32. Schicksal

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„Sie können das Antibiotikum doch nicht für private Anliegen missbrauchen!", widersprach Dr. Gosio entschieden, „Das ist mein Lebenswerk und ich lasse nicht zu, dass es sabotiert wird!"

„Private Anliegen?!", fragte ich fassungslos und ging auf ihn zu, „Es geht um Nathan Gabriel Kurt, dem Gründer des Krankenhauses!"

„Sie können doch nicht-!", fing er an, doch ich knallte meine Hand mit solch einer Wucht auf den Tisch, dass er erschrocken zusammenzuckte.

„Er ist Patient, wie jeder andere auch!", zischte ich.

Er rutschte - sichtlich unbehaglich - auf dem Stuhl hin und her. „Das mag sein, Miss, aber das gibt Ihnen nicht das Recht alleine zu entscheiden.", sagte er kleinlaut.

„Sein Krankheitsstadium ist fortgeschritten!", erklärte ich mit einem wütenden Ton, „Er liegt verdammt nochmal im Sterben!"

„Sein Leben steht nicht vor einem anderen.", widersprach Dr. Gosio entschieden, „Ob Gründer oder nicht."

Noch ehe ich wusste, was ich da tat, packte ich den Forscher am Kragen und zog ihn mit Ruck auf die Beine. „Sie hören mir jetzt genau zu, Mister! Im Gegensatz zu Ihnen weiß ich genau, wie Sie das Mittel dem Patienten verabreichen können, ohne dass dieser an einer Überdosis stirbt oder die Wirkung des Mittels zu gering ausfällt. Ich kenne die Methoden, die Ihnen dabei helfen würden Ihr sogenanntes Lebenswerk zu vollenden! Ob Sie wollen oder nicht, Sie brauchen mich!"

Seine Nasenspitze berührte fast meine. Er schien eingeschüchtert, denn er zögerte eine Sekunde und sah mich abschätzend an, während ich ihm noch am Kragen hing.

"Mademoiselle, bitte beruhigen Sie sich.", kam Dr. Pasteur beschwichtigend dazwischen, doch ich dachte nicht daran ihn loszulassen.

"Ich würde dem Patienten die Lösung zum Trinken geben.", riet Dr. Gosio dann blind drauf los.

"Die Magensäure würde das Antibiotikum zersetzen.", widersprach ich, „Sie bräuchten einen zusätzlichen Säureregulator - ab gesehen davon wissen Sie nicht, wie viel Sie dem Patienten geben müssten."

"Was ist mit einer Inhalation?", schätze er.

Ich schüttelte den Kopf. "Das Antibiotikum, das Sie entdeckt haben, ist nicht hitzebeständig. Beim Versuch es zum Inhalieren zu verabreichen, wird es Ihnen zerfallen und seine Wirkung verlieren."

„Woher sind Sie sich so sicher?", fragte Dr. Gosio schließlich, als seine Neugier, ob ich wirklich Recht haben könnte, gewann.

"Ich kenne jemanden, der Ihnen Voraus ist, was das Antibiotikum angeht.", sagte ich ohne über die Folgen meines Handelns nachzudenken.

Er runzelte verwirrt die Stirn. "Wie bitte?"

Ich schluckte. Ups.

„Wer soll das sein?!", wollte er erbost wissen und riss sich aus meinem Griff.

Nun war ich es, die unbeholfen dreinblickte. „Ähm, also...", fing ich an, woraufhin er die Augenbrauen hob.

Ich durfte nicht zulassen, dass er mir nicht glaubte, sonst würde er mir das Antibiotikum erst recht nicht geben wollen.
Mal abgesehen davon, sprach ich die Wahrheit - auch wenn ich es eigentlich nicht hätte wissen dürfen.

"Alexander Flemming.", antwortete ich schließlich mit fester Stimme, „Von ihm weiß ich, wie wir es dem Patienten verabreichen könnten."

Dr. Gosio stieß entsetzt die Luft aus. „Das ist doch ein Witz!"

„Wenn Sie wollen, können wir ja schauen, ob ich die Wahrheit sage, indem Sie mir die Lösung geben und wir probieren die Methode von Dr. Flemming bei Mr. Kurt aus."

Ella - Die Stille nach dem SturmWhere stories live. Discover now