25.°Stimmungsschwankungen°

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25.

»Du kannst auch unten warten, wenn du willst.«, sage ich unsicher und steige aus seinem Auto. »Geht schon. Du wirst mich ja nicht umbringen.«, sagt er schmunzelnd und steigt auch aus.

Wir fahren mit dem Fahrstuhl und ich bin froh, dass der Fahrstuhl kein eingerostetes Ding ist, welches bald einstürzen könnte. Nein, es ist sogar recht groß.

Ich schließe die Tür auf und sehe, dass wir Post gekriegt haben. Ich nehme sie und lege diese auf den Küchentisch, als ich in der Küche angekommen bin.

»Willst du was trinken?«, frage ich mit zittriger Stimme. »Ja.«, erwidert er und ich schenke ihm Cola light in ein Glas. »Danke.« Er nimmt's und trinkt es aus.
»Ich hole mal das Geld.« Somit Verschwinde ich in meinem Zimmer und hole fünf Euro aus meinem anderen Geldbeutel. Ich habe zwei, einen für zuhause und einen für unterwegs und manchmal verwechsele ich sie und das heißt dann, dass ich zu wenig oder zu viel Geld dabei habe.

Zurück in der Küche, finde ich William nirgends.

Huh? Wo ist der denn jetzt?

»William?«, frage ich und höre ein Brummen aus dem Wohnzimmer. Er sitzt auf der Couch und trinkt von seiner Cola, welche er sich bestimmt neu eingeschenkt hat. Ich übergebe ihm die fünf Euro, welche er dankend annimmt. Plötzlich zucke ich zusammen, da von draußen ein Donner ertönt. Oh nein, Gewitter ist immer Scheiße. »Du hast noch immer Angst vor'm Gewitter?« Ich zucke mit den Schultern. »Ich habe keine Angst. Ich mag Gewitter, doch es beeinträchtigt mich ein bisschen mit den Blitzen, dies das. . .«, kläre ich ihn auf.

Nun höre ich auch noch regen herunter prallen und ich verdrehe meine Augen.
Regen ist nicht so meins. »Ich weiß.«, sagt er und guckt auf sein Glas. Und ausgerechnet ich muss meine Gedanken heraus schreien. Gott, Lexi, das Schicksal hat's wirklich nicht gut mit Dir gemeint.

»Willst du warten bis es um ist oder nicht?«, will ich von William wissen, welcher mit den Schultern zuckt. »Vorteilhaft wäre es, wenn ich nicht bei Gewitter fahren müsste. Aber wenn du mich rausschmeißt. . .« Ich schüttele belustigt meinen Kopf. »Ich doch nicht.«, gebe ich theatralisch von mir. Eigentlich sollte es ja eine unangenehme Situation zwischen uns sein. Wegen dem Streit und dem Kuss. Man weiß, was gemeint ist.

»Ich frage nur ungern. Aber wo ist deine Mutter? Es ist bereits Abend und sie war ja immer abends schon zuhause.« Ich hole einmal tief Luft und setzte mich neben William auf das Sofa. »Sie ist im Krankenhaus. Hat Krebs und wurde eingeliefert, weil sie mehrere Frakturen hat. Von wo, weiß nur sie.« Ich spüre seinen Blick auf mir und drehe meinen Kopf zu ihm. Eine Träne kullert aus meinem Auge und ich starre ihn an. »Wieso muss das Leben so hart sein?«, frage ich schluchzend. »Es ist hart, aber es zahlt sich aus.«, sagt er ebenso leise wie ich.
Ein lauter Donner ertönt und ich zucke so heftig zusammen, dass ich auf die Seite zu William Falle.

Er legt sein Glas auf den Couchtisch und zieht mich urplötzlich zu sich hin, so, dass ich auf seinem Schoß sitze und in seine Halsbeuge weine, während er mir den Rücken streichelt. Ich weiß, dass er es nur aus Mitleid tut. Doch das tut gut. Dass dich jemand umarmt, ohne, dass du danach gefragt hast. Es fühlt sich so gut an, dass meine Tränen endlich verschwunden sind und ich von seinem Schoß runter gehe. Ich weiß, dass ich zu schwer bin.

»Danke.« Er schaut mir intensiv in die Augen. »Würdest du es mir übel nehmen, wenn ich dich küssen würde?«, höre ich ihn flüstern und ich kann schwören, dass ich mir das eingebildet habe, aber als ich die Augen aufmache, sehe ich diese Festigkeit und Ehrlichkeit in seinen Augen. »Finde es heraus.«, sage ich deswegen genauso leise und ohne mit der Wimper zu zucken, kommt er näher zu mir und drückt seine Lippen auf meine. Erneut entsteht ein bekanntes Gefühl in meinem Bauch und es kitzelt. Nein, es ist kein kribbeln, wie es jeder beschreibt. Es kitzelt eher stark und breitet sich bis hin zu meinem Brustkorb aus.

Ich erwidere mal wieder, auch wenn ich weiß, dass das wohl eine Scheiss Entscheidung war. Doch im Moment ist es mir mehr als egal.

Ich streichle ihm das Haar aus der Stirn und er zieht mich so auf seinem Schoß, dass ich meine Beine um seine Hüfte Schlingen könnte. Was ich aber nicht tue. Wir küssen uns gierig, bis er sich löst, um nach Luft zu schnappen. Kaum habe ich das gleiche getan, zieht er mich wieder zu sich hin und schenkt mir einen Kuss. Er beißt an meiner Unterlippe herum und ich schaue erschrocken zu ihm. Geht das nicht zu weit, für zwei Menschen, welche Jahre lang keinen Kontakt hatten und auch nie wirklich körperlich etwas miteinander zutun hatten? Ich bin gerade verwirrt, dass ich mich von ihm löse. Ich erkenne, dass er noch nicht genug hat, aber das ist mir gerade egal.

»Warum? Warum ich?«, frage ich nun verzweifelt und er vermeidet seine Augen. Er starrt deswegen meine Lippen an und zischt auf. »Ich habe doch selber keine Ahnung!«, sagt er aufgebracht und zieht mich plötzlich in eine enge Umarmung. »Ich kann das nicht.«, sage ich fest. »Denkst du ich?«, lacht er erbittert auf. »Ich weiß nicht, wieso ich das alles tue.«, setzt er nochmal an. »Ich glaube, ich kann einfach nicht ohne dich.« Ich schlucke schwer. Das kann nicht sein. Wir können nicht einfach wieder von einem Tag auf den anderen best-friends werden.
»Wir können trotzdem so nicht weiter machen.« Er nickt. Natürlich weiß er es. »Wir können es aber auch versuchen.«, setzte ich erneut an und warte auf seine Reaktion. »Das wäre aber keine gute Idee, Alexis.« Ich gehe von seinem Schoß runter und schüttele meinem Kopf. »Ich bin kein Zeitvertreib. Wenn du weißt, was du von mir willst, dann komm und sag es mir. Davor brauchst du nichts zu tuen!« Mein monotoner Ton, zeigt ihm, dass ich keine Witze mache und er steht auf, und zieht seine Jacke wieder an.

Er schaut mich, genauso wie gestern, an und geht zur Haustür. Ich öffne sie ihm und senke meinen Kopf. Er streichelt mir durch das Haar und gibt mir einen Stirnkuss. Danach verschwindet er im Treppenhaus und seine Schritte hallen durch das Treppenhaus.

Seufzend schließe ich die Tür und kann nicht fassen, was ich gerade gemacht habe. Ich habe ihm einen Korb gegeben! Gott, ich bin echt bescheuert. Erstmal um die Freundschaft kämpfen, dann plötzlich meine Meinung ändern.

Stimmungsschwankungen sind bei mir vorhanden.

WilliamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt