*(24) Abgefuckt*

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Er behandelt dich gut. Vielleicht kannst du irgendwann anfangen zu glauben, dass du das wert bist.

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Es war eine ähnliche Situation wie noch vor ein paar Tagen in Damians Zimmer. Wir saßen auf meinem Bett, ich hielt seine Hand und er schaute auf die Stelle, an der wir uns berührten. Nur, dass wir diesmal sehr lange nichts sagten. Wir waren einfach zusammen, hingen unseren Gedanken nach. Ich wusste, dass seine etwas mit mir zu tun hatten und er wusste, dass meine etwas mit ihm zu tun hatten. Mit ihm und Spence.

„Vermisst du ihn?", fragte ich irgendwann leise.

„Manchmal ein Bisschen. Dann fällt mir ein, was für eine Scheiße er abgezogen hat und ich bin froh, ihn los zu sein."

„Glaubst du, er vermisst dich?"

Damian schnaubte belustigt. „Er hat wahrscheinlich schon längst vergessen, dass ich existiere. So ist er. Er sucht sich irgendwas, das ihm gefällt, fixiert sich so krass darauf, dass es für ihn nichts Anderes mehr gibt und wenn es nichts Neues mehr zu entdecken gibt, lässt er es links liegen und sucht sich etwas Neues. Ich kann froh sein, dass er gegangen ist, bevor die Verwandlungen ihm nicht mehr genug waren und er auf die Idee gekommen ist, mich lebendig zu sezieren."

„Er klingt so liebenswert."

Damian zuckte mit den Schultern. „Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ein Teil von mir hat es, glaube ich, gebraucht, dass er mich... wollte."

Ich will dich.

„Ich glaube nicht, dass er sehr schnell genug von dir gehabt hätte", überlegte ich.

Er schaute mich kritisch an.

„Egal, was er wie rausgefunden hat, ich bin mir sicher, dass er weit davon entfernt war zu verstehen, was mit dir passiert. Und vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig. Wichtig ist, wie es dir damit geht. Und da hast du Fortschritte gemacht. Du hast keine Blackouts mehr. Du kannst dich an die Verwandlung erinnern und daran, was passiert ist, während du ein Tier warst. Du hast mich erkannt. Du hast dich nicht mal ansatzweise wie eine wilde Raubkatze verhalten. Du hast sogar gemerkt, wann du dich zurückverwandelst und dann hattest du deine Tasche bereit und wusstest, dass du erstmal etwas trinken musst. Das Alles hilft dir nicht, zu verhindern, was passiert, aber es gibt dir ein bisschen Kontrolle. Und, wenn du dich mehr damit auseinandersetzt, in deinem Tempo und zu deinen Bedingungen, findest du vielleicht einen Weg, auch die Verwandlungen selbst besser in den Griff zu bekommen."

„Das klingt alles so einfach aus deinem Mund", sagte er leise, mit dem Blick auf unseren Händen.

„Ich werde nicht behaupten, ich könnte mir vorstellen oder auch nur ansatzweise verstehen, wie es dir damit geht. Aber ich kann zuhören und je mehr du mir erzählst, desto weiter steigen meine Chancen, hilfreich zu sein. Und wenn es nur daran liegt, dass du mit den ganzen Scheiß nicht alleine bist."

„Warum solltest du das wollen?" Damian sah in meine Augen. „Du musst dich damit nicht auseinandersetzen. Du kannst ein stinknormales Leben führen."

Er hatte keine Ahnung, wie falsch er lag. Wie lange ich schon versuchte, „normal" zu sein und ein Leben zu führen wie jeder andere. Und wie verdammt schwer mir das fiel.

„Ich habe es satt so zu tun als wäre nicht alles an mir und meinem Leben absolut abgefuckt. Ich will nicht mehr versuchen, normal zu sein. Mit dir zu reden gibt mir zum ersten Mal das Gefühl, ich müsste das gar nicht."

„Weil ich noch abgefuckter bin als du?"

Ich schmunzelte. „Du kommst nah dran, aber mir kann keiner das Wasser reichen."

wild (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt