♕Epilog: Katrina♕

381 30 0
                                    

Die vorbeiziehende Landschaft nahm langsam wieder bekannte Züge an, was bedeutete, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis wir die der Rosenburg vorgelagerten Gründe passieren würden. Erschöpft lehnte ich mich auf der gepolsterten Bank zurück, bis wir anhielten. Ich nahm die mir angebotene Hand und ließ mir aus der Kutsche helfen, wo fast die gesamte Belegschaft der Rosenburg auf dem Schotter versammelt war. Lauter Jubel und Freudenrufe brachen aus, und von allen Seiten regneten Glückwünsche auf meinen Begleiter und mich nieder. Bunte Wimpel und Fahnen überall wehten in der Brise. Nicholas hatte mir noch in der Kutsche erzählt, dass dies auf den Kalkinseln zu Feierlichkeiten üblich war.

Um im Trubel nicht unterzugehen, hielt ich den Arm meines Verlobten fest, während wir Richtung Eingangstor schritten. Ein Blick zurück zeigte, dass unser Reisezug kaum Raum auf dem Vorplatz fand – mehrere Kutschen hatten uns begleitet, ein Barde trällerte bereits vom Rand eine fröhliche Melodie und das große Aufgebot an persönlichem Schutz, das uns den ganzen Weg von Silbermeer bis hierher begleitet hatte, flankierte die Kutschen. Gemeinsam mit all den Gästen, die bereits hier waren oder in den folgenden Tagen anreisen würden, würde die Rosenburg an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Die Zeremonie, die übermorgen stattfinden würde, sollte zwar klein gehalten sein, bedeutete aber trotzdem eine Menge an Gästen, wie seit der Hochzeit meiner Eltern nicht mehr dagewesen. Nicholas' Eltern und zwei seiner Geschwister würden es schaffen, sowie einige seiner Freunde. Meine Bediensteten würden alle Hände voll zu tun haben.

Die nächsten Tage herrschte eine ausgelassene Stimmung. Die Vorbereitungen für die Zeremonie waren in vollem Gange, durch die Fenster meines Zimmers konnte ich den ganzen folgenden Tag lang beobachten, wie die Bediensteten durch die Gärten hin- und herhuschten, Sessel und Tische aufstellten und Gedecke herrichteten. Nicholas' hatte ich bereits am Morgen die Rosenburg gezeigt – nicht, dass es sonderlich viel zu zeigen gab, schließlich waren die Burg und ihre Räume überschaubar. Nach einer letzten Anprobe für mein schlichtes, mit Spitze versehenes Hochzeitskleid, an dem meine Zofen eifrig arbeiteten, seit sie die Nachricht meiner Verlobung erhalten hatten, schlich ich mich aus dem Trubel, um in dem kleineren Garten Zuflucht zu finden, der bis auf wenige Arbeiter, die an den Pflanzen schnippelten und sie für den Herbst vorbereiteten, leer war. Zufriedenheit und Frieden erfüllte mich, als ich die schmalen Wege zwischen den Rosenbüschen hindurchging. In der Luft hing noch der Duft der letzten Spätblüher und die Sonne kitzelte auf meiner Nase. Ich hoffte, dass das Wetter hielt und die Zeremonie tatsächlich im Garten stattfinden konnte. Dadurch hatte sie etwas weniger Bezwingendes. Auf einer Bank mitten zwischen den Blumen nahm ich schließlich Platz, um die letzten Sonnenstrahlen aufzusaugen. Es war Ende September und die warmen Tage, die noch kommen würden, ließen sich bestimmt an einer Hand abzählen.

„Darf ich mich zu Euch setzen?"

Beim Klang der Stimme fuhr ich hoch und blinzelte ob der Sonne, bis ich Nicholas ausmachte.

Ich nickte und wies auf den Platz neben mir. „Natürlich."

Leger, in lose geknöpftem Hemd und Stoffhose ließ er sich neben mich fallen und hob das Gesicht genießerisch der Sonne entgegen.

„Ich kann verstehen, wieso Ihr gern hierherkommt", merkte er nach einer Weile an.

„Wegen der Anprobe konnte ich erst jetzt in den Garten flüchten." Es war später Nachmittag und die Sonne würde bald hinter den angrenzenden Wäldern verschwinden.

„Es fühlt sich ein wenig so an, als wäre man in einer anderen Welt." Nicholas Blick wanderte über die grünen Sträucher und wenigen noch immer blühenden Pflanzen. „Es ist so ruhig und friedlich. Selbst Eure Bediensteten müssen die zuvorkommendsten sein, die ich je erlebt habe."

Ich musste lächeln. „Ich habe Euch ja gesagt, sie sind meine Familie."

Wir schwiegen eine Weile in Eintracht, während der der Wind etwas auffrischte und ich mich enger in meinen dünnen Mantel wickelte.

SilberblutWhere stories live. Discover now