FÜNFUNDVIERZIG - Wundermittel, Zeichnen und Abreagieren

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FÜNFUNDVIERZIG

Wundermittel, Zeichnen und Abreagieren


"We were always meant to say goodbye.

[...]

It doesn't matter

Where we take this road

But someone's gotta go."

Sleeping at Last – Already Gone


Meine Augen flattern, bevor ich sie gänzlich öffnen kann. Die verschwommenen Lichter und Farben nehmen Gestalt an, bis ich einen Punkt fixiere und wieder scharf sehe. Das helle Licht, das von der Lampe über mir ausgeht, blendet mich ein wenig, aber ich wende rasch die Augen ab, um mich umzusehen.

Neben mir auf einem Stuhl sitzt mal wieder Liz, die mich mit einem übel zugerichteten Gesicht anlächelt. Grinsend lasse ich den Kopf fallen.

„Wird das jetzt Routine, dass du immer neben mir sitzt, wenn ich auf der Krankenstation aufwache?"

„Ich hoffe nicht", lacht sie. „Darius' und Nicholas' Wunden werden noch versorgt, deswegen bin ich die einzige, die gerade Zeit für dich hat und sich zu dir setzen konnte."

Mein Blick wandert weiter, etwas weiter weg gegenüber von uns liegt Darius, um dessen Wunde gerade ein Verband gewickelt wird, auf einem Bett. Nicholas sitzt neben ihm, er wurde offensichtlich während der Flucht nicht angeschossen, allerdings ist sein Arm ziemlich verletzt worden. Genau wie seine Hand,  in die Valorac als Motivation für mich geschossen hat. Die tiefe Schnittwunde brennt immer noch in meinen Augen. Die Soldaten, die uns gerettet haben, werden auch versorgt. Viele von ihnen wurden sicherlich in die örtlichen Krankenhäuser verlegt, da es möglicherweise kritisch um sie steht.

Überraschenderweise spüre ich keinen Schmerz, aber als ich mich aufrichten will, stöhne ich etwas zu laut auf, weil meine Schulter unfassbar brennt. Trotz allem ist der Schmerz kein Vergleich zu dem, den ich beim Schuss gespürt habe. Als ich wach geworden bin und meine Werte wieder normal waren, haben sie mir eine Narkose gegeben, damit sie die Kugel herausholen und die Wunde nähen konnten. Die Narkose lässt gerade erst nach.

„Während du die Narkose ausgeschlafen hast, haben sie dir seltsame Flüssigkeiten gespritzt und eine Salbe aufgetragen, alles, um den Heilungsprozess zu beschleunigen."

„Wenn wir nachhause gehen, schnappe ich mir ein paar dieser Wundermittel", grinse ich und lege die kratzende Decke, die auf meinen Beinen liegt, zur Seite.

„Welche Menschen werden wir überhaupt sein, wenn wir nachhause kommen?", fragt Liz leise. Seufzend steckt sie ihre schwarzen Haare hinters Ohr und beobachtet Nicholas und Darius.

„Ich weiß es nicht", antworte ich wahrheitsgetreu. „Verändert."

„Zum Positiven oder Negativen? Ich glaube, ich werde keine Ahnung mehr haben, wer ich bin. Das weiß ich jetzt schon fast gar nicht mehr."

„Mir geht es genauso. Aber ich denke, wir werden uns sowohl negativ als auch positiv verändern. Wir werden erwachsener, lernen zu schätzen, wen und was wir haben. Wahrscheinlich haben wir uns schon längst verändert, ohne es zu merken. Aber wer weiß, was dieser Krieg mit uns machen wird ..."

„Du hast recht ..."

Schweigend gehen wir unseren eigenen Gedanken nach. Ungewollt lasse ich die Flucht Revue passen, wobei mir etwas auffällt. Grübelnd runzle ich die Stirn.

„Liz?"

„Ja?"

„Glaubst du nicht, dass das Ganze zu leicht war? Zu leicht, um wahr zu sein?"

Blazing FireWhere stories live. Discover now