Kapitel 42

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( M e l o d y )

Er blieb stehen, als er bemerkte, dass ich nicht Schritt halten konnte. 

Silas sah an mir herunter, betrachtete meine Schuhe für einen kurzen Augenblick. "Zieh die aus", befahl er mit sanfter Stimme. Ich trug schwarze Pumps, die zwar nicht hoch waren, aber dennoch dazu führten, dass mein Knöchel schmerzhaft pochte. 

"Was? Ich kann doch nicht einfach..." Doch in seinem Blick lag etwas, das keinen Widerstand duldete. Er hielt mir seinen Arm hin, an dem ich mich abstützte während ich die Schuhe abstreifte. Als ich mich wieder aufrichtete, kam ich plötzlich viel kleiner vor. 

Auf der anderen Seite des Raumes stand ein großer, langer Esstisch aus dunklem Holz, in der Mitte ein Blumengedeck. Seine Eltern standen wartend vor ihren Stühlen, ihre Hände auf die Lehnen gestützt. 

"Wieso trägt deine Frau keine Schuhe mehr, mein Sohn?", fragte George als er sich suchend nach uns umdrehte. "Weil sie umgeknickt ist, als Juri sie gewaltsam aus ihrem zu Hause geholt hat, um sie mit mir zu verheiraten"

Betretenes Schweigen. 

Ich erinnerte mich daran, wie Richard mir angeboten hatte, ihn beim Vornamen zu nennen und schmunzelte innerlich darüber, dass er das vermutlich zu gerne zurücknehmen würde.

Katherine, Silas Mutter, nahm gegenüber von mir Platz. Silas und Richard jeweils an einem Kopfende und sobald wir saßen, wurde das Essen serviert. Als Vorspeise brachten sie uns Suppe - genau das richtige in dieser fröstelnden Atmosphäre. 

"Also dann, guten Appetit", sang seine Mutter und wir verbrachten die ersten Minuten schweigend, lediglich das leise Klirren des Bestecks war zu hören. 

Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir genau so weiter gemacht, doch Katherine leitete das Gespräch zwischen Vorspeise und Hauptgang damit ein, dass es eine Menge Themen gab, die wir besprechen mussten. 

"Melody, als deine Schwiegermutter ist es meine Pflicht, dir alles beizubringen, was du über unsere Gesellschaft wissen musst" Seine Mutter sah mir dabei mit den selben leuchtenden Augen ins Gesicht, die ihr Sohn von ihr geerbt hatte. Sie waren entwaffnend und gefährlich, diese Frau könnte meine Freundin oder mein schlimmster Albtraum werden. 

"Das ist sehr nett von Ihnen, vielen Dank", antwortete ich höflich und rang mir ein Lächeln ab. Sie machte eine zufrieden Kopfbewegung, dann wandte sie sich an Silas.  

"Wir müssen darüber sprechen, wie es schulisch für sie weitergeht", sie sprach nicht mit mir, sie sprach über mich und ich umklammerte schutzsuchend die Serviette auf meinem Schoß. 

"Alles ist nun ein wenig anders, da du.. ein wenig jung bist", erklärte sie weiter, blickte zwischen uns hin und her, "Im Grunde solltest du bereits mit der Schule fertig sein, doch du hast noch 1 1/2 Jahre, wenn ich mich recht entsinne?" Silas bestätigte ihre Frage mit einem Nicken.  

Mich überkam ein ungutes Gefühl, das mir den Magen zuschnürte. Hier ging es um meine Zukunft, meinen Bewegungsrahmen in dieser Ehe. 

"Du wirst von nun an zu Hause unterrichtet werden", erklärte Silas und verkleinerte diesen Rahmen schlagartig so sehr, dass ich meinen Löffel fallen ließ. "Was? Nein, ich gehe übermorgen wieder in die Schule, das ist..." Sein eindringlicher, warnender Blick nahm mir die Worte aus dem Mund. Ich brach den Satz auf, lehnte mich schweigend nach hinten. 

Richard räusperte sich, lenkte die Aufmerksamkeit auf die andere Seite des Tisches. "Schule ist von nun an nicht mehr deine Priorität, meine Liebe", seine Stimme triefte vor Arroganz und sein triumphierender Blick gab mir zu verstehen, dass das nur die Spitze des Eisberges war. 

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenWhere stories live. Discover now