32.°Selbstschutz°

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32.

William

Ich wollte sie doch nur beschützen. Wer weiß, was Ben alles mit ihr angestellt hätte? Oder auch Aidan oder einfach ein Wildfremder Typ? Die Wut kriecht in mir hoch und ich balle meine Hände zu Fäusten. Ich werde jetzt keinen Wutanfall gekommen. Nicht vor ihr. Nicht vor diesem Mädchen, die früher die Welt für mich war. Doch würde sie das verstehen? Für was bin ich jetzt runter gekommen? Für was tue ich mir das alles an? Für was tue ich mir sie an.

»Es war besser für dich.«, sage ich einen Bruchteil der Wahrheit. Sie kräuselt ihre Stirn und schaut mich mit einem Bösen Gesichtsausdruck an. »Aha.«, kommt es dann monoton von ihr zurück. Ich fahre mir durch die Haare. »Das hier ist alles so antagonistisch!« Sie lacht. »Nein, du bist einfach nur primitiv.«, zischt sie. »Wer ist in wen verliebt? Ich in dich oder du in mich?«, frage ich nun provozierend, doch kalt. Sie stockt und schaut mich finster an. Ihre ebenso braun-grünen Augen sind dunkel geworden und ich erkenne in dem dunklem Licht der Laterne nicht die Größe ihrer Pupille.»Das spielt keine Rolle. Oder doch! Denn du hast mich als erstes geküsst! Als erstes! Sag mir also nicht, dass ich dir egal bin.« Sie hatte recht. Sie ist mir nicht egal, doch es geht einfach nicht. Ich bin nicht in sie verliebt. Das wäre doch absurd, in seine ehemalige beste Freundin verliebt zu sein.

Doch egal wie viele negative Sachen und Fragen ich mir selber stelle, da ist etwas, was da eigentlich nicht da sein sollte. Etwas, was mich sehr unsicher macht. Denn würde ich sie lieben und ihr alles verzeihen, würde sie mir bald nicht mehr verzeihen, wenn ich ihr die ganze Wahrheit sagen würde. Sie würde es nicht verstehen und mich kaputt machen und anschreien, dass ich wirklich primitiv bin. Oder sie würde es akzeptieren und wir beide könnten zusammen die Nostalgie spüren.

»Ich kann dir einfach darauf keine Antwort geben.«

»Natürlich kannst du!«, sagt sie aufgebracht und tritt näher an mich ran. Jetzt wird's schwierig, mich zu kontrollieren. Auf der Party hatte ich mich ja nichtmal im Griff und musste mich beherrschen Ben nicht eine in die Fresse zu hauen.

»Nein, es ist nun mal so.« Sie schüttelt den Kopf.

»Ist es nicht, es geht anders.« Diesmal schüttelt ich den Kopf.

»Wege trennen sich.« Sie runzelt die Stirn, verwirrt von meinem Wechsel.

»Aber sie führen immer wieder zusammen, William.«

»Nicht wenn ein Weg zum Abgrund führt und der andere ins Schöne. In dem Fall warst du der Abgrund und ich konnte mich nur retten, indem ich den anderen Weg ging.« Was eigentlich gelogen ist, denn sie kann meine Rettung sein. Oder konnte es zumindest.

»I-ich habe Dir nie was angetan. Ich habe dich immer vor allen beschützt und doch bist du ein Arschloch und schätzt es nicht wert.« Und wie ich es wert schätze. . .

»Tja, du und ich sind anders. Die Situation ist wie ein Foto. Sie bleibt immer im Gedächtnis, bringt Dir aber im Nachhinein nichts.« Sie schließt die Augen um Ruhe zu bewahren, aber innerlich habe ich sie schon zu explodieren gebracht.

»Ein Foto kann aber auch alles verändern.« Ich schmunzele. »Ja, wenn es ein Nacktfoto ist.« Sie schüttelt den Kopf, hat aber ein Schmunzeln auf den Lippen. Wie gerne würde ich sie jeden Tag zum Lächeln bringen, doch was, wenn ihr etwas wegen mir passieren würde?

»Du weichst ab.« Ich nicke. »Ja, denn es ist egal wie dieses Gespräch ausgeht. Wir werden keine Zukunft haben.«

Und schon habe ich sie wieder zerstört. Zu meiner Verteidigung: ich mache es zum Selbstschutz und Selbstschutz soll ja Vorrang haben. Okey, das ist auch gelogen. Ich mache es wegen ihr, zu ihrem Schutz.

»Aber wir können es doch versuchen!« Ich verdrehe die Augen, damit sie denkt, mir wäre wirklich alles egal. »Wir haben schon viele Jahre zusammen vollbracht und es kam einfach die Zeit, um alles zu beenden, denn alles nimmt sein Ende.«

So wie ich es bald werde. . .

»William.«, sagt sie nun mit flehendem Unterton. »Was?«, sage ich bisschen zu scharf. »Sag mir wenigstens, was ich früher falsch gemacht habe, dass wir jetzt in so eine Lage geraten sind.«

Sie will den Grund wissen? Oder eher die Gründe.
Das geht nicht. Denn wir schon gesagt: sie würde es nicht verstehen.

»Ich habe Dir schon einmal gesagt, dass es nicht geht. Ich mag es nicht mich zu wiederholen.« Aus ihrem Mund kommt sowas wie ein Wimmern und ich kriege Angst, dass sie anfängt zu weinen, denn ich würde auch weinen und ich will nicht, dass sie mich verletzt sieht.

Es war schon genug, dass ich mit Heaven über manche Probleme von mir geredet habe, da kann ich Lexi nicht dazu nehmen. Aus Fehlern lernt man ja. Doch reden tat mir einfach gut. Ich würde gerne mit jemanden reden, den ich nicht kenne. Einfach mal alle sorgen raus lassen, denn ich kann mit keinem reden. Keiner versteht mich oder meine Probleme. Ein Wunder, dass ich gut in der Schule bin, denn sonnst würde ich fliegen. Natürlich aus der Schule und nicht metaphorisch.

»Ich will doch nur bei dir sein und Dir helfen.« Das habe ich schon sooft gehört, dass ich diese Lügen langsam satt habe. »Das sagen immer alle, doch wenn ich dann anfange zu erzählen, kommen alle mit ‚und was ist jetzt das Problem?' oder ‚das sind doch keine richtigen Probleme!'. Mich wird keiner verstehen und tut es auch nicht. Kümmere dich lieber um dich selbst, als um mich.« Sie starrt mich an und ich gehe einen Schritt zurück.

»Ich bin anders.« ja, das weiß ich.

»Nein, das bist du nicht.«

Selbstschutz, rede ich mir ein, aber langsam glaube ich selbst das nicht mehr.




Bald werde ich sehr emotional...

WilliamOn viuen les histories. Descobreix ara