IV - 2: Der Weg des Weißen

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Laut klirrend schlagenzwei Klingen aneinander. Das sanfte, metallische Surren hängt schwerin der Luft. Es folgen weitere Hiebe aufeinander, schneller undschneller, bis nur noch ein stählernen Wirbel zu sehen ist. Foxweicht einen Schritt zurück. Wolf betrachtet ihn dabei wie einhungriges Raubtier seine Beute. Sein schulterlanges, schwarzes Haarweht leicht mit dem Wind. Der Meister geht langsamen Schrittes aufden jungen Schwertkämpfer zu. Fox bleibt konzentriert. Wolf setztnoch ein sanftes Lächeln auf, bevor er sich scheinbar in Luftauflöst. Aufmerksam überwacht der weiße Fuchs seine Umgebung. Erkennt diesen Angriff nur zu gut. Wie vom Blitz getroffen dreht ersich um, sein Schwert in Paradehaltung, nur um einen Augenblickspäter ein silbernes Blitzen an seinem Schwert festzustellen. Foxwirbelt sein Schwert um seinen ganzen Körper, während er einen vonWolfs Hieben nach dem anderen mit seiner Klinge abblockt. Schließlicherscheint der Klingenmeister wieder vor ihm, während in seinemGesicht ein provokanter Ausdruck von Stolz zu erkennen ist. Fox beißtfest die Zähne zusammen. Er ist viel zu sehr in die Defensivegegangen.

Waghalsig stürmt er nach vorne,während er einen wilden Sturm von Schwerthieben gegen den weißenWolf entfesselt. Dieser jedoch pariert jeden davon ohne sonderlichviel Mühe zu zeigen, und schafft es sogar in einem kurzen Moment Foxmit einem Tritt von sich selbst zu entfernen. Fox atmet angestrengt,während sein Gegenüber nur amüsiert zu grinsen scheint. Er konntedoch nicht so stark unterlegen sein. Wolf streicht sich mit seinerlinken Hand eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Der raubtierhafteGlanz seiner dunklen Augen jagt selbst Fox, der ihn seit sehr langerZeit kennt, einen kalten Schauer über den Rücken. Die Stärke desAnführers der ‚White Fang' ist wirklich nicht zu unterschätzen.Fox jedoch zeigt keine Angst oder Zurückhaltung und stürmt einweiteres Mal auf den Meister zu, um ihn mit einem kräftigen hohenHieb anzugreifen, wird jedoch mit einer kleinen Klingenbewegung Wolfsschnell entwaffnet. Das Schwert am Boden bleibt Fox nichts außerübrig, als zurück zu weichen. Wolf richtet die Spitze seinesSchwertes auf den geschlagenen Feind.

„Jämmerlich, Fox. Hast du nochirgendwas zu sagen, bevor wir das hier beenden?", knurrt Wolfsichtlich enttäuscht.

„Es tut mir leid, Meister. Das hättenicht passieren dürfen", antwortet ihm der sonst so vorlaute Foxzurückhaltend.

„Du weißt besser als jeder andere,dass ich keine Schwäche dulde", zischt Wolf, bevor er seine Klingewieder senkt. „Du wirkst unkonzentriert, Junge, ist irgendetwaslos?", fragt der Meister nun in einem weitaus wärmeren Ton.

„Mir gehen diese Freaks nicht aus demKopf. Ich habe einfach ein schreckliches Gefühl mit denen. DieserLederjacken-Spinner hat Bradford ruiniert, und damit Krieg mit demDon angefangen, in Veenic war vor einigen Tagen dieser riesigeFeuerball am Himmel und dieses Mädchen - Teufel ist die mirunheimlich. Und diesen kleinen Schlaukopf haben sie auch. Dieses Kindbaut ohne Anstrengung Waffen, die selbst die Gauntlets fürchten.Wenn die so weiter machen, taucht hier wegen diesen drei Leuten baldeine Sondereinheit der Regierung auf", gibt Fox besorgt zu.

„Hörst du dir eigentlich selber zu,Fox? Dieses verweichlichte Gejammer kannst du dir sparen, wenn duwirklich etwas erreichen willst. Mit dieser Einstellung kommst dunicht weiter", erklärt Wolf autoritär.

Fox sieht ihn nur fragend an.Schließlich sind seine Bedenken gerechtfertigt.

„Verweichlichtes Gejammer? DieseLeute sind verrückt, Meister!", entgegnet Fox unzufrieden überdie Einstellung Wolfs.

„Du hast wohl im Training nicht ganzaufgepasst. Das führen eines Schwertes ist nur ein Teil von dem, wasunsere Stärke ausmacht. Du erinnerst dich doch daran, was ich dirseit dem ersten Tag predige!", erklärt der Meister.

„Es ist das Geschick, das die Klingeführt, die Entschlossenheit, die Stahl spalten kann und die Würde,die den Krieger am Boden aufstehen lässt...", zitiert der Schüleraus dem Kopf.

„Richtig, doch du, du kämpfst nurmit Geschick. Du bist nicht bereit, alles im Kampf zu geben, und bistauch nicht dazu bereit nach einer Niederlage aufzustehen. Deswegenschüchtern dich diese Fremden so ein. Sie haben, was dir fehlt",führt Wolf seinen Gedanken fort.

In seinen Gedanken murrt Fox nur „Leckmich, alter Mann, woher willst du wissen, wie ich mich im Kampffühle", doch äußerlich nickt er verständnisvoll.Selbstverständlich erkennt Wolf den Groll seines Schülers, sprichtes allerdings nicht an. Dies ist nun mal eine Erfahrung, die derSchüler selbst erleben muss.

„Habe ich dir schon erzählt, wiemein Meister mich damals dazu gebracht hat, diese Ideale zu lernen?",fragt Wolf seinen Schüler.

„Nein. Du redest allgemein nicht oftüber Meister Beast", antwortet Fox sichtlich interessiert.

„Mein Meister hat mir versprochen,dass ich seine Klinge führen dürfe, und die Schule des Weißenübernehme, wenn ich ihn im Kampf schlage. Ich habe mehr als einJahrzehnt härter trainiert, als je ein Schüler vor mir. Doch ichhabe immer und immer wieder verloren. Letztendlich, ist der Meisterin einem Kampf gegen einen Polizisten verstorben, bevor ich ihnbesiegen konnte. Und doch - ich habe weiter trainiert, und trainierebis heute, um irgendwann mit dem Gewissen aufzuwachen, dass ich derSchule würdig bin. Bis heute habe ich seine Klinge nicht einmalgeschwungen", erzählt Wolf, bevor er kurz innehält, „Vielleichtist das der passende Anreiz für dich, Fox. Schlage mich, zeige mir,dass du würdig bist, ein Absolvent der Schule des Weißen zu sein,und du sollst meine Klingen führen. Es wäre nur in seinem Willen,die Tradition fortzusetzen. Es wird vielleicht noch zehn Jahredauern, aber vielleicht ist dieses symbolische Schwert in deinemInteresse."

Fox sieht Wolf ernst, jedoch verblüfftin die Augen. Die Schwerter seines Vaters, des Patriarchen dieserehrwürdigen Schule der Schwertkunst, könnten ihm gehören, wenn eres über sich bringt über seine eigenen Schwächen hinweg zu kommenund seinen Meister im Duell zu schlagen.

„Ich werde mir diese Klingen aufjeden Fall erarbeiten. Verlass dich drauf, Meister", verkündet Foxvoll neu gefundenem Stolz.

„Ich erwarte und akzeptiere auchnicht weniger von dir, mein Schüler", entgegnet ihm Wolf mit einemsanftem Lächeln auf den Lippen.

Ihre Zweisamkeit wird jedoch plötzlichvon einem lauten Stampfen durchbrochen. Es ist Polar, der gepanzerteEisbär, welcher eine wichtige Neuigkeit für Wolf hat. Mit seinertiefen, brummen der Stimme knurrt er:

„Boss, eine ganze SchwadronPolizeiautos ist auf den Weg in die Südstadt, vermutlich zurSiedlung der Bolts. Das ist nicht weit von hier, das heißt diewerden uns auch angreifen!"

Wolf lächelt erwartungsvoll.

„Fox, da hast du deine erste neueMöglichkeit, dich zu steigern. Sorge dafür, dass keine Cops hierher kommen. Dann kannst du zeigen, dass mehr in dir steckt"

Fox nickt zustimmend, hebt sein Schwertauf und geht zielstrebig in Richtung der Black Bolts. Das ist seineChance, sich zu beweisen.

Chaos City - Staffel 1Where stories live. Discover now