III - 12: Die Finalrunde

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Akiko sieht Marath tief inseine dunklen Augen, während sie kampfbereit die Fäuste hebt. IhrFeind betrachtet sie gespannt. Wie auch gegen Skid, schießt erplötzlich im Eiltempo auf Akiko zu, doch diese hat genau damitgerechnet und spannt eine ihrer Unterarmbandagen vor sich. So wieMarath diese mit seinem Schienbein berührt, wickelt Akiko sieschnell um sein Bein und lässt sie erstarren. Mit einerschwungvollen Drehbewegung schleift sie ihren vollkommen perplexenFeind mit der Bandage aus dem Ring.

Damit gewinnt Akiko genauso schnell, wie Skid verloren hat. Roy jubelt ihr wild von außerhalbzu. Akiko ist schließlich nicht grundlos seine zweitstärksteKämpferin - nach ihm selbst natürlich.

Das Publikum ist sichtlich schockiertüber den Sieg dieses zierlichen Mädchens.

„Betrug!", brüllt Piras, derSchütze erzürnt, „Sie hat eine Waffe benutzt!"

Plötzlich wird auch das Publikumziemlich unruhig. Auf diesen Kommentar hat Roy förmlich gewartet.

„Das ist keine Waffe, sondern Teilihrer Kleidung! Und nackt können wir sie auch nicht kämpfen lassen,also was soll diese Einmischung!?"

Der König wirft einenverachtungsvollen Blick zu Roy, doch er nickt widerwillig.

„Es ist keine Waffe! Waffen bestehenaus Holz und Stahl, doch dies war nur ihre Armbekleidung!",beruhigte er die fragende Menge.

„Piras tritt nun gegen Akiko an!Dritte Runde!", verkündet der Rufer durch das Getuschel derMenschenmenge.

Der Bogenschütze betritt unbewaffnetden Ring, und sprintet sofort auf Akiko zu. Diese hält sich wiederbereit für einen Angriff, doch Piras hat eine vollkommen andereStrategie. Statt Akiko aus dem Lauf heraus anzugreifen, springt erüber ihren Kopf hinweg, packt sie mit der Hand an der Schulter undschleudert sie, so wie er den Boden berührt, mit einem kräftigenWurf aus dem Ring. Seinem Griff an ihrer Schulter kann sich Akikonicht widersetzen, schließlich war dies der selbe Griff, mit demPiras Lanzen in seinen Bogen spannt.

Die Runden folgen Schlag auf Schlagaufeinander. Ein kleiner Fehler bedeutet hier das Aus. Diese Lektionhaben Marath und Akiko leider innerhalb von nur wenigen Augenblickenim Ring lernen müssen. Doch nun steht Mikes Kampf gegen Piras an.Dieser betritt den Ring, nachdem er seine schwere Lederjacke diesmalaußerhalb des Ringes ausgezogen hat. Die beiden sehen sichkampfbereit in die Gesichter.

„Wetten ich mache dich schnellerfertig, als du Akiko rausgeworfen hast?", provoziert Mike seinGegenüber.

„Wovon träumt ihr Stadtleutenachts?", antwortet dieser unbeeindruckt.

Langsamen Schrittes geht Mike auf Piraszu. Dieser hingegen grübelt wie er reagieren soll. EinFrontalangriff gegen den Spinner, der im Schlagtest gewonnen hat,wäre zu riskant, doch auf dieser Kerl wird sich auch nicht so leichtaus dem Ring werfen lassen wie das Mädchen. Ihm bleibt nur noch einerealistische Option: ein hinterhältiger Schlag in den Rücken oderin den Hinterkopf.

Piras beginnt den langsam auf ihn zustapfenden Mike zu umrunden. Der Lederjackentyp sieht den Schützennur aufmerksam an. Piras sieht plötzlich einen Winkel, aus dem seineStrategie funktionieren könnte. Er springt auf Mike zu, und täuschteinen Angriff an, nur um eine Sekunde später hinter Mike zu Rollen.Mit seiner geballten Kraft rammt er seine Faust in Mikes Steißbein.Doch dieser zuckt nicht wirklich, sondern dreht sich Piras zu.

„Kennst du den Gauntlet-AnführerBradford? Der hat mich mal verdroschen. Aber verglichen mit dem Typenwar dein Schlag eher ein freundlicher Stupser", beginnt Mikeschadenfroh zu erzählen.

Piras gibt keine weitere Antwort,sondern schlägt Mike mit der Rechten in sein Gesicht. Jedoch wirdseine Faust von der Wange seines Gegners wieder langsamzurückgedrängt.

„Dieser Schlag war technisch nichtschlecht, aber da fehlt der Schmackes. Etwa so-"

Bevor Mike seinen Satz richtig beendethat, donnert er seine Faust in die kantige, wohlgeformte Visage desBogenschützen, welcher daraufhin mit einer einzelnen verunstalteten,angeschwollenen Beule oberhalb seines Halses bewusstlos am Bodenliegt.

Aufmerksam betrachtet der König diesesSchauspiel, doch keine einzige nervöse Zuckung schleicht sich aufseinen Körper, während Roy auf der anderen Seite des Ringsscheinbar vollkommen am Durchdrehen ist, und lauthals seinen Siegbeschreit.

Nun tritt der nächste Teilnehmer inden Ring. Marlon, der Magier. Er streicht sich einige Male durch dengrauen Bart und betrachtet Mike ausgiebig. Dann hebt er in imposanterPose die Arme und murmelt etwas in einer altertümlichen Sprache,wobei er das letzte Wort „Aeron" besonders betont.

Mikes Blick verfinstert sich bei diesemAnblick. Laut heulende Winde beginnen über den Ring zu fegen.Während sich die Zuschauer auf beiden Seiten des Rings kaum aufrechthalten können, bleibt Mike wie angewurzelt stehen. Nur sein dunklesHaar gibt dem stürmischen Spiel des Windes nach.

„Mit dieser albernen Bühnenmagiekannst du mich nicht beeindrucken. Ich habe bei Merlany schonHeftigeres gesehen, da waren wir beide noch in der Grundschule",faucht Mike den Magier erzürnt an.

Seine Stimme klingt unerwarteterweisefast so kühl und kantig wie Merlanys. Der Magier streckt seine Armeweiter nach vorne, um die Kraft des Windstoßes zu erhöhen, dochanstatt aus dem Ring geblasen zu werden, geht Mike auf Marlon zu,packt ihn an seinem ausgestreckten, knochigen Arm und wirft ihn miteiner unscheinbaren Bewegung aus dem Ring.

„So, jetzt ist Merlanys Runde auchausgeglichen", flüstert Mike sich selbst zu.

Langsam erhebt sich nun auch KönigRaynheim von seinem Thron. Er wirft seinen langen, edlen,burgunderroten Umhang einfach zu Boden, während er wortlos den Ringbetritt. In seinen königsblauen Augen flackert ein unheilvollesFeuer des Zorns. Etwas an seiner königlichen Aura schüchterte sogarden ziemlich aufgebrachten Mike ein.

„Weißt du wieso sie mich ‚Blue'nennen?", fragt der König den jungen Kerl in einem ernsten,einschüchternden Ton.

„Das wirst du mir vermutlich gleicherzählen, nicht wahr?", antwortet Mike etwas frech.

„Besser! Ich werde es dir zeigen!",entgegnet Raynheim ihm mit einem sanften Lächeln.

Mike rennt unbeeindruckt auf den altenHerren zu, um ihn mit seiner geballten Körperkraft zur Strecke zubringen. Mit viel Schwung wuchtet der Lederjackenkerl seine Fäusteauf den König zu, doch dieser weicht jedem Schlag spielerisch aus.

Seine mächtige Rechte saust an BluesGesicht vorbei. Dieser beginnt breit zu grinsen und legt Mike dieflache Hand auf den Brustkorb. Bevor dieser darauf reagieren kann,fegt er dem Burschen mit einer flinken Beinbewegung die Füße weg,sodass er das Gleichgewicht verliert. Während Mike ohne Balance derWillkür des Königs ausgeliefert ist, hört er die brummende Stimmeseines Gegners.

„Man nennt mich ‚Blue', weil dasFeuer meiner Herzens so Blau ist, wie meine königliche Würde!"

Unter der flachen Hand auf Mikes Brustzüngeln Flammen hervor, welche in einem gewaltigen, kobaltblauenFeuerwerk explodieren und den jungen Mann in hohem Bogen aus demRing schleudern.

Um Mikes Aufprall so erträglich wiemöglich zu machen, flauscht Akiko den Boden der vermutlichenAufschlagzone so weit es geht auf.

„Nun Roy!", ruft der König inseiner brummenden, hoheitlichen Stimme, „Jetzt, wo dein Teambesiegt ist, zeig' mir verklemmten, spaßbefreiten Langweiler dochmal, was du drauf hast."

Chaos City - Staffel 1حيث تعيش القصص. اكتشف الآن