6. »Hilfe!«

4.5K 326 13
                                    

Nach unserer Entdeckung hatten Luke und ich noch trainiert. Es hatte mir geholfen, mich abzulenken. Aber auf Dauer konnte ich das Wissen nicht zurückdrängen. Ich lag in meinem Bett und musste unweigerlich an Connor denken.

Er hatte womöglich eine Antwort auf all meine Fragen. Angst und Zweifel quälten mich die ganze Nacht hindurch. Schließlich entschloss ich mich, ihn anzurufen.
»Hier ist Connor«, meldete sich eine verschlafene Stimme.

»Ich bin es, Connie«, murmelte ich kleinlaut. Zum Glück wurde er nicht wütend. »Ach« sagte er nur. »Ich muss einfach mit dir reden. Du bist der Einzige« - ich holte tief Luft, damit mir die Lüge über die Lippen kam - »mit dem ich über diese...Sache sprechen kann.«

Stille. Dann antwortete Connor zögernd. »Du willst dich mit mir treffen?« Erleichtert lächelte ich, obwohl er es gar nicht sehen konnte. »Genau. Wenn du magst.« »Na klar«, meinte Connor und es hörte sich an, als ob er grinste. Er nuschelte noch schnell: »Bis gleich«, dann legte er auf.

Erst da fiel mir ein, dass wir gar keinen Treffpunkt ausgemacht hatten. Wenn er mich nun abholte und klingelte...Nein, nicht auszudenken! Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr. Halb Vier Uhr morgens!

Meine Eltern würden mich umbringen! Wie ein geölter Blitz machte ich mich fertig und stürzte übereilt, aber so leise wie möglich aus dem Haus. Mein Herz pochte heftig von der Hetzerei und ich schnappte nach Luft.

An der Hauswand gegenüber lehnte Connor, aber ich hatte keine Ahnung, wie er ohne Fahrrad oder so etwas so schnell hergekommen war. Er wohnte schließlich im nächsten Ort, das war eine beachtliche Strecke. Ich lief auf ihn zu und er setzte zu einer Rede an, aber ich unterbrach ihn hastig.

»Leise, meine Eltern dürfen nichts hören! Komm«, wisperte ich und bedeutete ihm mir zu folgen. Nach drei Häuserecken erblickte ich eine niedrige Steinmauer, die mir gerade recht kam. Ich setzte mich und Connor ließ sich stöhnend neben mir nieder.

Er sah aus, als hätte er Rückenschmerzen. Als er sah, dass ich ein kurzärmeliges Shirt anhatte, stutzte er kurz. »Du hast keine Schuppen mehr.« Es war eine Feststellung, keine Frage. Trotzdem ging ich darauf ein, es schien mir ein geeigneter Anfang für unser Gespräch zu sein.

»Ja, ich habe es geschafft. Konzentration, weißt du noch?« Eine kurze Pause entstand, dann sprach Connor. »Ich hätte nicht gedacht, dass du es so schnell hinbekommen würdest«, gab er zu. »Bei mir hat es fast zwei Wochen gedauert.«

Zwei Wochen? Ich schauderte. »Wusstest du, dass die Farbe der Schuppen unsere Seele widerspiegelt? Wie ein Seelenspiegel«, sagte Connor leise. »Blau deutet auf Tapferkeit hin.« Leise lachte er. Tapfer? Ich??

Sicher lag da eine Verwechslung vor. Ich rannte ja schon vor einer Mücke weg. Mit Mut würde ich mich nicht gerade identifizieren. Um davon abzulenken, fragte ich: »Was bedeutet Rot?« »Rot?« Überrascht sah er mich an.

»Wenn du auf einen roten Drachen triffst, solltest du es mir sofort sagen. Wieso fragst du?« Er hatte meine Frage nicht beantwortet. »Nur so«, murmelte ich. Da kam mir ein Einfall. »Was ist deine Schuppenfarbe?« Er sah mich lange fest an, bevor er antwortete.

»Willst du es sehen?« Er wollte sich vor mir verwandeln? »Hier?«, stieß ich hervor. Hoffentlich fing ich nicht an zu hyperventilieren! »Nicht hier, du Dummerchen.« Er lachte wieder dieses typische Connor - Lachen.

»Komm.« Diesmal führte er mich. Am Waldweg angekommen blieb er stehen. »Hier ist es besser, oder nicht?«, grinste er. Ergeben lächelte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Na los«, forderte ich ihn auf. Sofort begann Connor zu zittern.

Ein Grollen entwich seiner Kehle, dann fing er an, sich zu verändern. Seine Arme wurden schuppig und glänzten. Zacken traten aus seinem T-Shirt hervor, sein Hals wurde länger. Er bekam einen Schweif, Flügel entfalteten sich und eine Schnauze bildete sich.

Am Maul bekam er spitze Reißzähne. Im fahlen Mondlicht schimmerte das Wesen vor mir silbern. Aber die eigentliche Farbe war, wie ich geahnt hatte, Grau. Ein grauer Drache namens Connor. Vorsichtig streckte ich meine Hand aus. Connor legte seine Schnauze in meine Hand.

Ich sah in seine verwirrend feurigen Augen und konnte kaum fassen was ich sah. Er wirkte so wundervoll. Staunend glitt mein Blick über die kraftvollen Schwingen an seinem Rücken, den Zackenkamm und den zuckenden Schweif.

Das ist, was wir sind, hörte ich Connor sagen. Aber er hatte gar nicht laut gesprochen. Das war eine Stimme in meinem Kopf gewesen. Ich riss die Augen weit auf und schlug mir mit der flachen Hand mit voller Wucht gegen meine Schläfe. »Hilfe!«, keuchte ich entsetzt.

Auf dem Bild seht ihr Luke als Drache!

Dragons-Magische VerwandlungWhere stories live. Discover now