*(52) Auslösen*

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Zu sehen, dass du etwas in ihm auslöst, löst etwas in dir aus

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Nur kurz, nachdem Damian und ich uns an den Tisch gesetzt hatten, kam Nick ins Esszimmer und meinte, er müsse etwas klären und wir sollen ohne ihn essen.

"Er ist total gestresst", meinte Damian, sobald die Tür hinter Nick zugefallen war.

"Selbst wenn man gestresst ist, kann man sich eine Minute Zeit nehmen, um eine Nachricht zu schreiben."

"Vielleicht wusste er nicht, was er sagen soll", vermutete Damian, während er sich über das Fleisch hermachte.

Ich wollte ihn nicht darauf hinweisen, dass es so klang, als wolle er Nick in Schutz nehmen.

"Dann kann er sagen, dass er nicht weiß, was er sagen soll", hielt ich dagegen. "Wenn du so viel Zeit mit jemandem verbracht hast und intime Momente mit ihm geteilt hast, kann es nicht so schwer sein, ihm zu sagen, was in dir vor sich geht. Außer er ist dir egal."

"Weiß nicht." Damian würgte ein großes Stück herunter, bevor er weiterredete. "Nicht jeder ist dazu im Stande, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Manchmal ist, was sich da in einem verbirgt, schlimmer als alles, was man anderen antun könnte."

Ich schob meine Hand über den Tisch und legte sie auf seinen Unterarm.

Viel zu oft vergaß ich, dass Damian schlimme Jahre hinter sich hatte. Er wirkte so aufgeschlossen und verspielt, seit wir befreundet und vor allem seit wir zusammen waren. Ich konnte fast nicht glauben, dass er die selbe Person war, die ich vor ein paar Monaten noch für einen unerreichbar und unergründlich gehalten hatte.

Selbst in Momenten, in denen er nachdenklich oder betrübt wurde, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass er einmal an dem Punkt gestanden hatte, an dem er versucht hatte, sich umzubringen. Immer und immer wieder.

Er hatte es damals als Fluch angesehen, dass das Tier in ihm in jedes Mal geheilt hatte. Er hatte so geklungen, als sei seine Fähigkeit, sich in Raubtiere zu verwandeln, ein alter Ego, das ihn kontrollierte.

Ich hatte das geglaubt, genauso wie er. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto weiter veränderte sich mein Bild davon.

Nur weil er keinen Zugang zu seiner Seite von sich hatte, hieß es immerhin nicht, dass sie nicht zu ihm gehörte. Sie beschützte ihn, wenn er sich verletzte und sie kam heraus, wenn er mit seinen Gefühlen nicht zurecht kam.

Und trotzdem hörte Damian sich so an, als wäre da etwas Böses in ihm.

"Damian?"

Er hob den Kopf und schaute mich fragend an, während er kaute. Dass ich nicht einmal zu essen angefangen hatte, hatte er die gesamte Zeit über nicht bemerkt.

"Ich liebe dich."

Obwohl seine Wangen vollgestopft waren, lächelte er. Es sah witzig aus.

"Damit meine ich alles von dir", machte ich ihm klar. "Selbst Seiten, die ich gar nicht kenne und auch welche, die du noch nicht kennst."

"Warum sagst du das so random?" Er legte sein Besteck zur Seite und nahm meine Hand, die auf seinem Arm gewesen war, in seine.

"Ich will nur, dass du es weißt."

Er hauchte mir einen Kuss auf die Finger. "Keine Ahnung, worüber du nachgedacht hast, aber falls du Angst hast, dass ich jemals sowas abziehen werde wie Nick, kann ich dich beruhigen. Du wirst mich nicht los."

Ich musste lächeln. "Versprochen?"

Er nickte, ebenfalls lächelnd. "Sowas von versprochen."

Er hielt meine Hand fest in seiner, während er die andere wegnahm, um sie in die Luft zu heben. "Ich schwöre auf meinen wundgefickten Arsch."

wild (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt