Kapitel 67

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( M e l o d y )

Das nächste Mal, als ich die Augen öffnete, war es weit nach Mitternacht.

Müde und desorientiert hob ich den Kopf, lag immer noch in seinen Armen. Silas saß mit dem nackten Oberkörper gegen das Kopfende gelehnt auf dem Bett.

"Hey", murmelte ich überrascht, dass er noch da und wach war. "Hey", antwortete er mit müder Stimme. Er griff nach seinem Pullover, der neben ihm lag und reichte ihn mir. "Zieh den an, ich glaube die Heizung ist ausgefallen"

Ich nahm den Pullover, zog ihn mir unbeholfen über den Kopf und brauchte seine Hilfe, um an den richtigen Stellen wieder rauszukommen. "Danke", murmelte ich, kuschelte mich schnell wieder unter die warme Decke.

"Tut mir Leid, dass ich auf dir eingeschlafen bin", sagte ich als mein Verstand etwas klarer wurde.

"Entschuldige dich nicht dafür, Darling. Ich werde heute sowieso nicht schlafen" Das gelbe Licht der Nachttischlampe strahlte seinen Oberkörper an, hob die Muskeln, die Tattoos und die Narben hervor.

"Aber warum nicht? Wir können eine Kissenwand zwischen uns bauen, dann kannst du auch hier schlafen, das Bett ist groß genug"

Ein Schmunzeln huschte über sein Gesicht.

"Eine Kissenwand also", wiederholte er amüsiert. "Ich werde nicht schlafen, weil ich meine Tabletten nicht nehmen werde."

Ich schluckte schwer. Das war der zweite Tag in Folge, an dem er sie nicht nehmen würde und bisher wusste ich nicht, wie sich das auf ihn auswirken könnte.

"Willst du sie nicht mehr nehmen?"

Er zog mich an sich, verschränkte unsere Hände miteinander. "Doch, aber ich brauche meinen Verstand aktuell so, wie er ist wenn ich sie nicht nehme"

Die Stille in dem Raum übernahm die Kontrolle. Sie lagen beieinander, hörten unserer Atmung zu. Silas Geruch umhüllte mich, er roch immer nach Strandurlaub und Vanille. Es war mein absoluter Lieblingsduft.

"Wie ist es für dich, wenn du die Tabletten nimmst?", fragte ich nach einer Weile.

Silas starrte nachdenklich an die Decke.

"So wie wenn du in der Badewanne liegst und ein Stück runterrutscht, du deinen Hinterkopf und die Ohren ins Wasser tauchst", begann er, "Du hörst die Außenwelt nicht mehr, nur noch deinen eigenen Puls und das wirkt irgendwie beruhigend. Doch du bist nicht richtig im Wasser und deshalb kannst du nicht vollständig loslassen"

Ich wusste genau, was er meinte. Es war bloß so etwas wie ein Filter.

"Wie lange nimmst du sie schon?" Ich fragte vorsichtig und so wertfrei wie möglich, wusste nicht, ob Silas bereit war, mit mir darüber zu sprechen.

Silas rutschte ein Stück runter, lehnte seinen Kopf gegen das Kopfende und spielte mit unseren verschränkten Fingern. "Eine Weile", seufzte er. "Ich habe vor ein paar Jahren damit angefangen, immer mal wieder eine zu nehmen. Seit dem du über die Ferien bei mir warst, nehme ich sie jeden Tag"

"Damit du mir im Schlaf nicht wehtust? Aber wir schlafen doch meist gar nicht zusammen" Irritiert hob ich eine Augenbraue.

"Damit ich dir nicht wehtue... nicht nur im Schlaf", gab Silas verbittert von sich. Ich schüttelte leicht den Kopf, konnte nicht glauben, was ich da hörte.

"Aber das würdest du nie tun", flüsterte ich und sah ihm direkt in die Augen.

Er verzog nachdenklich den Mund, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. "Ich würde dir niemals vorsätzlich wehtun, nein"

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenDär berättelser lever. Upptäck nu