♕Juliana VI♕

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Ohne große Vorfreude legte ich den bereit gelegten Schmuck an, der heute Abend aus einer zarten Kette und dafür umso größeren Ohrringen bestand. Eine meiner Zofen, deren Namen ich vergessen hatte, war noch mit den letzten Handgriffen an meiner Frisur beschäftigt, und die hektische Betriebsamkeit der anderen, die im Zimmer auf und ab rannte und dabei aufräumte, strapazierte meine Nerven. Ich hob gerade an, ihr zu sagen, dass sie das auf später verschieben sollte, wenn ich auf der Soirée war, als ein Klopfen an der Tür ertönte.

Beiläufig gab ich der Zofe, die der Tür am nächsten stand und mich im Spiegel abwartend ansah, das Zeichen, aufzumachen und erhob mich vom Frisiersessel. Hastig schob das blonde Mädchen die letzte Haarnadel in meinen Haarknoten und zog die Finger dann rasch zurück, sodass ich ungehindert aufstehen konnte. Den cassisfarbenen Satin an meiner Taille glattstreifend, drehte ich mich erwartungsvoll zur Tür um, in der irrigen Hoffnung, Jonathan vorzufinden, doch es war nur eine weitere Zofe, die mir eine kleine Schmuckschachtel entgegenhielt, nachdem sie ungeschickt geknickst hatte. „Euer Armband, Eure Hoheit", erklärte sie in einer piepsigen Stimme.

„Endlich", entgegnete ich ungehalten, da ich bereits am Nachmittag jemanden losgeschickt hatte, den Verschluss zu reparieren. Abwartend streckte ich die Hand aus. „Worauf wartest du denn? Mach schon."

„Jawohl, Eure Hoheit. Sofort." Mit zittrigen Fingern legte sie mir das Diamantarmband um das linke Handgelenk und pfriemelte eine gefühlte Ewigkeit am Verschluss herum. Wenn sie so weitermachte, konnte ich es bald wieder zum Juwelier schicken. Ein ungeduldiges Zungenschnalzen meinerseits hätte wohl kaum zur Beschleunigung des Vorgangs beigetragen, weshalb ich mich zurückhielt, um das dumme Ding nicht noch mehr zu stressen. Ein erleichtertes Ausatmen war zu hören, als das Mädchen das Armband verschlossen hatte und zurücktrat. Meinen schweren Rock raffend, schritt ich durch die Tür meines Zimmers, dicht gefolgt von den beiden Zofen, die mich bis zur Soirée begleiten sollten. Ich war mir selbst nicht völlig sicher, weshalb ich mich auf diese Weise sicherer fühlte, wo doch ohnehin an gefühlt jedem Eck eine Wache postiert war. Leises Flüstern war alles, was ich von meinen Begleiterinnen vernahm, bis wir um die Ecke bogen und auf die Galerie zusteuerten, von der aus man in die Eingangshalle blicken konnte. Die Schritte von dem dicken roten Teppich gedämpft, nahm ich die beiden Männer erst wahr, als sie nahezu auf einer Höhe mit uns waren und ich die Gesichter im Licht der Wandlaternen erkennen konnte.

„Ana!" Bei diesem Ruf verstummten meine Zofen hinter mir schlagartig.

Verwünschungen murmelnd, blieb ich stehen. Weglaufen konnte ich schließlich schlecht.

„Geh du ruhig schon vor." Bei diesen Worten löste sich Prinz Cambriel von der Seite seines Begleiters und steuerte den Speisesaal an, nicht ohne noch einen neugierigen Blick zurückzuwerfen.

Wie ein Beutetier pirschte Lennard sich an uns heran, bis er nah genug stand, um meinen Arm zu ergreifen. Mir des tratschlustigen Publikums wohl bewusst, unterdrückte ich den unbändigen Drang, ihm meinen Arm zu entreißen.

„Na, traust du dich ohne Begleitung nicht mehr vor die Tür?" Am liebsten hätte ich ihm dieses schleimige Grinsen mit einer Ohrfeige aus dem Gesicht gewischt, allerdings trafen seine Worte mehr zu, als er wohl vermuten mochte. „So ängstlich habe ich dich nicht in Erinnerung."

Bevor er mich weiter unter neugierigen Augen und Ohren beleidigen konnte, schickte ich meine Zofen mit einem gezischten Befehl fort. Sobald sie außer Hörweite waren, zog ich meinen Arm ruckartig zurück und presste ihn an meine Seite. „Untersteh dich, mich anzugreifen. Du verschwendest meine Zeit. Und deine. Ich habe dir nichts mehr zu sagen." Mit einem Blick zurück, der hoffentlich von meiner Abscheu sprach, nahm ich den Weg zum Speisezimmer auf, doch innerhalb von Sekunden war Lennard wieder auf gleicher Höhe und passte sich meinen schnellen Schritten an. In Gedanken verfluchte ich den schweren Rock und die vielen Unterröcke, die es mir unmöglich machten, größere Schritte zu machen, um Distanz zwischen Lennard und mich zu bringen.

SilberblutTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon