IV. Gesetzeshüter- 1: Nach dem Sieg

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Es sind nun einige Tagevergangen, seit das Turnier zu ende ist. Roy hat sich vorerst dazuentschlossen, dort für einige Wochen in Veenic zu bleiben, um mitseinen Eltern wieder ins Reine zu kommen.

Das sagte zumindest er.Spyke und Akiko haben auch den Verdacht geäußert, dass seine Mutterihm Hausarrest erteilt hat. Was auch immer zutrifft, Roy bleibt dort.

Jeder hat seine Siegesprämie bekommen,wobei Mike es geschafft hat, einem der Wachmänner seine Rüstungabzuluchsen. Wie genau er das fertiggebracht hat, möchte Mike nichtzugeben.

Da Spyke und Akiko ohne Roy nichtwirklich was zu tun haben, schließlich ist er der Kopf ihrerMachenschaften, haben die beiden die Truppe mit ihrem Bus zurück zuSkids Garage gefahren, um dort gemeinsam zu chillen.

Aktuell ist Skid damit beschäftigt,die Veenic-Rüstung mit Mikes Lederjacke zusammen zu bauen, damit siein gleichen Maßen schützend als auch beweglich ist. Außerdemverschmilzt er die schweren Platten, die Mike davor getragen hat mitder Legierung der Rüstung. Nicht zu vergessen versucht Skid auch einansprechendes Design zu kreieren, da das Auge schließlich mitkämpft.Mike konzentriert sich währenddessen auf sein Training mit demSchlagtester, den er gewonnen hat. Seine Schlag- und Trittabfolgenwerden mit jedem Anlauf schneller, länger und unvorhersehbarer.

Merlany hingegen bekommt das kalteKotzen. Seit Stunden liest sie einen dreitausendseitigen Wälzer überMagie, Manaregulation und verschiedene Formen von Arkana. Es klingtzwar nach lehrreicher Literatur, ist aber komplizierter geschriebenals notwendig und befasst sich mit quälend vielen Details, diekeinen großen Unterschied zu machen scheinen.

Akiko und Spyke genießen, Akikos neugewonnenes Flauschehäschen streichelnd, ihre ruhige Zeit. Dennsobald Roy wieder zurückkommt, steht das Eindringen nach Rivertonan.

„Wo es mir gerade einfällt, wisstihr schon, worauf ihr euch da einlasst?", fragt Akiko etwasneugierig.

„Was meinst du damit?", entgegnetMike ihr kurz.

„Sagt bloß, ihr habt keine Ahnungvon Riverton? Ihr wisst schon - die Mafia-Stadt, in der das Kartellum Don Pablo so ziemlich alles kontrolliert. Es gibt kaum einen Geld-oder Warenfluss, von dem der Don nichts mitbekommt - und nichtmitkassiert. Seine Schläger haben in der ganzen Stadt ihre Augen."

„Klingt ziemlich unpraktisch",ergänzt Merlany kühl.

„Der Grand City River, dem Rivertonseinen Namen verdankt, zieht sich aus dem Westen, über seine größteUmschlagstelle in der Südstadt, Riverton, bis zum nordöstlichenStadtrand. Der Fluss gilt seit langem als schnellste Transportroutezwischen seinen umliegenden Stadtteilen. Sich über diesen starkbeobachteten Fluss Zugang zu verschaffen, wird auch unmöglich",erklärt Akiko weiter.

„Wenn die alles so stark bewachen,wie können die dann so großflächig überall Handel betreiben",wirft Mike etwas skeptisch ein.

„Nun ja, Riverton ist ziemlich offen,wenn es ums Geschäft geht. Mit Glücksspiel-Höllen und abstrusenPreisen und Zöllen für Leute von Außerhalb verdient sich Rivertonauch auf legale Weise eine goldene Nase. Dementsprechend sind auchdie ‚Angestellten' vom Don die besten, die man in der Südstadtfür Geld kaufen kann."

Mike und Merlany betrachten Akikoernst. Diese wirft den beiden nur einen spöttisch-vorwurfsvollenBlick zu. Die beiden sind, zusammen mit Skid, selber dafürverantwortlich, dass einer der Einflussreichsten Männer der Gegendeine unschöne Rechnung mit ihnen begleichen will.

„Wie dem auch sei, solltet ihr sonstnoch mit irgendwas Hilfe brauchen, könnt ihr euch auf uns verlassen.Immerhin habt ihr Roy geholfen, und deswegen stehen die Red Flameshinter euch", ergänzt Spyke mit seiner gewohnt nüchternen, tiefenStimme.

„Ich denke wir sollten dann mal zuBiz und den anderen Bolts zurückkommen und denen Bescheid sagen, waswir da los getreten haben", schlägt Mike in die Runde vor.

„Oh Mann, Biz hatte vollkommen Recht,dass es eine blöde Idee ist, sich an den Gauntlets zu rächen",knurrt sich Merlany leise selbst zu.

„Also, wir können euch morgen oderso schnell hin fahren. Kein Thema", bietet Spyke an, „Wir habenohne Roy eh nichts zu tun."

Dieses Angebot nehmen die beidennatürlich gerne an. Doch bevor sie ihren Dank vollständigaussprechen können, werden sie durch ein lautes „Endlich Fertig"von einem überaus glücklichen Skid unterbrochen. Es hat Mikes neueVersion der Jacke fertiggestellt.

„Also, komm her Mike, und schau siedir mal an. Ich hoffe dir gefällt was ich damit angestellt habe",ruft Skid grinsend über den ganzen Raum.

Wie von einem Dutzend Tarantelngestochen, springt Mike durch den halben Raum hin zu Skid, nur umeinen Augenblick mit glänzenden Augen in Schockstarre versetzt zuwerden. Skid hat sich mit den Design selbst übertroffen.

Lederjacke ist am Bauch, unter demBrustkorb, mit schmalen, in einander übergehenden Metallstreifengepanzert, welche ihn schützen, ohne seine Bewegung besonderseinzuschränken, an den Schultern finden sich ebenfalls Panzerungenund die Ärmel und der Brustkorb, bei denen noch das Leder zu sehenwaren, wurden von innen durch eines von Skids selbsterfundenenCarbongeweben verstärkt. Sie wirkt etwas leichter als dievorherigen, wiegt aber durch die neue Legierung etwa das selbe, wennnicht sogar mehr.

Mike hat kaum Worte dafür, wie ihm dieJacke gefällt, aber das kindliche Funkeln in seinen Augen lässtsehr leicht auf seine Meinung schließen. Schnell probiert er sie an.

„Ohne Witz, Skid, die sitzt wieangegossen", meint Mike, bevor er einige Hiebe und Tritte ausführt,um die Beweglichkeit zu testen, „Ich habe keine Ahnung, wie du dasgeschafft hast, aber die ist ja genial."

Skid errötet leicht wegen all demunerwarteten Lob. „Ich tu was halt, ich kann", murmelt erverlegen als Antwort.

Auch Merlany, Akiko und Spyke werfeneinen Blick auf Mikes neues Kleidungsstück.

„Der Shit ist ja mal echt krass",nuschelt Spyke sichtlich begeistert. Begeistert bei Spyke bedeutet inetwa soviel, dass seine Stimme klingt als würde er ausnahmsweisenicht schlafen.

„Die sieht echt stark aus",bestätigt Akiko.

Merlany hingegen beobachtet die Jackeskeptisch. Sie mag zwar cool aussehen, aber was bringt das an einemverrückten Ort wie diesem. Wenn ein Spinner mit Kräften wie Roysauftaucht, dann hilft einem so eine Rüstung auch nicht mehr. Eshängt allein von Mike ab, wie viel er einstecken kann wie weit erselbst gehen möchte. Und dennoch kann auch sie den Nutzen dieserJacke nicht leugnen. Es geht nicht darum, woraus die Jacke nunwirklich gemacht ist, sondern darum, dass mit welchem Gefühl man sieträgt.

„Dieses neue Design steht dir echtgut, Mike", murmelt Merlany mit einem sanften Lächeln.

Chaos City - Staffel 1Where stories live. Discover now