♕ Katrina VI ♕

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Leises Klopfen riss mich aus meinem Dämmerschlaf und ich blickte fahrig im Zimmer umher. Es konnte nicht viel Zeit vergangen sein, seit ich weggenickt war – aus der Kanne Tee, die eine meiner Zofen vorhin aufgesetzt hatte, stieg noch immer leichter Dampf auf.

„Herein." Als meine Stimme in einem rauen Flüstern wegbrach, räusperte ich mich und sprach erneut, diesmal mit etwas mehr Wirkung. „Tretet ein."

Während die Tür vorsichtig aufgeschoben wurde, setzte ich alle Kraft, die ich aufbringen konnte, ein, um mich von dem riesigen Berg an Polstern in eine sitzende Position hochzustemmen, wobei die dicke Decke von meinen Schultern rutschte und ein Frösteln meine Schultern überzog, die nur von einem seidigen Morgenmantel bedeckt waren. Unbeholfen tat ich mein Bestes, um die Decke wieder etwas höher zu ziehen, während die Tür ins Schloss fiel.

Obwohl das Gesicht der eintretenden Person fast zur Gänze von einem ausladenden Strauß gelber Rosen verdeckt wurde, gab es keinen Zweifel über die Identität meines Besuchers.

„John, wie schön, Euch zu sehen", begrüßte ich ihn mit dünner Stimme und beobachtete, wie er die Blumen versorgte. Mein Nachttisch würde bald mit gläsernen Vasen voller frischer Rosen überquellen, wenn John weiterhin jeden Tag einen Strauß mitbrächte.

„Wie fühlt Ihr Euch heute?" Besorgnis lag in Johns Blick, als er sich einen Sessel heranzog und sich neben meinem Bett niederließ.

„Schon etwas besser", log ich und hoffte, dass meine Hand nicht zitterte, als ich mir über die Stirn fuhr und einige schweißnasse Haare beiseite strich. Ich mochte nicht daran denken, welchen Anblick ich momentan abgab. Glücklicherweise hatte ich den Kronprinzen gestern davon überzeugen können, dass mein Krankheitsausbruch mit etwas Ruhe am schnellsten kuriert würde, weshalb er wohl erst in ein oder zwei Tagen erneut persönlich nach mir sehen würde. Da er mit den Gedanken zurzeit ohnehin woanders weilte, konnte ich mich in Sicherheit wähnen. Selbst meine Cousine hatte sich erstaunlich leicht beschwichtigen lassen, was meinen Verdacht bestärkte, dass auch sie in letzter Zeit etwas abwesend war.

„Ihr seht fiebrig aus." Die Augenbrauen zusammengezogen, lehnte John sich vor und legte seine Hand prüfend auf meine Stirn. Angenehm kühl und doch federleicht verweilte sie kurz dort, bevor er sie wieder zurückzog. „Wartet einen Moment."

Ich schloss die Augen und hörte seine leisen Schritte und Wasserrauschen im Badezimmer, bevor etwas Kühles und Feuchtes auf meine Stirn gelegt wurde. Unter halb geöffneten Lidern beobachtete ich John, wie er den Waschlappen sanft auf meine Stirn drückte und mich besorgt musterte.

„Ihr solltet Euch von einem Arzt untersuchen lassen."

Ich räusperte mich. „Der Prinz hat heute Morgen bereits einen Doktor vorbeigeschickt. Er hat mir nichts gesagt, was ich nicht bereits wusste. Die Aufregung und die vielen Veranstaltungen hier bekommen meiner schwachen Konstitution nicht. Ich brauche Ruhe, viel Schlaf und mein gewohntes Umfeld." Mit jedem Wort war meine Stimme rauer geworden, bis ich klang, als hätte ich mein Leben lang mit Freude Tabak geraucht. Ich machte Anstalten, nach der Teekanne zu greifen, doch John hatte meine Absicht erraten und goss bereits etwas Kräutertee in eine kleine Porzellantasse und reichte sie mir ohne Unterteller. Ich verbrannte mir beinahe die Lippen, doch die heiße, mit Honig gesüßte Flüssigkeit wärmte angenehm von innen heraus.

„Dennoch seid Ihr selten so schwer angeschlagen. Ihr müsst Euch etwas eingefangen haben."

Ich gab ein unbestimmtes Geräusch von mir und John schien die Angelegenheit für den Moment geklärt zu sehen, da er nicht weiter nachhakte. Tatsächlich hatte der Arzt vermutet, dass meine kränkliche Konstitution  besonders anfällig für allerhand Infekte war und genau das nun eingetreten war, aber das würde ich John nicht auf die Nase binden. Er war auch so schon genug in Sorge und es war nichts, womit ich nicht fertig würde. Erholung, Ruhe und die ein oder andere heilende Tinktur würden genügen, um meinen Zustand wieder zu normalisieren. Vielleicht würde ich auf Anraten des Arztes sogar einer Aderlassung unterziehen, wovon ich normalerweise eher Abstand nahm. Aber John hatte Recht, so grässlich hatte ich mich selten gefühlt.

SilberblutWhere stories live. Discover now