31.°Go, Lexi!°

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31.

Dank meinen Brüdern habe ich um 2:30 Uhr nachts von meinem Vater eine Standpauke erhalten, wie kindisch es sei, sich so voll zu trinken und dann noch mit einem Jungen rumzumachen, vor allen anderen. Ich habe daraufhin geschwiegen und erst oben die Tränen rausgelassen, welche sich angesammelt haben. Bei einem Familienmitglied bin ich sehr nahe am Wasser gebaut, keine Ahnung wieso. Bei Freunden ist es anders.

Jetzt ist es vier Uhr nachts und in meiner Hand halte ich mein Handy, welches Williams Namen auf dem Display, sowie seine Nummer, zeigt. Ja, ich will ihn anrufen und sagen, wie sehr ich ihn hasse, da er meinen Brüdern gesagt hat, wo ich sei. Doch die Nervosität ist vorhanden. Ich habe vorhin zwei Gläser Wasser geext und bin so gut wie nüchtern. Nur leider bin ich hellwach und schlafe meinen Rausch nicht aus. Wie von selbst drücken meine Hände auf wählen und schon rufe ich William an. Mir recht egal ob er schläft oder nicht. Übrigens rufe ich noch Anonym an, deswegen weiß er nicht, dass ich es bin. Anders kann ich ihn ja nicht anrufen, denn er hat mich ja geblockt. Es ist sowas von kindisch von ihm und so langsam gebe ich die Hoffnung auf unsere Freundschaft auf. Gut, vielleicht ist er mein Schwarm und zieht mich regelrecht an, doch trotzdem kann ich ihm nicht für immer hinterherrennen. Manchmal heißt es einfach mal loszulassen.

»Hallo?«, hallt seine raue Stimme aus dem Hörer.
Mir stockt der Atem, da ich nicht damit gerechnet habe. »William...«, spreche ich schnell und höre dann aber das altbekannte Piepen. Was ein beschissener Arsch. Entschlossen dass ich nicht mehr schlafen gehe ziehe ich mir Schuhe und eine Jogginghose über und öffne speerweit mein Fenster. Jetzt muss ich wieder meine Kletterkünste zeigen, denke ich mir nur und trete auf das Dach, wenn man es so nennen kann. Mein Handy fest in der Hand, schließe ich das Fenster einigermaßen und klettere die Leiter runter. Ein Hoch auf die Leiter!

Ich gehe auf dem Fußweg entlang und genieße die Luft. Zwar hatte ich immer Angst im Dunkeln irgendwo hin zu laufen, doch jetzt ist sie wie weggeblasen. Ich spaziere also einfach mal schön durch mein Stadtviertel, nur um zum Haus meines Ex-Bestenfreundes zu gelangen.

Doch erst jetzt fällt mir auf, dass ich das ja mit William eigentlich hingekriegt hätte, hätte ich ihm nicht einfach ein Korb gegeben. Okey, wow, Alexis! Du hast es mal wieder versaut und jetzt will William erst recht nichts mehr von mir. Ja, nicht nur im Beziehungssinne; Freundschaftlich auch. Oder hat er womöglich einen Grund, warum er so ist, wie er nun mal ist? Ich meine, in dem Moment war ich verletzt und wollte ihm einfach nicht mehr sehen, doch dann kam die ganze Last zu mir und William hat auch seine Meinung gegenüber mir verändert. Toll.

Ich komme vor seinem Haus zum stehen und frage mich jetzt, ob ich klingeln sollte oder ein Stein an sein Fenster werfen soll. Das mit dem Stein kommt mir im Moment logischer vor, also nehme ich einen Stein, gehe ein Stück ums Haus herum und sehe schon das Fenster. Dann muss ich jetzt wohl meine Wurfkraft zeigen.

Go, Lexi! Go!

Ich werfe den einigermaßen kleinen Stein, doch höre kein Glas Geräusch, sondern ein schmerzhaftes stöhnen. Oh scheisse.

»William?« »Alexis?«, fragen wir beide gleichzeitig und schon will ich vor Scham im Boden versinken.
Ich beauftrage einfach Ava, damit sie mit begräbt und meine Beerdigung plant. Joa, gute Idee.

»Was zum Teufel suchst du hier, huh?«, fragt er schnippisch und tritt näher ans Fenster. »Uhm...« Meine Stimme versagt und ich befinde mich in einer Starre. »Was. Willst. Du. Hier?«, fragt er nochmal monoton und betont jede Silbe stark. »I-ich -« Er schüttelt den Kopf, als wäre ich ein Hoffnungsloser Fall.

Bin ich doch auch.

»Geh einfach.«, spricht er mich erschöpft an und ich schüttele energisch meinen Kopf. »Nein!« Ich sehe sein Gesichtsausdruck nicht, aber wahrscheinlich zieht er gerade eine Augenbraue nach oben.

»Was verstehst du unter ,ich will nichts mehr mit dir zutun haben' nicht?!«, fährt er mich an und ich zische auf.

Aua.

»Du wolltest was von mir. Lüg mich jetzt nicht so an wie immer!« Er lacht ironisch auf. »Ich dich anlügen? Hörst du dir selber zu? Du bist die einzige, welche jeden anlügt. Selbst Heaven ist besser als du!«

Nochmal aua.

»Du lenkst ab. Du willst oder wolltest was von mir und schiebst deine Gefühle jetzt beiseite.« Was rede ich da? Er hat nie gesagt, dass er was für mich fühlt.
»Meine Gefühle? Ey, geht's noch? Ich habe nie gesagt, dass ich was für dich fühle. Also, wenn du so lieb wärst, geh und heul zuhause, bevor du hier noch anfängst.«, antwortet er und will grade das Fenster schließen, als ich meinen tollen Konter rauslasse. »Bei deinem Gesicht kann man nicht anders als zu heulen.« Als hätte ich ihm eine Kugel in den Kopf geschossen, zuckt er zusammen und sieht mich - vermutlich - an. Ich sauge die Luft ein und halte meinen Atem an. Keine Ahnung, was er jetzt vor hat, doch er streift sich ein T-Shirt über und schließt das Fenster. Seufzend schaue ich nochmal hoch, doch da bewegt sich nichts mehr.

»Was ein mieses Arschloch. Kann in die Hölle fahren. Das Fegefeuer wäre auch nicht schlecht. Gott, was mache ich mir noch Hoffnungen auf eine tolle Freundschaft?«, ärgere ich mich und trete dann wieder auf den Fußweg. Doch anstatt, dass ich weiter laufe, drehe ich mich um, denn ich habe was gehört.

Horrorfilm, ich komme!

Plötzlich wird mit der Mund zugehalten und ich weite meine Augen, während mich der Fremde um Williams Haus zieht. Ehm, okey? Ich werde losgelassen und schaue dann direkt in das Gesicht meines Entführers. Braun-Grüne Augen?! Ich blinzele einmal um sicher zu gehen, dass wirklich William vor mir steht.

»Du behindertes Schwein!«, sage ich sauer, doch erleichtert, dass es kein Fremder ist. »Ziemlich frech für dein Gesicht.« Ich ziehe vor Überraschung meine Augen hoch. »Lässt der Willy jetzt seine Disse raus?«, frage ich mit klimpernden Wimpern. Er schaut mich böse an und drückt mich gegen die Wand. Als mein Kopf an die Wand stösst, zische ich auf. Und da fällt es mir wieder ein: »Bist du eigentlich Geistesgestört, meinen Brüdern davon zu erzählen, dass ich auf einer Party war und ihnen dann auch noch die Adresse zu geben?«

William hält inne. Als hätte er es schonmal erwartet seufzt er und lässt von mir ab.

WilliamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt