37.°Lösung°

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37.

Wird es nicht zu laut, wenn ich mein Fenster aufschiebe? Oder soll ich einfach durch die Haustür? Aber was, wenn mein hässlicher Bruder, welcher auf der Couch seit einer Woche pennt, mich hört oder sieht? Ja, dann bin ich am Arsch. Weder mache ich durch mein Fenster laute Geräusche oder ich nehme das Risiko auf mich und gehe unten durch.

Doch gut, dass ich nicht gerne Risiken eingehe, deshalb steige ich aus dem Fenster und runter zur Leiter, die . . . weg ist?! Was zur Hölle?

Eine Panik überkommt mich und ich schaue mich paranoid rum, um zu gucken, ob mich jemand beobachtet. Aber nein, keine Menschenseele weit und breit. Als ich mich ergebe und wieder zurück in mein Zimmer gehe, erschreckt mich ein schrilles Geräusch und ein helles Licht.

Was zur verdammten Hölle?

Eine Alarmanlage? Wow, mein Leben ist toll. . .
Ich renne schnell wieder in mein Zimmer und will gerade das Fenster wieder schließen, als mein Vater reingestürzt kommt. »Sag mal, geht's dir noch ganz gut, Alexis?«, schreit er mich wütend an. »Ich wollte nur Luft schnappen gehen, doch dann ging auf einmal die beschi- bescheuerte Alarmanlage an, welche mir neu ist.« Er haut einmal mit seiner Hand auf meinen Schminktisch und schaut mich dann wieder an. »So wollten wir verhindern, dass du aus dem Haus entfliehst, denn deine Brüder haben die letztens weggehen sehen.«

Mit verengten Augen schaue ich die blöden Kreaturen hinter meinem Vater an, die hinterhältig lächelnd. »Ihr seid so welche Arschlöcher!«, zische ich Ihnen zu und schupse beide gewaltsam aus meinem Zimmer. »Ich will nie wieder sowas von Dir hören, sonnst kriegst du gar nichts mehr von mir, verstanden?«, fragt mein Vater mich und ich nicke beeinträchtigt.

»Wir sprechen uns morgen nochmal.« Wieder nicke ich und überlege mir schon mal, wie ich wieder aus dem Haus verschwinden könnte. Einfach durch die Haustür? Jap, mir können die eh nichts.

Nach ungefähr einer halben Stunde warten, schleiche ich mich runter zur Haustür und schließe sie auf, tapse leise nach draußen und schließe sie dann erneut. Das ging ja einfach, denke ich mir überheblich grinsen und hüpfe um drei Uhr morgens durch unser Viertel.
Wie ein Déjà-vu.

Vor seinem Haus bleibe ich stehen und starre kritisch drauf. Scheisse, dass ich nicht weiß, was ich machen soll. Einbrechen? Joa. Zwar würde ich mich strafbar machen, aber für Willy-boy tue ich doch alles, nicht? Nah.

Entschlossen klettere ich an der Hauswand hoch und bin stolz, dass Ränder um die Fenstern gebaut worden wurden, denn sonnst könnte ich mich nirgends abstützen und einfach hochziehen geht mit meinen Nudeln von Muskeln nicht.

Ich stemme mich mit viel Kraft auf Williams Fensterbank und bleibe dort erstmal erschöpft sitzen, während ich mich noch an den Seiten fest halte, um nicht ganz runter zu fallen. Ich schaue rein und entdecke William, mit dem Rücken zu mir gedreht, auf seinem Bett sitzen und irgendetwas mit seinen Händen machen. Plötzlich kommt Qualm zum Vorschein und ich weite erschrocken meine Augen.

Er raucht? In seinem Zimmer? Nur wenn das Fenster gekippt ist und nicht ganz offen? Ihn hat's aber erwischt.

Plötzlich dreht er sich zum Fenster und verharrt auf der Stelle und versucht seinen Joint zu verstecken, doch ich habe ihn schon gesehen. Den verdammten jOiNt!

Wütend schreitet er auf das Fenster zu und zieht es mit einem Ruck auf. »Wenn ich dich runterschubsen würde, könnte ich sagen, dass du versucht hast einzubrechen und ich mich nur gewährt habe.«, sagt er nun gelassen und schaut mich an, während er genüsslich an seinem Joint zieht. Mein Mund öffnet sich automatisch und ich lasse meine Augen über ihn wandern. Ohne es zu wollen fühle ich mein Herz einen Marathon laufen. Er bläst mir den Rauch ins Gesicht und ich verziehe angeekelt mein Gesicht.

»Was kiffst du?«, frage ich ihn nun wütend und schupse ihn nach hinten, damit ich ins Haus reingehen kann. Als ich endlich auf den Boden angekommen bin, schaue ich William mit verengten Augen an. »Hm?«, mache ich nochmal, damit er mit meine Frage beantwortet. »Ich weiß nicht, wieso es dich interessieren sollte.«, sagt er gleichgültig. »Und übrigens: wieso wolltest du bei mir einbrechen?« Ich zucke mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wieso es dich interessieren sollte.«, äffe ich ihn nach und bemerke erst jetzt, dass William auflacht.

»Sei leise, deine Eltern können uns noch hören!«, mache ich ihm klar, wodurch er aber noch lauter anfängt zu lachen. »Meine Eltern sind nicht da und das ist mein Wohnsitz und nicht deiner, also hast du eigentlich kein Recht, hierher zu kommen.« Ich zucke mit den Schultern. »Anders würdest du nicht mit mir reden.« Er hebt eine Augenbraue und schaut mich interessant an. »Wer sagt, dass ich mit dir rede?« Ich grinse und zeige zwischen uns hin und her. »Du redest gerade mit mir.« Seine Mundwinkel heben sich ein kleines Stück, fallen aber wieder. »Ah.«

Nach paar Minuten schweigen, breche ich es. »Wieso hast du mich letztes Wochenende so intensiv gemustert, als müsstest du dir alles von mir einprägen?« Er weitet leicht seine Augen und lässt ein nervösen Seufzer raus. »Alexis, bitte nich-« Ich unterbreche ihn scharf. »Nein! Du beantwortest mit jetzt endlich mal eine einzige Frage, ohne, dass du mich blocken kannst oder irgendwas anderes!« Er schüttelt verzweifelt den Kopf und ich erkenne eine glasige Schicht auf seinen Augen. Oh. . .

»Ich kann dir das nicht sagen. Du würdest das nicht verstehen. Keiner versteht es.« Ich verdrehe die Augen. »Wenn du es mir erklären wü-«, diesmal unterbricht er mich. »Hör zu. Du denkst vielleicht, dass du jedem helfen kannst und aus jedem sein Geheimnis kitzeln kannst, doch so funktioniert Vertrauen und Freundschaft nicht. Würde ich dir vertrauen, dann hätte ich es dir schon längst erzählt und würde auch keine Hintergedanken haben. Aber so ist es nun einmal nicht. Wir haben keine Bindung mehr und das werden wir auch nie wieder haben. Es tut mir ja leid, dass du dir so viel Mühe gibst, alles wieder aufrecht zu bringen, aber es wird nichts bringen oder funktionieren.« Mir entflieht sowas wie ein Seufzen, Stöhnen und Lachen gleichzeitig.

Ich schüttele den Kopf und kann es nicht fassen. Immer wieder mache ich den gleichen Fehler und lerne nicht daraus. Aber vielleicht will ich auch immer wieder den Fehler begehen, bis es eine andere Lösung gibt.

WilliamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt