♕ Katrina IV ♕

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Gedankenverloren nahm ich einen Schluck aus meinem Häferl und verbrannte mir dabei prompt die Zunge, die sofort begann, sich taub und pelzig anzufühlen. Just in diesem Moment vernahm ich Elions Stimme, die mich aus meiner Grüblerei riss.

„Hörst du mir denn zu?"

Hastig nickte ich und stellte den zu heißen Tee wieder auf das kleine Tischchen zwischen uns, bevor ich den Blick auf Elion richtete. Eine Haarsträhne war ihr ins immer noch blasse Gesicht gefallen, aber sie sah schon merklich lebendiger aus, als an den vorangegangenen Tagen.

Um nicht antworten zu müssen, griff ich nach einem Keks vom Tablett, das ebenfalls auf dem Tisch stand. Gerade machte ich einen Biss, als Raven ins Zimmer polterte und ich mich angesichts ihrer finsteren Miene glatt verschluckte und zu husten anfing.

Die Hände in die Hüften gestemmt, wirkte Raven ziemlich furchteinflößend. „Viktoria ist gestern Abend von ihrem Ausritt zurückgekehrt und jetzt stellt euch vor, was geschehen ist! Sie hat einen verstauchten Knöchel, da sich ihr Sattel auf rätselhafte und äußerst eigenartige Weise mitten im Galopp gelöst und sie im hohen Bogen vom Pferd befördert hat."

Erschrocken lehnte ich mich vor. „Ist es schlimm?"

„In ein paar Tagen sollte sie wieder auf den Beinen sein", winkte meine Cousine ab. „Die Frage ist doch eher, ob ihr mir zustimmt, dass das unmöglich ein Zufall gewesen sein kann."

„Du glaubst doch nicht etwa, dass", ich senkte meine Stimme, „Juliana dafür verantwortlich ist?"

„Und ob ich das denke!", rief sie aus und ich sah mich ängstlich um, obwohl ich wusste, dass sich die Komtess von Ehrenhall heute nicht die Ehre gegeben hatte, zum Tee zu uns zu stoßen und uns somit nicht hören konnte.

„Raven!", unterbrach ich meine Cousine, als sie gerade wieder den Mund öffnete, wahrscheinlich, um eine weitere Tirade gegen Juliana anzufangen. „Setz dich doch einfach einmal zu uns und sei um Himmels Willen leiser. Jeder könnte dich hören!"

Aufgebracht ließ sie sich auf den Sessel neben Elion fallen und warf sich ihr Haar schwungvoll über die Schulter. Sich einen Keks schnappend, lehnte sie sich schließlich zurück und musterte uns. „Ich glaube einfach nicht, dass es ein Unfall war. Wie wahrscheinlich ist es schon, dass so etwas passiert?"

Ich seufzte. Ich konnte nicht abstreiten, dass es eigenartig war und sehr nach Manipulation schrie, aber trotzdem weigerte ich mich, zu glauben, dass Juliana Viktoria einer derartigen Gefahr aussetzte. Schließlich konnte ein solcher Sturz vom Pferd lebensgefährlich sein.

Elion, die sich bis jetzt schweigend unsere Diskussion angehört hatte, fiel nun mit ein. „Es klingt schon sehr verdächtig. Außerdem ist es unübersehbar, dass Juliana in Viktoria die größte Konkurrentin sieht. Nichts gegen euch zwei!", fügte sie schnell hinzu und beeilte sich, uns zu versichern, dass sie ihren letzten Satz nicht böse gemeint hatte.

Ich massierte mir die Schläfen. Nicht lange, und ich würde wieder Kopfschmerzen bekommen. Ich sah an Elion und Raven vorbei auf die großen Fenster, die auf den Palasthof und die Gärten hinausgingen. Es war warm heute, nur wenige Wolken waren am Himmel zu sehen und die Stimmen der anderen gerieten in den Hintergrund, während ich den Garten fixierte. Vielleicht sollte ich nachher einen noch einen Abstecher zu den Rosenbeeten machen und etwas Sonnenschein aufsaugen. Ohne, dass ich es bemerkt hatte, war ich aufgestanden und begegnete Ravens verwirrtem Blick.

„Was ist los, Katrina?"

„Ich denke, ich gehe etwas frische Luft schnappen", antwortete ich, bevor ich meinen Rock raffte und auf die großen Flügeltüren zusteuerte.

SilberblutWhere stories live. Discover now