III - 6: Test von Weisheit und Kraft

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Nun wird diezweite Runde vom Rufer lauthals angekündigt. Skid und Agoras sollenin einer Prüfung des Weisheit gegeneinander antreten. Der alte Mannmit seinem langen, weißen Bart und den rosigen Wangen, sowie einemgutgelaunten Ausdruck auf dem Gesicht vermittelt das warme Gefühleines alten Großvaters mit reichlich Weisheit und Lebenserfahrung.Ihm Gegenüber, der kleine, dicke Skid mit seinem Topfhaarschnitt undeinem jugendlich überheblichen Grinsen auf dem Gesicht. Der Kontrastzwischen den beiden ist wie Tag und Nacht. Im Publikum vernimmt SkidGetuschel und Gemunkel. Ganz offensichtlich halten sie ihn für einennärrischen Jungspund.

Der Rufer beginnt die Regeln für denzweiten Wettkampf zu verkünden: „Wohl an, so fahren wir fort zumzweiten Spiele dieses Turniers! Eine Prüfung der Weisheit undIntelligenz der Teilnehmer. Die Regeln sind simpel! Die Teilnehmerstellen sich abwechselnd eine Frage aus der Philosophie undWissenschaft. Wer zuerst eine Frage falsch beantwortet, verliert! DemGastgeber gebührt die erste Frage!"

In einer übertriebenen Handbewegungdeutet er auf Agoras. Dieser grübelt kurz nach, bevor ihm scheinbareine Frage in den Kopf schießt. Er streicht sich einige Male überden Bart, unsicher, ob er diese Frage einem einfachen Kind stellensollte.

Sanft befeuchtet er seine alten,rissigen Lippen, bevor er einatmet. In tiefer, gealterter Stimmerfragt er:

„Was ist es, dass morgens vier Beine,mittags zwei Beine und abends drei besitzt?"

Vor lauter Aufregung, diese legendäreFrage zu stellen, rinnt dem Alten der Schweiß über seine faltigeStirn. Skid sieht ihn etwas verdutzt an.

„Ist diese antike Parodie auf einRätsel Ihr ernst? Die Antwort lautet: Ein Mensch. Erst krabbelt erauf allen Vieren, dann läuft er auf Zweien, und im Alter hat dereinen Gehstock, also drei Beine."

Das Entsetzen über den herausragendenIntellekt des Jünglings versetzt den Weisen Berater des König insStaunen. Nie konnte jemand dieses altertümliche Rätsel lösen!Jetzt ist es Skids Runde. Er grübelt kurz nach.

„Okay, etwas ähnlich einfaches, zumAufwärmen. Was ist das erste Element im Periodensystem?", fragtSkid leicht lächelnd.

Sprachlosigkeit überkommt denGelehrten. Dieses mysteriöse Periodensystem gehört nicht zu seinenFachgebieten. „Zu welchem... Welchem Bereich gehört diese... Diesebrillante Frage?", stotterte er zu Skid.

„Einfache Chemie, also Wissenschaft",antwortet Skid etwas perplex von dem Auftreten des alten Mannes.

„Die heidnische Alchemie also",beginnt Agoras, bevor er von Skid korrigiert wird, „Es heißt nurChemie"

„Die alte Kunst, Gold aus Wasser zuschaffen! Das erste Element muss Gewiss Gold sein!", kombiniert derGreis.

„Im Ernst? Das ist vollkommen Falsch!Das erste Element ist Wasserstoff. Gold gehört nicht mal zu denHauptgruppen."

Überraschung rauscht über dasPublikum und erfasst selbst den König und Rufer. Dieser Junge konntenicht weiser sein als der gelehrte Agoras. Der König befiehlt seinenDienern Literatur über moderne Chemie zu holen. Rasch beginnt derRufer zu blättern. Auf einer der ersten Seiten entdeckt er dasPeriodensystem. Er beginnt zu erläutern:

„Das erste Element trägt das Symboleines kapitalen H. Es trägt die Ziffer 1. Darunter inKleingeschriebenem: Hydrogen oder umgangssprachlich-"

Der Rufer hält kurz inne, da er seinenAugen kaum trauen kann, „- Wasserstoff! Die Runde geht an denHerausforderer!"

Jubelnd wird Skid von seinem Teamangefeuert. Mit einem breiten Grinsen kommt er auf Mike zu, welcherihm sofort für den Sieg die Hand reicht.

„Gut gemacht, Skid, du rückst alserster für uns ins Finale vor." Plötzlich ploppen Skids Augenblutunterlaufen hervor. Sein triumphales Grinsen weicht einemschmerzlichen, falschen Grinsen und sein Gesicht nimmt wieder einenungesunden Rotton an. Passiert nicht zum ersten mal. Wie versteinertrichtet Skis seinen Blick schwerfällig auf Marath, den Sieger derersten Runde. Allein die bloße Form und Größe der Waden flößtSkid eine Gänsehaut ein. Er wirkt wie erstarrt. Mike hebt ihn aufdie rechte Schulter.

„Skid braucht einen Moment, wenn ihruns entschuldigt", sagt er höflich bevor er Skid in RichtungBurgtor schleppt. Roy und Akiko beobachten die beiden etwas perplex,doch es schon steht die nächste Runde an.

„Nun denn, es folge nun die dritteRunde. Das Gewichtheben, um die geballte Kraft eines Kriegers zuprüfen. Es messen sich Archie und Akiko... Heißt das Fräuleinwirklich so..." Die beiden Kontrahenten betreten einen kleinenPlatz, auf welchem sich verschiedene Hanteln befinden.

„Die Regeln sind simpel. Wer dasschwerste Gewicht hebt, ist Sieger."

Archie packt mit einem Arm die 40Kilo-Hantel und streckt sie spielend in die Luft. Nun versucht diesauch Akiko, welche dieses Gewicht unter größter Anstrengung undvollem Einsatz hochbekommt. Als nächstes holt der Koloss die 60Kilo-Hantel, welche er auch mit einem Arm schafft. Als Akiko diese zustemmen versucht, stellt sie fest, dass dies für sie eine Sache derUnmöglichkeit ist.

Merlany beobachtet dies ziemlichentnervt.

„Roy, wessen Entscheidung war es, dieda Gewichte heben zu lassen?", fragt sie mit einem bissigenUnterton.

„Warte doch einfach, dann siehst dues schon", antwortet er vorfreudig.

Als Akiko ihren Griff festigt, beginntdie Hantel sich zu verändern. Vom ihrer Händen aus nach außenverwandelt sich der harte Stahl zu flauschig weich wirkendemMetallstaub, der an einem Magneten zu hängen scheint. Nur wirklichextrem flauschig. Dann schafft sie es, die Hantel mit nur zweiFingern zu heben, doch so wie sie die Hantel absetzt, wird sie wiedernormal.

„Oh, so spielst du also. Mal sehen obdir deine Tricks auch 800 Kilogramm helfen!", protzt Archiesiegessicher.

Mit beiden Händen umklammert er dieStange, welche das Gewicht eines kleinen Autos trägt.

Mit viel Anstrengung wuchtet er dasGewicht nach oben. Schweiß rinnt seinen gesamten Körper hinab. Intriumphaler Pose senkt er das Gewicht wieder ab.

„Ich habe keine Zeit für diesenUnfug. Wenn wir so spielen, dann beende ich es eben", murmelt Akikovor sich hin.

Ziemlich unbeeindruckt geht Akiko zurgrößten Hantel - 1,5 Tonnen. Mit einem festen Griff wird auch dieseHantel zu einem kuscheligen, federleichten Kissen, dass Akikospielend mit einer Hand hebt. Sie senkt das Gewicht unvorsichtig ab,sodass es ihr aus der Hand gleitet und bei der Rückverwandlung inden ‚Normalzustand' einen Krater in dem Boden stampft. Dem Kolossbleibt nichts übrig, als zu kapitulieren.

Mike sprintet vollkommen überwältigtzu Akiko, um sie zu fragen, wie sie so ein Gewicht heben kann. Dochmit ihrer Antwort hat er nicht im Ansatz gerechnet.

„Fluffy-Fähigkeit. Wenn ich Dingekonzentriert berühre kann ich sie weich, oder auch wieder hartmachen. Je flauschiger etwas ist, desto leichter ist es", erklärtsie kühl.

Mike funkeln die Augen vor Bewunderung.Eine so interessante Fähigkeit kennt er noch gar nicht. Bisher sindihm nur Merlanys Magie, Spykes Stacheln oder Roys Flammen bekannt.Keines davon ist nur halb so interessant wie die ‚Fluffy'-Fähigkeit.

Doch Mikes Bewunderungstrip wirdkurzerhand vom königlichen Rufer durchbrochen, welcher Akikos Siegund ihr Vorrücken ins Finale verkündet. Akiko distanziert sich vonder kreischenden Meute an Zuschauern und dem herumschreienden Rufer.Mit dem Trubel kann sie nichts anfangen. Roy setzt ein siegessicheresGrinsen auf. Er lag nun in den Vorrunden zwei zu eins vorne, doch fürwie lange. Die Spiele der Vorrunde sind nämlich erst zur Hälftevorüber.





Chaos City - Staffel 1Where stories live. Discover now