22. Kapitel

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Meine anfänglich noch gute Laune war mittlerweile komplett verflogen. Ich verstand mich selbst nicht mehr. Was war nur los mit mir? Selbst die vorzüglichen Delikatessen auf meinem Teller konnten meine Stimmung nicht mehr heben.
Schweigend schob ich mir eine der gefüllten Pralinen in den Mund.
,,Mir ist gerade aufgefallen, ich weiß kaum etwas über dich.'', unterbrach Leyon die Stille, die sich über uns gelegt hatte und nur von gelegentlichen Essgeräuschen gestört wurde. Neugierig musterte er mich über den Tisch hinweg. ,,Verrate mir doch mal ein wenig über dich.''
,,Ich weiß doch auch nicht mehr über dich als du über mich'', antwortete ich vielleicht etwas zu bissig, denn er runzelte leicht die Stirn und das Grün seiner Augen verdunkelte sich für einen Moment, bevor sich seine Züge wieder glätteten. ,,Dann sollten wir das so schnell wie möglich ändern, findest du nicht? Schließlich heiraten wir in ein paar Wochen.''
Als daraufhin nichts von mir kam, lehnte er sich gelassen in seinem Stuhl zurück. ,,Gut, dann mache ich den Anfang. Ich bin Leyon Daren von Crowen, der zukünftige König dieses Landes, befinde mich in meinem dreiundzwanzigsten Lebensjahr und bin überaus glücklich dich meine Verlobte nennen zu können.''
Das waren nur die für die Öffentlichkeit relevanten Informationen. Wenn er das unter näher kennenlernen verstand, hatte er definitiv eine andere Auffassung als der Rest der Menschheit davon.
Es schien so, als würde auch er nicht gerne private Einblicke in sein Inneres gewähren. Da waren wir uns ähnlich. Also musste ich wohl selber nachforschen.
,,Ist es schwer hier ein Einzelkind zu sein?'', fragte ich lauernd. Ich war neugierig, ob er mir direkt ins Gesicht lügen würde. Gespannt beobachtete ich seine Reaktion mit Argusaugen. So entging mir auch nicht das kurze Verspannen seines Körpers, das einzige Anzeichen, was nach Außen durchsickerte. Denn der gelassene Ausdruck auf seinem Gesicht war keine Sekunde ins Wanken geraten. Da hatte offenbar jemand ganz schön lange vor dem Spiegel geübt.
,,Es ist nicht immer ganz einfach hier'', wich Leyon der Frage geschickt aus und ich konnte mir ein anerkennendes Schmunzeln nicht verkneifen. Er hatte es tatsächlich erfolgreich geschafft meine hinterhältig gestellte Falle zu umschiffen. Damit hatte ich nicht gerechnet.
Trotzdem noch war ich nicht fertig mit ihm. ,,Hättest du gerne Geschwister? Eine niedliche, kleine Schwester vielleicht?'', erkundigte ich mich so unschuldig wie möglich.
In seinem Blick flackerte kurz Misstrauen auf, verschwand aber genauso schnell wieder wie es aufgetaucht war. ,,Wer hätte das nicht gerne?'', lenkte er ab. ,,Du bist doch auch Einzelkind. Wie sieht es denn mit dir aus? Muss doch einsam gewesen sein, so viele Jahre von allen abgeschottet gelebt zu haben.''
Er hatte denn Spieß so schnell und geschickt umgedreht, dass ich nichts dagegen tun konnte, da hatte sich das Blatt schon gewendet. Jetzt musste ich mich entscheiden: Lügen oder die Wahrheit umschreiben?
Ich entschied mich für letzteres. Wenn Leyon das konnte, konnte ich es auch.
Gelassen ahmte ich seine Haltung nach, was mir einen amüsierten Blick von ihm einbrachte. ,,Jeder fühlt sich in seinem Leben einmal einsam. Die einen mehr als die anderen. Doch wirklich alleine ist man nie.'' Das stimmte, alleine war ich nie. Es gab so viele andere, die genau das gleiche Schicksal wie ich hatten. Die mit mir den Kampf ums Überleben ausgefochten haben. In der Hinsicht war ich nie alleine gewesen und würde es auch nie sein.
Leyon betrachtete mich nachdenklich. ,,Du bist wirklich anders als alle anderen Mädchen.''
Ein bitterer Zug legte sich um meine Mundwinkel, als mir wieder mal verdeutlicht wurde, wie wenig ich hier doch hinzugehörte. Und das wollte ich auch gar nicht. Oder?
,,Ich bin gar nicht so anders.'', sagte ich leise, nahm eine weitere Praline zwischen zwei Finger und hielt sie mir vors Gesicht. Die Dinger waren wirklich lecker.
Es stimmte. Ich war nicht anders als andere. Es kam ihm nur so vor, weil er nur die verwöhnten Reichen der Oberschicht kannte.
,,Ach nein?'', versuchte Leyon mich dazu zubringen es mehr auszuführen und ihm somit einen tieferen Einblick in mich zu gewähren. Doch den Gefallen würde ich ihm nicht tun.
,,Nein.'', bestätigte ich also schlicht und schob mir die mit rosanem Pulver bestäubte Praline in den Mund, um die Beendung dieses Themas zu untermauern.
Leyon's brennender Blick verfolgte die Bewegung, bis sich meine Lippen hinter der teuren Luxusschockolade schlossen und er mir wieder in die Augen sah. ,,Ich mag deinen Mund.'' Er haute es stumpf raus, einfach so, als würde er gerade übers Wetter sprechen.
Sprachlos starrte ich ihn an, verdrängte die aufsteigende Röte mit aller Kraft. Unverschämt, fiel es mir ein. Er war wirklich unverschämt. Ich würde jetzt ganz sicher nicht bei so etwas rot werden. Das ließ mein Stolz nicht zu.
,,Ich mag ihn auch. Mit ihm kann man essen, schmecken und aus ihm kommen sogar Wörter heraus-‚'' Was redete ich da? Peinlich berührt klappte ich meinen ach so vielseitig begabten Mund wieder zu. Da kam ja nichts sinnvolles raus. Beschämt vergrub ich mein Gesicht in den Händen. ,,Gott, wie peinlich'', murmelte ich in meine Handflächen.
Sei cool, sei gelassen, lass dir nicht anmerken wie du auf solche Worte von ihm reagierst. Hatte funktioniert.
Knallrot verbarg ich mein Gesicht. Ich würde nie wieder den Mund aufmachen!
Ich hörte Leyon lachen, tief und rau. Gott.
Ein Stuhl wurde zurückgezogen, dann kamen Schritte auf mich zu und warme Hände legten sich um meine, die immer noch mein Gesicht verdeckten.
,,Nimm sie weg'', forderte er mich auf. Ich schüttelte nur angestrengt den Kopf. Ich vernahm ein leises Seufzen, bevor er meine Hände bestimmt und doch mit einer Behutsamkeit als wäre ich aus Glas von meinem Gesicht entfernte und sie sanft festhielt.
Schüchtern und immer noch mit vor Peinlichkeit glühenden Wangen sah ich ihn an. Leyon war vor mir in die Hocke gegangen, sodass wir uns nun fast auf Augenhöhe befanden, ich musste nur ein wenig auf ihn runter sehen.
,,Verdammt, schau mich nicht so an, Lyana! Du bist so süß, dass ich dich hier und jetzt vernaschen könnte'' Süffisant lächelte er, doch dahinter konnte ich etwas erkennen, was mich an einen Wolf auf der Jagd erinnerte. ,,Denn weißt du, was du in deiner Aufzählung vergessen hast?'' Sein Blick war schon längst auf meinen Mund gefallen und seine Augen nahmen ein dunkleres Grün an, als er beobachtete wie meine Zunge herausfuhr und ihn befeuchtete. Meine Lippen waren vor Nervosität ganz trocken geworden.
,,Man kann noch ganz andere Dinge mit ihm machen. Interessantere'' Leyon beugte sich zu mir vor, ließ mit seinem Blick keine Sekunde lang von meinen Lippen ab. ,,Leidenschaftlichere'' Er kam noch näher, sein Mund schwebte dicht vor meinem. Sein heißer Atem prallte gegen meine Lippen. Ich konnte mich nicht bewegen.
,,Lass mich von deinem süßen Mund kosten'', hauchte er und strich mit Seinem einmal hauchzart über meine Lippen.
Er gab mir die Möglichkeit mich zurückzuziehen, ihn wegzustoßen. Doch ich tat nichts dergleichen. Dazu war ich gar nicht in der Lage. Ich ließ es zu, dass seine weichen Lippen sich nun ganz auf meine legten und dort kurz verweilten, bevor er begann sanften Druck auszuüben und sie zu bewegen. Seine Augen waren geschlossen und wie automatisch fielen auch meine zu. Langsam begann ich den Kuss zu erwidern. Leyon ließ meine Hände los und stützte sich stattdessen links und rechts von mir auf den Lehnen des Stuhls ab. Er erhob sich von seiner hockenden Position und beugte sich leicht über mich, während er drängender wurde. Seine Zunge strich feucht über meine Unterlippe und jegliche Gedanken und Unsicherheiten waren wie fortgewischt, als Leyon die kleine entstandene Lücke zwischen meinen Lippen nutzte und mit seiner Zunge hinein glitt. Forschend erkundete er meine Mundhöhle und umspielte meine Zunge, die in einen leidenschaftlichen Tanz um die Oberhand verwickelt wurde. Er dominierte meinen Mund, nahm ihn völlig für sich ein.
Ich war wie berauscht. Verloren war jeder Bezug zur Realität, das einzige, was existierte und von Bedeutung war, waren Leyon und ich. Alles andere erschien mir plötzlich unwichtig.
Als Atemnot sich in mir breit machte, unterbrach ich den Kuss und lehnte mich etwas zurück. Abstand war notwendig, um wieder klar denken zu können. Seine Nähe hatte mich völlig benebelt. Es dauerte einen Moment, bis die Intensität des Kusses nachließ und mir bewusst wurde, was ich da gerade getan hatte und mit wem. Und es war kein einfacher, keuscher Kuss gewesen, nein, er hatte in einer Leidenschaft meinen Mund in Besitz genommen, dass mir immer noch ganz schwindlig wurde.
,,Wow'' Leyon's Stimme war nicht mehr als ein Hauchen. Seine Augen funkelten.
Ich räusperte mich nur. Beschämt über die Situation und das ich mich so hatte gehen lassen. Das durfte nicht wieder vorkommen. Diese Gefühle, die er in mir weckte, durften nicht noch weiter angestachelt werden, sondern mussten erlöschen. Das der Prinz sterben musste war bei den Rebellen ungeschriebenes Gesetz, daran führte kein Weg vorbei. Ich sollte mich also hüten, mich näher auf ihn einzulassen. Eine unfreiwillige Verlobung war das eine, ein freiwilliger Kuss etwas ganz anderes. So etwas musste ich in Zukunft zu verhindern wissen, denn es war nur eine Frage der Zeit bis Leyon's Leben abgelaufen war. Auch wenn mir der Gedanke an seinen Tod mittlerweile mehr zu schaffen machte, als es sollte. Es sollte mir egal sein. Wieso also stach mein Herz bei diesem Gedanken so schmerzhaft in meiner Brust?
Als Leyon Anstalten machte mich erneut zu küssen, legte ich die Hände auf seine Brust und schob ihn zurück. Ein kurzer Ausdruck von Schmerz huschte bei dieser Zurückweisung über sein Gesicht, doch er sagte nichts dazu und ließ es einfach geschehen. Ohne sich weiter anmerken zu lassen, was er von dem Kuss und meiner nachfolgenden Reaktion dachte, nahm er wieder auf dem Stuhl gegenüber Platz.
Die nächsten Minuten herrschte peinliches Schweigen. Unbehaglich rutschte ich auf meinem Stuhl herum und wich dabei den brennenden Blicken von Leyon aus, der jede Regung meinerseits genau mitverfolgte. Schließlich brach er das Schweigen und ich musste einen erleichterten Seufzer unterdrücken, dass diese unangenehme Stille endlich vorbei war. ,,Ich sollte dich vielleicht noch über die Termine und Veranstaltungen der nächsten Tage in Kenntnis setzen, die dich genauso betreffen wie mich.'' Ich nickte nur, zu mehr fehlte mir der Elan. ,,Morgen wird die Schneiderin zu dir kommen, um mit dir dein Brautkleid zu entwerfen. Dann wollte ich dich noch darüber informieren, dass Ende der Woche ein Verlobungsball zu unseren Ehren stattfindet. Direkt danach werden wir uns das erste Mal zusammen dem Volk präsentieren. Wie das abläuft, erfährst du später noch genauer. Wichtig ist nur, dass wir dich dem gesamten Reich als zukünftige Königin vorstellen und dich dann Schritt für Schritt in die Aufgaben und Pflichten, die mit diesem Posten einhergehen, bekanntmachen.''
Beinahe hätte ich ironisch aufgelacht. Ich wusste genug über die Aufgaben und Pflichten des Königshauses, um sagen zu können, dass diese absolut nicht erfüllt wurden. Das Volk litt und die Adeligen und die Königsfamilie lebten in Saus und Braus. Vernachlässigung der Pflichten und Aufgaben war da ein nicht gerade unbekannter Vorwurf der untersten Schichten dieser Gesellschaft. Das der Prinz es so rüberkommen ließ, als würden seine Eltern alles richtig machen und durchaus pflichtbewusst sein, regte mich auf. Hatte er überhaupt schon mal gesehen wie es innerhalb des Volks wirklich zu ging? Oder glaubte er tatsächlich an diese trügerische Scheinfassade, die hier gehalten wurde? Mehr noch er vertraute darauf. Bemerkte er denn nicht die nackte Angst in den Augen der Bediensteten, wie sie behandelt wurden? Wusste er nicht, um den Zustand seines Volks Bescheid? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Er war schließlich der Thronfolger, da konnte ihm so etwas nicht verborgen geblieben sein. Wahrscheinlicher war, dass es ihn genauso wie seine Eltern einfach nicht interessierte. Es war dämlich von mir etwas anderes zu denken. Für leichtgläubig hatte ich ihn eigentlich nie gehalten, obwohl....auf mich fiel er ja auch herein. Der Gedanke schmeckte bitter. Letztendlich blieb er nun mal ein verwöhnter Prinz, der nie mit Leid, Hass und Schmerz in Kontakt gekommen war. Das sich ein Teil der Bevölkerung gegen ihn verschworen hatte und ihm nichts als ungezügelten Hass entgegen brachte, konnte er nicht wissen.
,,Okay.'' Gelangweilt nickte ich. Mir war die Lust auf eine weitere Unterhaltung mit ihm gründlich vergangen. ,,Wenn du mich nun entschuldigen würdest. Der Tag hat mich einige Nerven gekostet und ich bin erschöpft. Hab Verständnis, wenn ich mich jetzt in meine eigenen Gemächer zurückziehe.'' Ich stand auf, knickste leicht und zog mich dann ohne eine Antwort abzuwarten oder zurückzublicken in meine Zimmer zurück.
Kaum war die Tür hinter mir ins Schloss gefallen, ließ ich mich erschöpft an ihr runter sinken und vergrub verzweifelt mein Gesicht zwischen den Händen. So blieb ich mit angezogenen Knien eine Weile auf dem blitzeblank poliertem Boden sitzen, während ein wahrer Wirbelsturm an Gedanken durch meinen Kopf wütete und alles durcheinander brachte.
Doch ein Gedanke kristallisierte sich klar heraus: Je eher ich den Prinzen umbrachte, desto besser war es. Denn er brachte auf merkwürdige Weise mein Herz und meinen Verstand durcheinander.

,,Was haltet Ihr von diesem hier, Mylady?'' Die Schneiderin, eine spindeldürre Lady mittleren Alters mit flinken Fingern, hielt eine weitere Zeichnung hoch. Das weißgoldene Kleid war bis zur Taille eng anliegend,  schulterfrei und viel in mehreren Lagen ausfächernd zu Boden. Also nicht viel anders als die Kleider davor. Immerhin hatte ich es geschafft mich erfolgreich gegen ein Korsett zu wehren. In dieses organzerquetschende Ding würde mich niemand mehr auch für alles Gold der Welt reinkriegen.
Ich seufzte genervt. Keines der Brautkleider hatte mir bisher wirklich gefallen. Sie alle waren schön, das konnte ich nicht leugnen. Das Problem war nur: Sie waren einfach nicht mein Stil.
Ich war keine Adelige, die ein Prinzessinenkleid wollte. Ich wollte nicht das Königshaus symbolisieren, keine glückliche Prinzessin spielen. Denn das war ich nicht.
Lustlos blätterte ich selber einige der Zeichnungen durch, die Tormèlia für mich entworfen hatte. Und das waren wirklich viele. Aber alle ähnelten sich vom Schnitt. Nur die Breite des Rockes, die Stoffe, Verzierungen, Ausschnitte und Ärmel wichen voneinander ab. Trotzdem sagte mir keines wirklich zu. Es war frustrierend.
Auch Tormèlias zu Anfang noch gute Laune hatte sich nach einer halben Stunde vergeblichen Suchens verabschiedet. Trotz dessen wurde sie nicht müde, mir immer und immer wieder einen neuen Entwurf unter die Nase zu halten. Auch meine Kommentare, die mittlerweile nur noch zu einem Kopfschütteln geworden waren, entmutigten sie nicht. Fast bewunderte ich sie dafür.
Jedoch kamen wir trotzdem nicht voran. Die Schneiderin begriff einfach nicht, dass mir die ganzen Kleider auf den Bildern zu prunkvoll, zu pompös, zu protzig waren. Die ganzen Juwelen, funkelnden Edelsteine und Kristalle oder die teuren Perlen, mit denen sie großzügig bestickt waren, empfand ich als unnötig, übertrieben und musste die ganze Zeit daran denken wie viele Leben man verbessern könnte mit auch nur einer dieser wertvollen Verzierungen. So etwas verdammt teures konnte ich nicht tragen. Es stand mir nicht zu.
Ich brauchte etwas schlichteres, etwas weniger aufwendiges, etwas.....wie das. Meine Augen blieben auf der Seite hängen, die ich gerade aufgeschlagen hatte und eigentlich direkt weiter blättern wollte. Dieses Kleid unterschied sich sowohl im Schnitt als auch von den Ausarbeitungen her von den andern. Es stach mir direkt ins Auge.
,,Das will ich.'', verkündete ich fasziniert und konnte meine Augen nicht von der detailreichen Zeichnung abwenden.
Erleichtert und voller Tatendrang sprang Tormèlia auf, ihre mattblauen Augen leuchteten auf. ,,Endlich!'' Sie nahm mir das Blatt aus der Hand und ihr strahlendes Lächeln fiel etwas in sich zusammen. ,,Dieses?'' Ungläubig, beinahe entsetzt wanderte ihr Blick vom Kleid zu mir.
Fest entschlossen erwiderte ich ihren Blick. ,,Ja, dieses und kein anderes.''
,,Aber-‚'' Die Schneiderin schien die Welt nicht mehr zu Verstehen. ,,Das-‚'' Ihr entwich ein Seufzen und ihre Schultern sackten herab. ,,Wenn es das ist, was Euch gefällt.'' Sie musterte das Kleid kritisch genauer. ,,Ich werde es in Auftrag nehmen, aber ein paar kleine Veränderungen werde ich trotzdem noch vornehmen. So ist es viel zu schlicht, auch wenn euch das vielleicht zu sagt....ein gewisser königlicher Touch muss dennoch her.'' Als ich den Mund zum Widerspruch öffnete, schnitt sie mir scharf das Wort ab: ,,Verzeihung, Mylady, aber da lasse ich nicht mit mir Reden. Ihr repräsentiert nun die Krone, da ist Unauffälligkeit und Schlichtheit fehl am Platz. Ihr müsst zu jeder Zeit herausstechen, jedem sofort ins Auge fallen.'' Sie sammelte, während sie sprach, die Skizzenblätter ein und verstaute sie ordentlich in ihrer Tasche. ,,Ich werde sofort mit der Arbeit beginnen.'' Mit einem Knicks rauschte Tormèlia aus dem Zimmer und ließ mich letztendlich doch recht zufrieden mit dem Endergebnis zurück.
Ich hoffte nur, dass die Schneiderin nicht die schlichte Schönheit des Kleides, die mich vom ersten Augenblick an in ihren Bann gezogen hatte, zunichte machte. Zugegeben, das Kleid war nicht so auffällig verziert gewesen wie die anderen und ich konnte nachvollziehen, wenn sie es ein wenig teurer und einer Prinzessin würdiger gestalten wollte, aber gerade das hatte mir doch so gut gefallen.
Wieso zerbrach ich mir überhaupt den Kopf so sehr wegen einem Kleid, dass ich eh nie tragen würde? Denn die Hochzeit wird nie stattfinden. Der Bräutigam wird spätestens in ein paar Wochen tot sein, davor wird ihn auch sein unverschämtes Glück nicht bewahren könne. Und ohne Bräutigam keine Hochzeit. So einfach war das. Sobald der Auftrag erledigt war, würde ich zu den Rebellen zurückkehren. Obwohl, gab es dann noch geheime Lager und viel wichtiger; Rebellen? Ich hatte mir noch nie Gedanken darüber gemacht, wie es weitergehen würde. Die Zukunft war irgendwie beängstigend.
Aber ich tat das Richtige, oder?

Lyana- The Story of a QueenWhere stories live. Discover now