♕ Elion II ♕

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Eine Parfum-Wolke ließ mich husten, nichtsdestotrotz kämpfte ich mich weiter vor in den schummrig beleuchteten Raum. Das silbrig-weiße Kleid anhebend, stieg ich über etwas, das stark nach einer verbogenen Gabel und einem halben Hühnchen aussah. Der Schankraum war beinahe leer zu dieser Tageszeit, doch die wenigen Männer die sich hier anscheinend schon mittags betranken, starrten mich an, als hätten sie noch nie eine Frau gesehen. Vermutlich hat sich herumgesprochen, dass ein Bastard auf Silbermeer ist, dachte ich grimmig und vermied ihren Blick. Stattdessen konzentrierte ich mich darauf, denjenigen zu finden, wegen dem ich hergekommen war. Einige Türen führten vom Schankraum des Wirtshauses ab, doch konnte ich einfach so hindurchgehen? Vermutlich war das eine schlechte Idee. Ich wollte der Königsfamilie als offizieller Gast nicht noch mehr Probleme machen. Es zerrissen sich bestimmt schon jetzt alle Adeligen die Mäuler darüber, was ich dort zu suchen hatte.
„Entschuldigung?"


Die Männer sahen mich überrascht an, als ich zu ihnen sprach.

„Kann man Ihnen helfen, Mylady?", wollte einer sogleich wissen.

Mich über seine Freundlichkeit freuend, antwortete ich rasch: „Bitte. Ich suche nach einem ... Theodor Fletcher? Wir haben eine Verabredung."

Sie warfen sich vielsagende Blicke zu. „Hätt' gar nicht gedacht, dass Sie so eine sind", platzte einer mit vollem Mund heraus. Die anderen boxten ihn in die Seite, aber ich legte bloß fragend den Kopf schief.


„So eine?"

„Naja ... ein leichtes Mädchen. Eine Nacht gegen Kohle und so, Sie wissen schon was ich meine. Bei Fletcher sind sie da bestimmt an der richtigen Adresse. Seine Mädchen übernachten in Palästen."

Erschrocken starrte ich sie an. Soviel dazu, keinen Ärger für Silbermeer zu machen.
„Nein!", rief ich hastig. „Nein. Ich will bloß Antworten."

„Die kann ich Euch liefern."


Die fremde Stimme ließ mich herumwirbeln. Beinahe wäre ich über den Saum meines Kleides gestolpert, zu Hause auf Burg Ostwald trug ich selten so lange, teure Stoffe. Der groß gewachsene Mann lachte leise, als ich mich an einem Holzpfeiler abstützen musste.


„Seid Ihr Sir Fletcher?", erkundigte ich mich ein wenig atemlos, während sich die Männer schnellstens ihrem Essen widmeten.

Er nickte langsam. „Der bin ich tatsächlich. Was wollt Ihr?"

Ich spürte meinen Herzschlag beschleunigen. Die Handflächen wurden mir feucht. Konnte er mir überhaupt helfen? Viel konnte ich ihm nicht bieten ... „Information. Über eine Frau, die vor etwa 17 Jahren in einem Gasthaus hier übernachtet hat."

Das war alles gewesen, was ich aus meinem Vater, dem Lord von Ostwald, jemals herausbekommen hatte. Er schien nicht gerne über sie zu reden. Aber wenn ich eine Frau wie die Lady am Hals hätte, würde ich auch nicht gerne darüber nachdenken, wie es sein hätte können. Obwohl ich meine leibliche Mutter überhaupt nicht kannte, war ich mir sicher, dass sie eine angenehmere Partnerin für ihn gewesen wäre.

Theodor Fletcher fuhr sich seufzend durch die langen Haare. „Ist das alles was ihr habt?"


Zerknirscht nickte ich. Anstatt einer Antwort schnaubte er bloß und drehte sich um.

„Nein! Bitte, ich brauche Eure Hilfe", rief ich flehend. Als er tatsächlich stehen blieb, schlug mir das Herz bis zu den Ohren. Jetzt bloß nichts falsches sagen. „Ich bin die Tochter des Lords von Ostwald. Sie ist meine Mutter ..."

Damit schien ich sein Interesse geweckt zu haben. Mit großen Schritten kam er wieder zu mir und musterte mich erneut von oben bis unten. „Der Bastard von Ostwald. Was für eine Freude."

Betreten blickte ich auf meine Füße. „Ja. Kann ich mir vorstellen. Werdet Ihr mir helfen?"

„Was springt dabei für mich raus?"


„Ich kann nicht viel anbieten ... aber Ihr sollt alles bekommen, was ich aufbringen kann", versprach ich leidenschaftlich. „Unter der Bedingung, dass ihr mir zumindest ihren Namen bieten könnt."

Abwägend musterte er mich, bevor er seine Hand ausstreckte. „Dann haben wir eine Vereinbarung."

Mit pochendem Herzen schlug ich ein. „So ist es."

SilberblutWhere stories live. Discover now