II. Die Fabrikstadt - 1: Die Stadt der Zukunft

76 16 29
                                    

Auf der anderen Seite des Zauns findensich Merlany und Mike in einer menschenleeren Seitengasse zwischenzwei etwas veraltet wirkenden Wohnblöcken. Metallschrott, Müllbeutelund Bauschutt liegen hier verstreut. Die Drohne bewegt sich auf dieAusfahrt zu. Still folgen die beiden ihr, um nur Sekunden späterihren Blick auf die Straßen von Factory Town zu werfen. Eine breiteStraße trennt die Wohngebiete von einander, unzählige Autos undStraßenbahnen ziehen sich durch das Verkehrsnetz. Auf Schienen,welche über die Dächer verlaufen, fahren einige Bahnen.

„Die haben ziemlich viel in ihreInfrastruktur gesteckt, diese Verkehrssysteme sind ja brutal",staunt Mike über die Straßen- und Hochbahnen.

„Das ist immerhin die Fabrikstadt,natürlich kümmern die sich um ihr Verkehrssystem. Zeit ist Geld",erklärt Merlany nüchtern.

Die beiden sehen sich weiter um. Anjedem Eck patrouillieren zwei bis drei Gauntlets. Im Gegensatz zu denStahlfäusten sind diese mit Schusswaffen und einer zusätzlichenMetall-Wirbelsäule, die die Gliedmaßen miteinschließt,ausgerüstet. Mike funkeln förmlich die Augen.

„Echte Exoskelette, diese Dingersollen doch die Zukunft der Kampfführung sein."

Aufmerksam beobachtet Mike dieBewegungen der Patrouillen.

„Das ist die neueste Technologie derGray Gauntlets, damit verstärken sie ihre Körperkraft um einVielfaches. Soweit ich es von Biz mitbekommen habe, sind die nochnicht für Angriffseinsätze geeignet, aber um die Leute der Stadt inSchach zu halten reicht es."

Jetzt müssen sie einen Weg finden,ungesehen der Drohne hinterher zu kommen, die sich in eine Gasse aufder anderen Straßenseite befindet. Leise warten sie das Verschwindender Patrouille ab. Als keiner mehr zu sehen ist, schleichen sieschnell in die nächste Gasse. Jeder Laut würde die beidenauffliegen lassen. Sie befinden sich nun auf hochbewachtem,feindlichem Gebiet. Während die beiden sich hektisch nach der Drohneumsehen, stellen sie fest, wie die Leute ihre Fenster und Rolllädenschließen. Ganz offensichtlich will kein Mensch diese Aktion gesehenhaben. So wie hier Patrouilliert wird, auch nicht weiterverwunderlich. Augenzeuge zu sein bringt bestimmt mehr Ärger, alsjede Aussage wert ist. Mike und Merlany bleiben dicht an der Drohne,bis sie an einer breiten Hauptstraße ankommen. Als die Drohne diesejedoch überqueren will, explodiert sie in einem grellen Feuerwerk.

„Was ist da grade passiert?", fragtMerlany ziemlich perplex.

„Vielleicht haben sie die Drohneentdeckt", antwortet Mike.

„Aber hier fliegen dutzende Drohnenund so Zeug 'rum."

Beide sind sichtlich überfragt, mitdem, was gerade passiert ist, und gehen in der Gasse hinter einemMüllcontainer in Deckung, um die Straße aus sicherer Distanz zubeobachten. Langsam rollt etwas die Straße entlang. Könnte einPanzer oder Lastwagen sein. Es wird mit jeder Sekunde lauter. Eskommt immer näher. Gespannt und kampfbereit starren Mike und Merlanyauf die Straße. Doch was sie dort sehen, reißt ihnen vor Schreckfast die Augen aus dem Schädel. Ein etwa drei bis vier Meter hoher,schwer gepanzerter, auf Panzerketten fahrender, mit Minigun und einerstählernen Hand bewaffneter Roboter, mit der Aufschrift „PALADINMK II", über dem Logo der Gray Gauntlets, einer grauen Faust ineinem Kreis, auf der Brust, fährt auf der Hauptstraße.

„Hast du das Ding gesehen?",flüstert Mike ziemlich aufgeregt, „Das Teil ist ja mega cool.Sowas habe ich noch nie live gesehen."

Merlany kneift ernst die Augenzusammen.

„Dein Ernst? Wenn das Ding uns sieht,dann war's das mit uns."

Mike lächelt leicht.

„Ich weiß, trotzdem fasziniert michdiese Technik"

„Solange du die ‚Technik' nichtanfasst oder sonst wie auf uns aufmerksam machst. Wie geht es jetztweiter, ohne die Drohne wissen wir doch gar nicht wohin. Über dieHauptstraße wollte sie zuletzt, aber danach wissen wir auch nichtweiter."

Mike sieht sich in der Gegend um, nacheinem Weg nach da drüben suchend, bei dem sie nicht über die vielbefahrene Straße müssen. Leichter gesagt als getan. Der einzigsichere Weg führt über die Fußgängerampel. Es sei denn, man ziehtVergnügen daraus, sich an der Schiene eines Schnellzugsentlangzuhangeln.

„Merlany, wir müssen uns für eineMinute unter's Volk mischen."

„Bitte was? Bist du irre, die lassenuns sofort erschießen?"

„Wir müssen uns nur in eine GruppeFußgänger stellen, über die Ampeln, und dann können wir unswieder verstecken."

„Du spinnst doch, Mike."

„Hast du einen besseren Plan?"

Merlany sieht Mike nur ungläubig an.Auch wenn diese Idee nach Selbstmord klingt, ist es die einzigeMöglichkeit, wenn sie nicht ewig in der Gasse feststecken wollen.

Also warten sie auf ein paar Fußgänger,und, wie es der Zufall so will, kommt eine Gruppe von fünf Leutenvorbei, hinter die sich die beiden schnell dazustellen. Einer derfünf drückt den Knopf für die Fußgängerampel. Jede Sekunde, diedie Ampel nicht grün wird, dauert gefühlt ewig. Auf den Fußwegenan beiden Seiten der Straße tauchen nun auch Patrouillen auf.Einfach nicht auffallen, einfach weiter gehen. Jeder Schritt ziehtsich in die Länge. Sie könnten jeden Moment auffliegen. Der andereGehsteig kommt immer näher. Fast da. Und endlich - auf der anderenSeite angekommen, verschwinden die beiden sofort wieder ungesehen ineinem Seitenweg.

„Die haben uns wohl nichtverdächtigt. Trotzdem würde ich es lieber meiden so nah anGauntlet-Wachen dran zu sein", zischt Merlany nervös.

„Hat doch super funktioniert."

Merlany wirft Mike der selberTodesblick zu, wie zuvor SG. Ihm läuft ein kalter Schauer den Rückenhinunter.

„So, aber wohin jetzt?", fragtMike, um geschickt vom Thema abzulenken.

„Ich würde schätzen weiter in dieselbe Richtung", antwortet Merlany, die sich wieder auf dasWesentliche, statt auf Mikes Leichtsinnigkeit konzentriert.

„Mal schauen, wo uns das alleshinführt."



~~~~~



Rogers, ausgestattet mit neuen Armensetzt sich auf einen Barhocker direkt an die Theke. Die Bar ist außerder Person neben ihm vollkommen leer. Diese Person überragt selbstRogers um einiges an Körpergröße und pfeffert sich trotz derTatsache, dass es Vormittag ist, bereits fleißig Drinks in denRachen.

„Hey Boss, wir müssen über dieAngriffe auf die Bolts reden. Wir verschwenden viel zu vieleRessourcen an diesen Schrottplatzhunden. Dabei sind die mit ihrerSchrottschmelze doch nicht mal Konkurrenz für uns. Wir sollten-",beginnt Rogers, bevor vom klirrenden Knallen eines Glases auf derTheke unterbrochen wird. Der andere schenkt sich nach und kippt sichwieder einen Whiskey in den Hals.

„Wir haben Deadlines! Jeder, der unsins Geschäft pfuscht, wird erledigt. Wenn wir es einer Bandedurchgehen lassen, zieht der Rest nach. Wir haben zu lang und zu hartdafür gearbeitet, Factory Town aufzubauen!", hallt die tiefe,brummende Stimme durch die leere Bar.

„Graham hat bei den White Fangversagt. Das bedeutet und erwartet ein Gegenangriff. Außerdem machenmich diese ganzen unautorisierten Drohnen nervös. Stell unsereVerteidigung sicher, Rogers!"

Zorning schmettert der Koloss sein Glasauf den Boden.

„Sollen sie doch kommen!"

Chaos City - Staffel 1Where stories live. Discover now