Kapitel 20

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( S i l a s )

Silas drehte das Feuerzeug immer wieder in seiner Hand, während sein Vater nervös auf und ab lief.

"Du wirst dich entschuldigen müssen", wiederholte er zum dritten Mal den selben Satz und Silas lehnte sich weiter in dem dunklen Sessel zurück.

"Wie gesagt: Ich werde mich entschuldigen", brummte er ohne aufzusehen.

"Und wie du aussiehst, so kannst du dich in der Schule nicht blicken lassen. Was sollen die Lehrer denken", fuhr sein Vater fort.

Silas lachte und sein Richard fühlte sich das erste Mal dazu veranlasst, ihn anzusehen.

"Du meinst die Lehrer, die keine andere Wahl haben, als mich bestehen zu lassen? Was kümmert es mich, was die denken?"

Sie alle buckelten vor ihm und seinem Vater, viel mehr vor denen, für die sie arbeiteten. Silas hasste es. Sein Ego versuchte zu verdrängen, dass er niemals auch nur einen Finger krumm machen müsste, um gute Noten zu erhalten.

Er würde die Schule auch so mit einem tadellosen Zeugnis abschließen, doch er hatte nie die Chance gehabt, sich zu beweisen. Für ihn gab es andere Momente, in denen er sich beweisen musste.

"Pass auf, was du sagst", zischte sein Vater, der sich zu ihm herunter gebeugt hatte. Silas lächelte ihm unbeeindruckt ins Gesicht. Sein Vater hatte schon lange keine Macht mehr über ihn. Sein Gerede war nichts weiter als heiße Luft aus Kindertagen.

"Liegt es an der kleinen Thompson? Hat sie dir das Gehirn vernebelt?"

Jetzt allerdings hatte er seine volle Aufmerksamkeit. Silas spannte seine Kiefermuskeln an, fixierte seinen Vater mit einem eiskalten Blick. Er beugte sich vor, sodass sie beinahe Stirn an Stirn waren.

Richard brach den Augenkontakt ab, doch etwas triumphierendes lag in seinen Augen und ließ das Blut seines Sohnes kochen.

"Du hast die dir ausgesucht, um deinen Spaß zu haben, aber vielleicht war es keine so gute Idee, sie herzubringen"

Wenn er nicht endlich den Mund hielt, würde er ihn umbringen.

Richard holte erneut Luft, doch Silas stand auf. Er baute sich vor seinem Vater auf, der in den letzten Jahren etwas kleiner als er geworden war.

Doch es war nicht nur der Größenunterschied, der ihn nun zum Schweigen brachte. Es war die Erkenntnis der Machtlosigkeit. Sein Vater war nur noch eine Marionette an zwei Fäden. Silas hingegen war drauf und dran, alles zu übernehmen.

"Du erwähnst sie nie wieder, hast du verstanden?"

Sein Vater reckte das Kinn in die Höhe, nickte kaum merklich. Mit einem angewiderten Gesicht lief er dicht an seinem Sohn vorbei und verließ das Büro.

Silas hörte ein Knacken, spürte eine Flüssigkeit seine Finger entlang laufen. 

Er war so wütend, dass er das Feuerzeug in seiner Hand zerquetscht hatte. Er ließ die Überreste einfach auf den Boden fallen und wendete sich zum Gehen.

Er brauchte dringend etwas, um sich abzuregen.

~

( M e l o d y )

"Du musst stillhalten", forderte ich ihn zum dritten Mal auf. Silas saß vor mir auf dem Tisch. Sein nasses Haar fiel ihm ins Gesicht und er roch nach seinem Duschgel. 

Vorsichtig wickelte ich einen neuen Verband um seinen Oberkörper. Ich hatte freie Sicht auf seine Tattoos und betrachtete sie so unauffällig wie möglich. 

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenWhere stories live. Discover now