16.°Hauptrolle°

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16.

Es ist Dienstag, letzte Stunde. Ich bin aufgeregt und grinse durchgehend. Gleich habe ich Theater. Oder sowas wie ein Vorstellungsgespräch. Keine Ahnung. Auf jeden Fall kann ich mich nicht auf den schönen Unterricht konzentrieren. Ich meine, wieso habe ich auch ein Literaturkurs als Leistungskurs genommen? Klar mag ich lesen, schreiben und das ganze drum und dran, doch trotzdem habe ich mir diesen Kurs anders vorgestellt.

»Wissen Sie die Antwort, Mrs. Rutherford?« Ein lustiger Vorteil, wenn man im Abschlussjahr ist. Man wird mit dem Nachnamen angesprochen. Unsere Vornamen wären zu Persönlich, meinten die Lehrer. Ich gebe schnell die Antwort auf die Frage des Lehrers und träume wieder vor mich hin. Ich gucke mich um und sehe zwei bekannte Gesichter, einmal William - wie auch sonnst - und einmal Benton, kurz Ben. Er war mein erster richtiger Schwarm. Ich war gerade erst auf diese Schule gekommen und dazu noch mit ihm in eine Klasse.

Lustig war es, da seine Cousine früher eine sehr gute Freundin von mir war und ich ihr somit alles anvertraut habe. Auch, dass ich in ihren Cousin verknallt war. Seitdem weiß es die ganze Klasse, aber mir ist es im Moment egal. Okey, ich finde Ben immer noch sehr hübsch und zugegebenermaßen auch noch viel hübscher als früher, aber ich weiß nicht. Sein Charakter ist einer der schönsten, also er ist hilfsbereit, lieb, höflich und das ganze Zeugs. Keine Frage, wenn er mich fragen würde, ob ich mit ihm zusammen sein wolle, würde ich wahrscheinlich ja sagen, da sich neue Gefühle ja immer entwickeln können. Ich schrecke auf, als unsere Klingel klingelt. Jetzt heißt es: ab ins Theater.

Ich sage meinen drei tollen Freundinnen Bescheid, dass ich dort hin gehe und mache mich danach auch auf den Weg. Zufälligerweise treffe ich Aidan, der auch vor dem Theaterraum steht.

»Ist da jemand nervös?«, provoziere ich ihn und er verdreht nur seine Augen. Schließlich nickt er aber dann. Naw, wie süß.

»Wieso gehen wir eigentlich nicht rein?«, frage ich, da ich einfach reingehen will. Als ob ich jetzt warte.

»Wir werden nacheinander aufgerufen und müssen wahrscheinlich fragen oder so beantworten. Alles strukturiert.« Ich nicke und werde nun auch nervös. Was ist, wenn sie mich Scheisse finden? Oder ich nicht die passende Antwort auf eine Frage weiß? Oder..wenn ich zu viel stottere, dass sie mich schon gleich nicht dabei haben wollen? Oh je..

Die Tür geht plötzlich auf und knallt direkt gegen meine Nase. Zischend halte ich meine Nase fest.
»Die kann echt nichts.«, höre ich William beim vorbeigehen murmeln. So langsam reicht's mir!
Ich löchere seinen Rücken voll und hoffe, er verbrennt an meinen Blicken.

»Alexis Rutherford?« Ich zucke zusammen. Jetzt oder nie, denke ich mir nur und lächele schüchtern Aidan an, welcher beide Daumen in die Luft streckt und mich angrinst. Langsam trete ich in den großen Saal ein und schaue mich um. Es ist wirklich wunderschön und tausendmal schöner, als ich mir es vorgestellt habe.

»Setzten sie sich doch.«, ein junger Mann zeigt auf einen Stuhl, welcher quietscht, als ich mich setzte.
»Soo, haben Sie schon Erfahrung im Bereich Schauspielern?« Ich schüttele denk Kopf. »Na ja, nicht wirklich, nur habe ich früher mit zehn auch mal im Theater gespielt.« Die drei Personen vor mir nicken und schreiben sich etwas auf den Zettel.
»Können sie auf Knopfdruck weinen und den Fokus beibehalten?« Ich nicke. »Ja, ich kann beides, nur beim weinen gibts manchmal Probleme.«
»Kennen sie die drei Ebenen und wissen sie was wir mit freeze meinen?« Wieder bejahe ich und so geht es noch paar Minuten weiter.

»Ich muss sagen, sie kennen echt alle Grundlagen. Beeindruckend.« Schüchtern grinse ich und werde dann raus gebeten. »In einer Viertelstunde rufe ich alle auf, die hier teilgenommen haben und gebe dann preis, wer es alles geschafft hat.« Ich nicke und verschwinde dann aus dem Saal.

Mein Magen meldet sich, was heißt, dass ich jetzt in die Cafeteria gehe. Ich bestelle mir schnell eine Butterbrezel und einen Tee. Mit dem Essen und trinken bepackt, gehe ich auf ein Tisch zu und zücke mein Handy.

Wie lief es? <3•

Ich schreibe meiner Mama zurück, dass ich es noch nicht weiß und esse dann alles schnell zu Ende. Bloß nicht zu spät kommen.

Wieder einmal treffe ich Aidan. »Wie lief's?« Er erwidert nur ein gleichgültiges ‚Gut' und fertig war das Thema.

»Nun Leute! Kommt mal alle rein.« Erst jetzt bemerke ich die anderen Schüler. Alle gehen rein und setzten sich auf die vielen Stühle.

»Es haben fünf in den Kurs geschafft, der Rest kann es vielleicht nächstes Jahr nochmal probieren.« Fängt ja schon gut an..
»Alexis Rutherford? Sie haben uns wirklich überzeugt. Sie sind zu 100% drin.« Grinsend gibt er mir paar Papiere in die Hand, welche ich ausfüllen muss. »Aidan Carani, sie haben es ebenfalls geschafft.« So ging es noch mit zwei anderen weiter, bis ich mich verschlucke. »William McLeod, sie sind nun der letzte, den wir reingelassen haben.« Sowas hört man doch gerne. Hust* Ironie *Hust

»Da alle anderen nun weg sind, besprechen wir die Proben.« Jeder nickt. »Na gut, ihr könnt mich duzen, ich heiße Anton. Wir proben zwei mal die Woche. Dienstags und donnerstags, immer nach dem Unterricht. Also 15 Uhr.« Er verteilt Papiere, auf denen Stücke und Rollen drauf stehen. »Dieses Jahr werden wir zwei Aufführungen haben. Bald in 3 Monaten und nochmal kurz vor eurem Abschluss.« Weitere Sachen besprechen wir noch, ehe ich endlich gehen darf.

»Wirst du für die Hauptrolle vorsprechen?«, fragt Aidan, als wir zum Bus laufen. »Wahrscheinlich schon. Und du als der Männliche Protagonist?« Energisch nickt er mit dem Kopf. »Leider kriege ich dann Konkurrenz.« Ich hebe eine Augenbraue.

»William..«, beantwortet er mir meine unausgesprochene Frage.

Theater ist doch immer etwas tolles.

WilliamWhere stories live. Discover now