wie meine Schwächen. Handarbeiten zählte eindeutig zu Letzterem. „Aber wichtiger, ich weiß noch nicht einmal eure Namen!"


Die Mädchen blickten überrascht zu mir, bevor sie meiner Aufforderung schnell nachkamen.


„Ich heiße Mary", stellte sich die Frau mit den auffällig roten Locken vor, gefolgt von den zwei Brünetten „Gabi" und „Nina".


„Wo hast du so gut Handarbeiten gelernt, Mary? Von deiner Mutter?"


Sie nickte lächelnd. „Ich komme aus Eurem Land, Mylady. Seit ich klein war, habe ich meiner Mutter mit ihrer Arbeit geholfen, sie hat Schmuckstücke auf dem Markt verkauft."


Erfreut fragte ich sie weiter über ihr Leben in meiner Heimat aus. Währenddessen begannen die anderen beiden Zofen unbemerkt mein Zimmer aufzuräumen und ein Bad vorzubereiten. Als das Armband fertig war - dank Marys Hilfe bedeutend schneller als es bei mir üblich war - bemerkte ich erst, dass sie die ganze Zeit über fleißig gewesen waren. Dankend entließ ich sie und widerstand dem Drang, mich einfach auf das breite Himmelbett fallen zu lassen und wegzudösen. Wenn sie sich schon die Mühe gemacht hatten ein Bad zu bereiten, wollte ich es nicht vergeuden. Zögerlich ließ ich erst das wärmende Tuch, dann auch das schwarze Spitzenkleid fallen. Die Burgmauern hielten die Kälte zwar draußen, aber dennoch war es in meiner Heimat bedeutend wärmer. Zu frieren war ich nicht gewohnt und ich würde es, zurück Zuhause, auch nicht vermissen. Widerwillig streifte ich auch noch das Unterkleid ab, bevor ich mich glücklich aufseufzend ins heiße Wasser sinken ließ.

SilberblutWhere stories live. Discover now