III - 11: Das siebte Spiel

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Nach einer nicht besondersbequemen, aber dafür engen und übelriechenden Nacht im Van der RedFlames bricht ein neuer Tag an. Die rote Morgensonne steigt wie eingewaltiger Feuerball über den Horizont. Die Bewohner von Veenicstürmen jetzt schon in die Arena, um sich die besten Plätze fürdas Finale zu sichern. Das letzte Spiel, das letztendlichentscheidet, wer nun als Sieger des Königsturniers hervorgeht. EinReihe an Kämpfen, Mann gegen Mann, bis der Anführer eines Teamsbezwungen ist.

Die Finalisten begeben sich nun auchzur königlichen Arena. Roy trägt ein breites, diabolisches Grinsenauf seinem runden, kindlichen Gesicht. Man konnte richtig spüren,wie die Flammen in seinem Inneren lodern. Mike und Akiko sehen es ihman, wie dringend er selbst kämpfen will. Skid hingegen istbeschäftigt genug damit, trotz seiner heftig schlotternden Knie ohneum zu fallen geradeaus zu laufen. Ein Kampf ohne Hilfsmittel oderWaffen, eine Prüfung von reiner Körperkraft oder besonderenFähigkeiten. Dinge, die Skid nicht besitzt - geschweige dennbraucht, weil er normalerweise seine Maschinen alles machen lässt.Doch er will sich nichts ansehen lassen und starrt entschlossen aufden Kampfring. Aus der Ferne erkennt er schon seinen Gegner in dieserRunde. Marath, den Läufer, dessen Waden mehr Kraft haben müssten,als eine Autopresse. Allein bei dem Anblick dieses muskulösen,athletischen Körpers wird Skid wieder blass. Ein Tritt und sein Kopffällt ab. Eine Gänsehaut schleicht über seine Haut.

Ein starker Handgriff umfasst plötzlichseine rechte Schulter.

Es ist Mike.



„Mach dir keine Sorgen, Skid, laufeinfach aus dem Ring. Bring dich nicht in unnötige Gefahr, ich werdeeinfach für uns beide kämpfen", erklärt er vollkommen gelassen.Plötzlich wird Skids Körper wieder ruhig.

„Aber Mike...", stottert er etwasverwirrt.

Mike setzt ein freches Grinsen auf undklopf Skid etwas unsanft auf den Rücken.

„Lass den Quatsch! Du bist vielleichtkein guter Kämpfer, aber du kannst andere Dinge. Wäre dochschwachsinnig, wenn du dich verletzt, nur weil du dich selbst zuetwas Bescheuertem zwingst."

Skid sieht zu Mike auf. Dem Mann, derihm schon zuvor in Factory Town den Hintern gerettet hat. Und nunkämpft Mike wieder für ihn. Er würde sich dafür revanchieren,auch wenn er nicht für ihn kämpfen kann.

Die beiden Mannschaften begeben sichzum Ring. Der sandige Boden wurde durch stabileren Pflastersteinausgetauscht. Einige Fackeln flackern sanft und atmosphärisch vorsich hin. Der Boden ist mit einem Wappen von Veenic geziert. DerRing, wenn auch schlicht, ist diesem Finale durchaus würdig.

Skid, Akiko, Mike und Roy stehenMarath, Piras, Marlon und König Rainheym gegenüber. Der königlicheRufer ist als einziger noch am königlichen Podest.

„Ein großes Willkommen an dieZuschauer und auch die Herausforderer zum großen Endspiel. Umweitere Verzögerungen zu vermeiden verkünde ich nun die Regeln: Werden Ring verlässt oder hinaus gestoßen wird, hat verloren. Werohnmächtig oder anderweitig kampfunfähig wird, hat verloren. Essind keine Hilfsmittel und Waffen erlaubt. Die Mannschaft, die dengegnerischen Herrscher besiegt, hat gewonnen.
Sollte jedoch einTeilnehmer seinen Feind erschlagen oder unehrenhaft verletzen, sowird die gesamte Mannschaft disqualifiziert.

Sollte es keine weiteren Fragen derTeilnehmer geben, beginnen wir mit der ersten Runde: Marath gegenSkid!"

Die Menge jubelt zunächst aufgeregtüber die erste Runde, jedoch weicht dies schnell skeptischemGetuschel. Skid tritt in den Ring, nur um sofort festzustellen, wiedie Zuschauer ihn abfällig beäugen. Sein Gegenüber, der LäuferMarath, begibt sich bereits in Kampfhaltung.

Skids gesamter Körper zittert, währender sich schützend die Hände vor sein Gesicht hält. Das ruhige,gleichmäßige Rauschen der brennenden Fackeln, sowie dasvergleichsweise stille Publikum vereinigen sich mit der rot glühendenMorgensonne zu einer fast malerischen Szenerie, während derbevorstehende Kampf eine reine Zurschaustellung von Skids Schwächeist.

Ein lauter Glockenschlag ertönt, umden Beginn der Runde zu signalisieren. Bevor Skid seinen Blicküberhaupt auf seinen Feind fixieren kann, ist dieser schon in einemMordstempo auf dem Weg zu ihm! Panisch versteckt sich Skid hinterseinen Armen, nur um einen Augenblick später festzustellen, dassMarath bereits direkt vor ihm steht, und gerade dabei ist, ihm inseinem schallschnellen Tritt gegen das Gesicht zu verpassen.

Skid schließt die Augen und wendetsein Gesicht ab, nur um im selben Augenblick einen mächtigen Windzugzu spüren, der ihm den Schweiß regelrecht von der Stirn fegt.Ungläubig öffnet er die Augen. Sein Gegner, Marath, hat den Trittdirekt vor seinem Gesicht abgebremst.

„Ich habe keine Intention, dich zuverletzen, wenn du aufgeben willst, dann tu es jetzt!", flüstertihm der Läufer zu.

Skid richtet seinen Blick zu seinemTeam. Sofort durchbohrt ihn der Zorn in Roys Miene. Sein Herzschlagwird schneller, das Adrenalin durchflutet seinen gesamten Körper.Skid kennt dieses Gefühl, das Gefühl von hilfloser Angst, gegen dieer sich immer zu wehren versucht, aber im Angesicht derer er immerzurückweicht. Als er von den Gauntlets gehänselt wurde, als seinLance Drive zerstört wurde und als Bradford genau vor ihm stand,immer flüchtete er, oder suchte Schutz bei anderen. Aber ist das derrichtige Weg, ist er dazu verdammt, immer klein bei zu geben?

Ist es seine Bestimmung, ein Feiglingzu sein, während andere für ihn kämpfen? Gibt es einen Weg, dieseFeigheit zu verbannen und sich zu ändern? Skids Blick wandertunwillkürlich zu Mike, der ihm zustimmend zunickt. Da trifft es ihnwie ein Blitz. Skid weitet die Augen nach seiner Erkenntnis. Errichtet sich wieder seinem Gegner zu.

Stillschweigend sieht er Marath an, derihn erwartungsvoll beäugt. Der Junge atmet einmal tief ein.

„Ich... Ich gebe auf!", erklärt erkleinlaut, bevor er sich langsam umdreht und den Ring verlässt.

Ein weiterer Glockenschlag beendet dieerste Runde des Finales. Langsam schreitet das Genie mit gesenktemHaupt zu seinem Team. Während Roy verärgert knurrt, lächelt MikeSkid freundlich zu.

„Mach dir keinen Vorwurf. Du hast dasRichtige getan", sagt Mike in ruhiger Stimme.

Skid kann ihm kaum in die Augen sehen.

„Ich habe das Richtige getan?Weggelaufen bin ich, wie ein Feigling. Wenn du so weggelaufen wärst,als Bradford aufgetaucht ist-"

Mike legt ihm wieder die Hand auf dieSchulter.

„Wenn wir deinen laufenden Panzernicht gehabt hätten, dann hätte ich vermutlich Bradford nicht malzu Gesicht bekommen, sondern wäre mit 'ner Kugel im Kopf in derEinfahrt gelegen. Vergleich dich nicht mit mir, sondern versucheinfach dein eigenes Ding zu machen", erklärt er in ernstem Ton.

Skid schleicht sich ein leichtesLächeln auf die Lippen.

„Mann, seit wann bist du so reif underwachsen?"

Auch Mike beginnt wieder zu lächeln

„Bin ich nicht. Ich sage dir nur,wieso du dir wegen sowas nicht den Kopf zerbrechen sollst"

Das Gespräch der beiden wird durcheinen weiteren Ausruf durch den königlichen Schreihals unterbrochen.

"In der nächsten Runde tritt Marathgegen Akiko an. Teilnehmer, macht euch bereit!"

Akiko geht wortlos zum Ring, währendRoy wieder siegessicherer wirkt. Auch Mike und Skid sehen gespannt zuihr. Die nächste Runde beginnt.

Chaos City - Staffel 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt