Kapitel 35

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( M e l o d y )

Mein Körper spielte vollkommen verrückt. Es fühlte sich an, als würde ich unter Strom stehen und zugleich war ich so ruhig wie nie zuvor.

Silas schien es genau so zu gehen. Er hatte einen so ruhigen, seligen Ausdruck auf seinem Gesicht und ich versuchte mir das Bild von ihm für immer einzuprägen. Wie er neben mir lag, nur in Boxershorts und den Arm um mich gelegt. Die Decke lag nur halb auf ihm, gab seine Wunden und Narben frei, doch das störte mich nicht. Es machte ihn kein bisschen weniger attraktiv.

Wir waren beide eingeschlafen. Silas erwachte vor mir, er zuckte und hob erschrocken seinen Oberkörper, als hätte er einen Albtraum gehabt. Danach versteifte sich sein ganzer Körper und er schaute mich an wie ein Fremdkörper in seinem Bett.

"Es ist alles gut. Ich werde gleich gehen", sagte und er brauchte einen Moment, um sich zu beruhigen.

Ihn so zu sehen, tat mir unfassbar Leid. Auch wenn ich es ihm nicht zeigte - denn ich konnte mir vorstellen, dass er Mitleid überhaupt nicht mochte - fragte ich mich, wovon er wohl geträumt hatte. Es gab genug Dinge in seinem Leben, die im Schlaf einen Albtraum verursachen konnten.

"Du kannst ruhig noch bleiben", murmelte er halbherzig und ich nahm es ihm nicht übel. Er wollte mich nicht verletzen. Doch auch ich brauchte den Abstand bevor es am nächsten Tag wieder in die Schule ging.

"Ist schon okay, Silas", lächelte ich und strich ihm über den Oberarm. Sein Blick folgte meiner Hand. Er war immer noch furchtbar angespannt und ich entschied, mich direkt auf den Weg in mein Zimmer zu machen.

Als ich aufstand, tat er es mir gleich. Ich sah mich ein letztes Mal unauffällig in seinem Zimmer um, würde es vermutlich nicht noch einmal zu Gesicht bekommen.

Sein Zimmer erinnerte mich an ein Hotel. Es war sehr schlicht, wenig persönliche Gegenstände und in Farben wie grau, blau und weiß gehalten. Ein starker Kontrast zu den anderen Zimmer, besonders das Wohnzimmer, das so gemütlich war, wie die in den Zeitschriften, die ich früher so gerne angesehen hatte.

Ich hob meine Klamotten von dem Boden auf, wollte gerade das Shirt ausziehen, als Silas eingriff und es wieder herunter zog. "Nimm es ruhig mit", sagte er sanft und ich nickte.

Wir standen da, sahen uns in die Augen, ohne dass einer von uns etwas sagte. Es fühlte sich komisch und ein dumpfes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. Silas versuchte sie diesen Moment eben so einzuprägen, wie ich.

Seine Hand wanderte in meinen Nacken und er zog mich näher an sich. Sein Blick war undurchdringlich, als er mich küsste. Fordernd, leidenschaftlich und so, als würde er ohne meine Lippen ertrinken.

Als seine Lippen von meinen verschwanden, wurde mir plötzlich ganz kalt.

"Gute Nacht", flüsterte ich den Tränen nahe. "Schlaf gut, Melody", antwortete er und als seine Hand von meinem Nacken glitt, strich er ein letztes Mal über meinen Oberarm.

~

( S i l a s )

Melody fuhr am nächsten Morgen alleine zurück zum Internat.

Müde und mit einem Kaffee in der Hand sah Silas dem Auto nach, welches sie dorthin brachte.

Silas hatte in der vergangenen Nacht kein Auge zugemacht. Er fühlte sich merkwürdig. Auf der einen Seite war es eine Erlösung, endlich zu sehen, wie Melody unter seinen Händen kam, sich ihm vollkommen hingab. Auf der anderen Seite hatte ihm die Intimität, diese Nähe zwischen ihnen, einen erneuten Schlag in die Magengrube verpasst.

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenWhere stories live. Discover now