10.°Messerschnitt°

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10.

Ich wache aus meinem Flashback auf, da ich sehe, dass William mich mustert. Und mir ist es sehr unangenehm. Ich drehe mich zu ihm, doch er starrt mich noch immer ohne Schamgefühl an. Das könnte man ja zu Fremdscham einfügen.

»Ist was?«, sage ich nun leicht zynisch. Er zieht die Brauen zusammen und schaut mich dann mit schief gelegenem Kopf an.

»Nein.«, erwidert er kühl und dreht sich ruckartig um.

»Können wir reden?« Er schweigt.
Er kann sich aber nicht vor allem drücken, und erst recht nicht vor mir.

»Ich meine es ernst.«, werde ich nun etwas lauter, doch William bleibt noch immer umgedreht.

»Du läufst immer, wirklich immer vor deinem Problemen weg, William.«, rede ich einfach weiter und kann sehen, dass er leicht sein Kiefer anspannt.

»Du hast es gesagt; ich laufe vor meinen Problemen weg und du bist mein Problem!« Er redet so giftig, dass es mich beinahe erschaudern lässt. Ausserdem
hat er sich umgedreht und seine Augen sind dunkler als sonnst.

»Was habe ich denn gemacht?«, frage ich mit Nachdruck und Verzweiflung.

»Das müsstest du am besten wissen!«, zischt er und kommt einen Schritt auf mich zu. Er wirkt bedrohlich, das muss ich zugeben.

»Und was ist, wenn ich es nicht weiß?«, die Verzweiflung lungert in meinen Stimmbändern herum. Ich muss gegen die ankommenden Tränen ankämpfen, da ich nun wirklich nicht noch einmal wegen diesem Jungen schwach werden will.

»Dein Pech.«, beantwortet er mir meine Frage und schaut dann auf den Boden. Ich kann nicht eine Emotion in seinem Blick erkennen und das macht mich traurige. Unsere Freundschaft war ihm ja richtig egal.

»Dir war alles scheiss egal, oder?«, will ich wissen, da mich es wirklich interessiert.

»Mir? Willst du mich verarschen?« Er wird lauter und schaut mich mit einem Blick an, der mich beinahe töten kann.

»Nein! Willst du mich verarschen? Ich habe doch gar nichts gemacht und du machst aus heiterem Himmel Kontakt Abbruch!«, beschuldige ich ihn, während meine Stimme zittert. Vor blanker Wut.

»Und wie du was gemacht hast!« Er spuckt diese Worte so, als ob ich Dreck wäre.

»Sag mir doch einfach was!«, protestiere ich, aber er bleibt stumm.

»Sag mir wenigstens, ob ich dir egal war oder nicht!«, stelle ich ihm die nächste Frage, aber auch bei dieser bleibt er stumm.

»Ich wusste es.«, ich lache auf und es hört sich so an, als ob ich weine und zugleich etwas amüsanten passiert ist.

»Nein, du weißt nichts!«, ertönt wieder seine Stimme und ich schaue auf.

»Wie du meinst.«, sage ich provokant und drehe mich ebenfalls um.

»Wie ich meine? Ist das dein Scheiss ernst?«, will er wissen und Ich nicke.

»Ja, und ich verstehe dich einfach nicht!« Meine Augen füllen sich mit Tränen und ich kann nichts mehr gegen sie tun.

»Wenn du wüsstest.« Er rollt mit den Augen, was für mich ein Messerschnitt ist.

»Wenn du wüsstest.«, sage ich das gleiche, während er verzweifelt auflacht.

»Du weißt nichtmal was ich meine!«, erwidert er und ich zuckte zusammen.

»Aber du solltest wissen was ich meine? Dass ich nicht lache. Deine Reaktion beantwortet schon alles. Dir ist und war alles komplett scheiss egal! Du hast mich von vorne bis hinten nur belogen und gesagt, ich sei deine beste Freundin. Aber seine beste Freundin behandelt man anders! Man erpresst sie nicht mit Kontakt Abbruch oder fängt unnötig Streit an! Ich weiß wirklich nicht, wieso ich mit dir befreundet war..«, zum Ende hin wurde ich leiser und bereue es auch zum Teil. Nein, was für bereuen?

Ich hoffe er trifft genauso einen Menschen wie sich selber und erlebt dann den schlimmsten Horror den es gibt.

»Nerv mich einfach nicht. Ich habe dich noch nie belogen, komm hier nicht mit unnötigen Sachen. Ich habe genug Gründe für meine Tat.« Ich soll ihn nicht nerven? Sorry, wenn er mir wichtig ist.

»Und ich will doch nur deine Gründe erfahren!« Er fährt sich durch seine Haare und tritt gegen seine Couch. Ich erschrecke mich und trete paar Schritte nach hinten.

»Was helfen dir diese Gründe? Ich habe den Kontakt abgebrochen, für immer. Verstehst du sowas nicht? Ich brauche so eine wie dich nicht in meinem Leben, verdammt!« Das verdammt schreit er am Ende und ich kriege leichte Panik. Er hat mir mal von paar Wutausbrüchen erzählt die er haben kann, wenn ihn etwas belastet oder sehr nervt. Nur hoffe ich, dass er sie im Laufe der Jahre unter Kontrolle hat.

Trotzdem bin ich noch immer empört und schaue ihn erschrocken an. »So eine wie mich?«, frage ich und raufe mir die Haare.

»Ja, so eine wie dich! Ich wusste von Anfang an, dass du so eine bist!« Er wusste es von Anfang an?

»Oh nein! Ich habe dich in der Schule in Schutz genommen und nicht einmal dafür hast du mir jemals gedankt.« Er schüttelt den Kopf. Ich hätte nie gedacht, dass das ganze so außer Kontrolle gerät.

»Soll ich mich etwa jetzt bei dir bedanken? Okey, wie du willst. Danke, dass du mir mein Leben versaut hast!« Ich gucke ihn enttäuscht an und mehrere Tränen laufen aus meinen Augen.

»Wieso dieser ganze Stress? Du bist es nicht wert. Nicht wert, dass ich um dich Kämpfe!«, sage ich, ehe ich aus der Tür fliehe und runter renne. Mit einem
Gesicht voller Tränen ziehe ich mir so schnell wie es geht meine Schuhe an und renne außer Haus. Ich will nie wieder dieses Haus betreten. Nichtmal in meinen schlimmsten Träumen!

WilliamWhere stories live. Discover now