*(28) Frust*

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Du bist seine Tränen nicht wert.

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Für viele war die Party ein Reinfall gewesen. Sie hatte gut angefangen. Finn und ich hatten Nick auf der Bahn herumgeführt, ihm die Bikes gezeigt und die Bar zusammen partytauglich gemacht. Obwohl es arschkalt gewesen war und keine Rennen geplant waren, kamen viele Leute.

Mir gefiel der Anblick der bunten Lichterketten und der vereinzelten Feuerstellen. Die Musik war gut und es keine Probleme mit den Idioten von unserer Schule. Dazu war die Anwesenheit von Finns Vater zu einschüchternd.

Bevor ich Emil richtig kennengelernt hatte, hatte ich auch Angst vor ihm gehabt: Er war riesig, breit, glatzköpfig mit Vollbart, trug grundsätzlich nur Flanellhemden, die ihm zu eng waren, und krempelte diese immer zu den Ellenbogen hoch, sodass man seine Tattoo-Sleeves sah.

Für Menschen, die ihr Urteil an Klischees orientierten, war er jemand, mit dem man sich nicht gern anlegte.

Finn erzählte Alisha und mir am Montagmorgen detailliert von Nicks Kennenlernen mit ihm.

„Mein Dad hält Nick für einen totalen Waschlappen! Sein Händedruck war ihm zu schwach, seine Haut zu weich und seine Nägel zu sauber. Ich war nur so ja: „Ja, Papa, willst du, dass er mir schmutzige und raue in den Arsch schiebt?" Dann hat er zumindest Nicks Hände in Ruhe gelassen. Aber es ging weiter mit seinen Armen. Viel zu dünn, laut meinem Dad. Ich habe ihn noch nie so viel an Äußerlichkeiten von jemandem rummeckern hören. Ich habe echt keine Ahnung, warum er überhaupt daran denkt, wie mein Freund aussieht. Er muss ihn ja nicht ficken."

„Für mich klingt das so, als hätte er nach etwas gesucht, über das er sich beschweren kann", meinte Alisha nachdenklich.

„Er hat auch genügend gefunden. Als Nick meinte, dass er auf Tierprodukte verzichtet, hat mein Dad mich richtig vorwurfsvoll angeschaut. Es juckt ihn einen Scheiß, wer Nick als Mensch ist und wie gut er mir tut."

„Oder er sieht es sehr wohl und hat Angst davor, was es bedeutet."

„Dass ich glücklich bin?", fragte Finn aufgebracht. „Ja, wie schrecklich! Ich werde nicht für immer bei meinem Dad bleiben und zusammen mit ihm auf seiner Bahn versaue- oh."

Alisha klopfte Finn stolz auf die Schulter. „Du hast es gecheckt. Glückwunsch."

Lange bevor wir das Thema fertig durchgekaut hatten, sah ich Nick auf den Parkplatz fahren und wies meine Freunde darauf hin, dass wir Gesellschaft bekommen würden. Das Gespräch verstummte damit, auch, wenn Finn so aussah als hätte er noch redebedarf.

„Guten Morgen, zusammen!", warf Nick in die Runde, als er bei uns ankam, und setzte sich zu Finn auf die Bank. „Hey, Schnuffi."

„Hey", gab Finn leise zurück. Er lehnte sich an Nick, war aber mit den Gedanken woanders.

Damian ließ sich neben mir nieder und schob mir, ebenso wie Nick Finn, eine Begrüßung zu. Nur, dass Damian sich nicht die Mühe machte, sich davor an alle zu richten. „Hey."

„Hey. Wie war dein Wochenende?"

„Anstrengend." Er legte seinen Kopf auf meine Schulter und ließ seine Augen zufallen.

„Müde?"

Ein zustimmendes Brummen von ihm. „Lass mich kurz schlummern."

Wir hatten nicht mehr viel Zeit bis zum Beginn der Stunde, doch ich gab Damian jede mögliche Sekunde, um sich an meiner Seite auszuruhen.

Erst in der Pause startete ich einen weiteren Versuch, herauszufinden, wie er sein Wochenende verbracht hatte. Ich war ein neugieriges Wesen. Ich musste wissen, was er getan hätte, während wir nicht zusammen gewesen waren. Höchstwahrscheinlich war das Teil meiner Obsession.

wild (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt