39.°Brief°

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39.

Lachend sitze ich im Unterricht und höre dem Lehrer zu, der gerade Ruby blöd anmacht. Und nein, ich lache nicht, weil Ruby blöd angemacht wird, sonder weil sie einen lustigen Kommentar zum Outfit des Lehrers abgeben hat. »Ich fasse es nicht! Sie haben keine Erziehung, kann das sein?«, fragt er Ruby, doch diese zuckt nur mit den Schultern. »Tja, ich bin halt Einzelkind.« Er schnaubt und so geht es nun noch weiter mit den Kommentaren und Kontras. Wie ich die Stunden liebe.

°°°

»Ruby! Warte mal.«, sage ich schnell, doch diese greift nach den Riemen ihres Rucksackes und will schnell verschwinden. »Nix da!«, meine ich ernst und sie seufzt ergeben. »Was willst du, Alexis?« Ich schaue sie traurig an. »Mit Dir reden. Ich will nicht, dass Sie unsere Freundschaft zerstört.« Ruby verdreht die Augen. »Sie hat es aber schon geschafft und jetzt Tschüss!« Ich starre ihr hinterher und kann es nicht fassen.

Sie macht ja wirklich jedem eine Kopfwäsche.

»Alexis!« Ich drehe mich um und sehe Franz auf mich zukommen. »Hay!«, sage ich fröhlich und schaue ihn an. »Ich will Dir das geben.« Er überreicht mir einen Zettel, worauf mein Name in schönster Schrift geschrieben ist.

Für ein bezauberndes Mädchen, Alexis Rutherford.

»Das lag letztens in Literatur auf der Fensterbank und ich habe gedacht, dass das für dich ist. Ich weiß nicht, was drin steht, aber anscheinend ist es sowas wie ein Liebesbrief.« Ich lächele ihn lieb an und ziehe ihn in eine Umarmung. »Danke, wirklich.« Er winkt ab und geht.

»Bubu!« Kommt die nächste auf mich zu. »Uh, was hast du denn hier?« Sie entreißt mir den Brief und wackelt mit den Augenbrauen. »Lust ihn zu öffnen?« Ich nicke und zusammen gehen wir raus und in den kleinen Park, wo ich das erste mal Aidan getroffen habe.

»Öffne schon!«, quengelt Ava. »Chill your base.« Ich nehme den Brief zur Hand und öffne ihn, ungeschickt.

Hey Lexi, oder soll ich lieber schreiben ,Liebe Lexi'? Was auch immer.
Hier ist William. Für dich auch eigentlich Will, aber so nennest du mich ja nicht mehr.
Uhm, ich schreibe das gerade in der Literatur-Stunde und du sitzt nur etwas vor mir. Schräg, nicht? Wir sollen einen Brief an jemanden schreiben, den wir vermissen. Ich vermisse dich. Ich denke, dass merkt man auch.
Gott, bin ich eine Pussy geworden.
Und alles nur wegen dir! Ich wollte nur sagen, dass ich denke, dass du mich bald auch vermissen wirst. Noch mehr, als du es wahrscheinlich jetzt schon tust und es wird mir unendlich leid tun, tut es jetzt schon. Ich weiß nicht, was du gerade denkst und ob du weißt, was ich damit meine, dennoch will ich dich informieren, dass ich unter Depressionen leide und die Anti-Depressiva-Pille schon nehme. Und sie bringt nichts. Ich werde meinen Psychologen austricksen. Geschickt und mit verstand. Ich werde Schlaftabletten verlangen, weil ich keine Ruhe in der Nacht finde. Na ja, tue ich ja auch nicht, aber das liegt wahrscheinlich an den Drogen und das schreiben wird so langsam anstrengend und meine Sicht immer unklarerer. Es ist schwierig Dir alles von meinem Plan zu erzählen, in einem Brief. Sowas ist schwer, weißt du? Aber hey, du erfährst wenigstens, dass ich Suizid gefährden bin. Überraschung! Egal wann du das liest oder ob du das überhaupt liest, aber egal wann, du wirst zu spät sein. Weder habe ich schon alles und du kannst mich nicht aufhalten oder ich bin schon weg. In dem Brief könnte ich dir alles erklären. Ja alles. Auch was es mit dem Kontaktabbruch auf sich hatte. Aber ich will es nicht, doch da muss ich jetzt durch. Du willst wirklich wissen, warum? Dann viel Spaß, denn ich wollte eigentlich nie mit Dir Kontakt abbrechen, aber es ging nicht anders. Schon früher ging es mir so schlecht und wusste nicht, was mit mir los war. Du hast mich wirklich immer zum Lachen gebracht, wofür ich dir dankbar bin - ich hoffe, das weißt du. Jedoch brachte mich deine Nähe um den Verstand und ich wusste nicht wieso, weshalb ich einen Hass gegen dich aufbaute. Es fing alles damit an, dass wir uns immer näher kamen und ich diese Gefühle komisch fand, viel zu komisch. Ich dachte, dass du mich krank machst und fing an an alles zu zweifeln, was du getan hast. Ich suchte so viele Fehler dir gegenüber, bis ich welche fand und sie in meinem Gedächtnis speicherte. Immer wenn mich etwas an dir gestört hat, habe ich das als Grund genommen, dich nicht mehr zu mögen. Verstehst du was ich meine? Ich habe Unendlichen Hass gegen dich aufgebaut, obwohl ich noch jung war und einfach dumm war meine Gefühle dir gegenüber einzugestehen. Und wie surreal das auch klingen mag, es ist die scheiss Wahrheit und nur wegen meinen Fehlern musste ich dich aufgeben. Du weißt nicht, wie leid es mir tut. Einfach alles tut so unfassbar weh und ich habe auch schon diesen Hass verlassen, aber ich habe immer noch diese Angst, dass es zurück kommen würde, wenn ich bei dir bin. Ich kann das alles nicht riskieren. Ich kann diesen Hass nicht riskieren und deswegen ist es für mich so schwer zu sagen, aber das ist ein Teil der vielen Gründe, wieso ich mich umbringen werde. Der Tag wird so oder so kommen und dann ist es mir lieber selber zu entscheiden wann ich sterbe. Alexis, ich habe dich immer mehr gemocht, als nur die beste Freundin von neben an. Du bist so unfassbar sensibel, aber auch noch naiv. Ich liebe einfach alles an dir. Von innen bis nach außen. Rate mal, wieso ich noch immer das Bild von uns in meinem Zimmer hängen habe? Genau, weil du mir mehr bedeutest, als ich für möglich gehalten habe und das verdrängt habe. Und es klingt wie in einem Roman, aber ich habe mich wirklich in dich verliebt, in meine ex beste Freundin. Und ich musste immer so tun, als ob ich dich hasse, damit du es selber denkst du die Hoffnung auf eine Freundschaft aufgibst, doch dann haben wir plötzlich wieder Kontakt gekriegt und ich konnte mich nicht von Dir fern halten, weil diese Gefühle hochkamen, die ich niemals wieder spüren wollte. Ich habe gedacht, dass ich die Gefühle nicht verdient hätte. Ich habe mich so sehr nach Dir gesehnt und nach deinen Küssen. Ich würde noch gerne so viele andere Sachen mit Dir erleben, aber es ist nun mal zu spät. Alexis, bitte such dir so jemanden wie Ben, vielleicht auch Ben, denn er ist perfekt für dich. Er hat keine schlimme Vergangenheit oder nimmt Drogen, er ist einfach ein toller Freund und in echt bin ich neidisch auf ihn, weil er einfach so einen perfekten Anschein hat. Bleib so wie du bist und freunde dich nicht mit so welchen Huren wie Heaven an, denn du verdienst besseres. Ich zittere die ganze Zeit, weil ich Angst habe. Angst dich zu verlassen und dich nie wieder zu sehen. Selbst der Tod kann mir nicht so viel wie du, denn das Gefühlt was du mit gibst, ist unbeschreiblich. Sei vernünftig. Ich bitte dich nur noch um eins, egal was kommt, vergiss mich nicht, aber breche nicht zusammen, wenn ich nicht mehr da bin. Ich will das nicht von dir. Du bist stark und musst es auch bleiben. Ich wünsche dir noch alles gute im Leben. Ich liebe dich, für immer. ~ Dein William McLeod






[Update: ich habe den Grund für den Kontakt Abbruch geändert, ist jetzt nichtmehr so Klischeehaft. Lots Love, H]
Nur noch ein Kapitel und dann kommt der Epilog! Oh Gott, ich kann's nicht fassen!

WilliamWhere stories live. Discover now