Kapitel 5

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( M e l o d y )

Der Weg in den Saal kam mir unendlich lang vor. Krampfhaft versuchte ich meine Atmung zu regulieren, war überfordert und Silas war so viel einschüchternder, als ich gedacht hatte.  

Ich versuchte sein Tempo zu halten, fühlte mich als würde ich einen Marathon laufen. Ein riesiger Schritt nach dem anderen, aber das war kein Wunder, denn Silas war verdammt groß. Mit meinen hohen Schuhen war ich ungefähr 1,75m groß, doch er überragte mich immer noch.  

Ein Hauch seines Parfums stieg mir in die Nase. Es war ein holziger Duft mit einem Hauch von Vanille. Ein Duft, der süchtig machen konnte. 

Wie auf Kommando drehten sich alle zu uns, sobald wir den großen, hell beleuchteten Saal betraten. Einige steckten ihre Köpfe zusammen, fingen sofort an über uns zu reden. Ich schluckte schwer, versuchte den Blickkontakt zu jedem zu meiden.  

"Vergiss nicht zu lächeln, Love", flüsterte Silas ohne mich anzusehen. Er hatte bereits sein perfektes Lächeln aufgesetzt und starrte gegen die Menschenmasse an, schien die Aufmerksamkeit zu genießen - oder so zu tun, als würde er sie genießen.  

Ich war irritiert durch den Spitznamen, den er mir gegeben hatte, doch ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, zog er mich weiter in den Saal hinein. 

Auf dem Weg zum Tisch der De Clares wurde Silas von allen Seiten angesprochen, führte Smalltalk und begrüßte die Gäste höflich. Ich hielt mich im Hintergrund auf. Es wunderte mich nicht, dass er mich niemandem vorstellte. Viel mehr war ich froh darüber, mit niemandem sprechen zu müssen. 

Ich sah meinen Vater bereits an dem Tisch sitzen, genau wie Richard und zwei weitere Gäste mit ihren Frauen, die ich nicht kannte. 

"Du siehst wunderschön aus", flüsterte Silas kurz bevor wir an dem Tisch ankamen. 

"Danke", antwortete ich verlegen und vollkommen aus der Puste, hatte ich vor Nervosität vergessen zu atmen. 

Silas rückte meinen Stuhl nach hinten, sodass ich mich setzen konnte. Er nahm neben mir Platz, öffnete sein Jackett und wenige Minuten später hielt ein dicker, bärtiger Mann die Eröffnungszeremonie. 

~

Ich lernte in den ersten Minuten, dass dieser dicke Mann der Vertreter eines Verbandes war, der diesen Ball finanzierte. 

Er hielt eine Rede darüber, wie lange sie diese Bälle schon organisierten, wie viele tolle Leistungen sie erbrachten und welche Rolle die De Clares dabei spielten. 

Wieder waren alle Augen auf uns gerichtet. 

Während seines Vortrages konnte ich das Getuschel ausblenden, doch jetzt war es wieder präsent. 

Der dicke Mann rief  zu dem Eröffnungstanz auf. Silas stand auf und hielt mir seine Hand hin. Ich schaute zu ihm auf, wollte mir eine Ausrede überlegen, um nicht mit ihm tanzen zu müssen, doch dann traf mich der strenge Blick meines Vaters und ich schluckte die Worte wieder herunter. 

Ich legte meine Hand in seine, folgte ihm auf die Tanzfläche, die sich Gott sei Dank schnell füllte. 

Silas blieb stehen, drehte mich zu sich und legte mir seine Hand an die Hüfte. Wartend sah er mich an und es dauerte einige Sekunden, bis ich verstand, worauf er wartete. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine muskulöse Schulter. Es fühlte sich komisch an, ihn zu berühren. 

"Tut mir Leid, ich bin etwas aus der Übung" Ich konnte ja nicht ahnen, dass der Tanzkurs, zu dem meine Eltern mich 2 1/2 Jahre zuvor gezwungen hatten, in meinem Leben wirklich Relevanz finden würde.  

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenWhere stories live. Discover now