Prolog

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Es regnete in Stürmen auf mich hinab. Was war geschehen?

Benommen öffnete ich die Augen. Ich lag mit dem Rücken auf dem kalten, harten Asphalt. Hände und Beine waren ausgestreckt. Es war dunkel auf der Straße. Wie betäubt lag ich einen Moment völlig regungslos da.

Was war geschehen? 

Die Frage drehte sich in meinem Kopf.

Ich versuchte mich zu erinnern, aber das Einzige, was mir in den Sinn kam, war ein lauter Knall und helles Licht.

Moment.

Ich war gerade auf dem Weg nach Hause gewesen. Ich kam aus dem Krankenhaus, hatte eine Spätschicht hinter mir. Ich war eben aus dem Bus gestiegen.

Und dann?

Es war ein Blitz eingeschlagen.

Ich schluckte schwer und blickte auf die Laterne zu meiner Rechten, in der kein Licht brannte.

War der Blitz in die Laterne gekracht?

Die Wucht muss mich von meinen Beinen gerissen haben. Mit einem Stöhnen richtete ich mich auf. Meine Gliedmaßen völlig steif, als läge ich hier schon Stunden. Mein Kopf brummte und ich hatte ein lautes Piepen in den Ohren. Verwirrt sah ich mich um. Es war stockfinster in der Straße. Der Blitz muss einen Stromausfall ausgelöst haben. Mit zusammengebissenen Zähnen stand ich auf.

Wo war meine Handtasche?

Ich beugte mich vor und versuchte in der Dunkelheit und im stürmischen Regen etwas zu erkennen. Aber ich stolperte und hielt mich an der Laterne fest. Ich musste eine Gehirnerschütterung erlitten haben, vermutete ich. Besser ich ließ meine Mitbewohnerin, Jannika, nach der Tasche suchen. Sie würde zu Hause sein und könnte mir die Tür öffnen. Mit wackeligen Beinen lief ich die Straße entlang. Völlig verwirrt sah ich mir die Häuser an.

Lag es an der Dunkelheit oder sahen die Häuser völlig fremd aus? War ich vorhin an der richtigen Haltestelle ausgestiegen?

Gott, mir pochte der Schädel!

Aber wieso sah die Straße so anders aus? Hatten wir schon immer Pflastersteine auf der Straße gehabt?

Das wäre mir doch aufgefallen.

Mir ging es nicht gut.

Angestrengt warf ich einen Fuß nach den anderen. Ich war völlig außer Atem, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Ich lehnte mich gegen eine Mauer und versuchte mit ganzer Kraft nicht vornüberzufallen, als meine Knie drohten einzuknicken.

Was war nur mit mir passiert?

Ich hielt mich an einem Tor fest, als ich es nicht länger aushielt. Meine Beine gaben nach und ich sank schweratmend hinab auf den nassen Boden. Mit verzweifelter, letzter Kraft hob ich meinen schweren Arm und klopfte schwach gegen das Tor.

Hilfe...

Irgendjemand...

War denn niemand da?...

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, während ich so zusammengekauert saß, als plötzlich von der anderen Seite des Tors Schritte und Gemurmel zu hören waren. Einen kurzen Augenblick später wurde das Tor einen Spalt geöffnet.

Benommen sah ich in die Gesichter von völlig Fremden. Sie wirkten wie gottgesandte Engel für mich. Sie sahen mich schockiert an.

„Um Gottes Willen!", hörte ich eine alte Dame keuchen, die aus dem Tor hinaustrat. Ich musste mich sehr anstrengen, um ihren Worten zu folgen. Wegen des lauten Dröhnens in meinen Ohren, schien ihre Stimme wie von sehr weitem zu kommen. „Schnell Peter, hilf mir das kleine Mädchen reinzutragen."

Ella - Die Stille nach dem SturmWhere stories live. Discover now