97. »Das weiß ich bereits.«

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Während Acrain weiter Unverständliches auf seinen Notizblock kritzelte, besah ich mir ein paar der auf dem Boden liegenden Dokumente. Was ich las, war erschreckend: Irres Geschwafel über die Magie und Gegenmagie - falls ich mich recht erinnerte, hatte das was mit dem Kreis der Elemente zu tun, dessen Erben die Darks suchten - und ein dünnes Heftchen über Universaldrachen.

Was hatte das alles miteinander zu tun? Am liebsten hätte ich mir das Heft geschnappt, um endlich das Rätsel meiner Gabe zu lösen. Zu was war ich imstande? Welche Gefahren brachte das mit sich? Schadete ich jemandem, wenn ich dessen Kraft kopierte? All dies brannte mir unter der Haut, aber ich besann mich. Es war schon schlimm genug, dass alle Darks wussten, dass Al oder ich die Universale sein mussten.

Da musste ich nicht auch noch in die Welt hinausschreien, dass ich durch einen verrückten Zufall im Traum bei Jason umherlaufen konnte. Das wäre mehr als dumm. Mit einem letzten Blick auf den Dark verließ ich das Archiv wieder. Fürs Erste hatte ich genug erfahren. Jetzt musste ich nur noch Jason davon erzählen. Kurz zog ich in Erwägung, ihm einen Teil zu verschweigen, verwarf diese Idee aber gleich wieder.

Er hatte kein Sterbenswörtchen darüber verloren, dass ich diejenige war, die seine Leute suchten. Warum genau er das tat, wusste ich noch nicht, aber es war auf gewisse Weise eine Art Entgegenkommen von ihm. Warum sollte ich ihm nicht den gleichen Respekt entgegenbringen? Auf dem Flur stieß ich wieder auf Jason.

Er war so freundlich gewesen, mir den Weg über die Wiese zu ersparen, auch, wenn es wohl eher aus dem Grund war, dass er alles hören wollte, bevor ich aufwachte. »Komm mit«, flüsterte er mir mit gesenktem Kopf zu und lief zügig weiter. Ergeben folgte ich ihm einfach. Das hier war sein Terrain und das war ihm auch klar.

Ohne das geringste Geräusch schwang die Tür auf, gegen die Jason leicht drückte und wir betraten ein kleines Zimmer. Überall standen Tische und Stühle herum und auf abgewetzten Schränkchen lagen große Papierbögen sowie Stifte, Pinsel und weitere Malutensilien. Es sah wie im Kunstzimmer meiner Schule aus! Etwas schabte über den Boden und ich zuckte in die entsprechende Richtung, aber es war nur Jason, der sich einen Stuhl herangezogen hatte, auf dem er sich nun niederließ.

Ich blieb stehen. Stumm. Jasons Augen schienen mich durchbohren zu wollen, wie Laser. Nach wenigen Sekunden hielt ich es nicht mehr aus und seufzte leise. Innerhalb weniger Minuten hatte ich alles erzählt, was ich gesehen hatte und bei jedem meiner Sätze schien Jason mehr in Rage zu geraten. Selbst als ich meinen Bericht beendet hatte, saß er immer noch mit geballten Fäusten und starrem Blick auf seinem Stuhl, als wäre ich gar nicht da.

Schließlich nickte er langsam und meinte: »Okay.« Überrascht davon, wie ruhig seine Stimme klang, starrte ich ihn an. Schließlich war er fast ausgerastet, als er das erste Mal gemerkt hatte, dass Acrain etwas hinter seinem Rücken plante. »Okay?«, fragte ich also vorsichtshalber. »Du hast deinen Teil der Abmachung fürs Erste erfüllt, jetzt bin ich dran«, sagte Jason und sah mich an.

»Äh...hier?«, fragte ich unsicher und kratzte mich nervös am Hinterkopf. Jason stand auf und zeigte auf eine weitere Tür. »Da hinten ist ein kleiner Trainingsraum für Nahkampf. Eigentlich sollten dort keine Waffen herumliegen, aber heute Nachmittag hat dort das Training der Rekruten stattgefunden. Die dürfen außerhalb der Übungszonen nicht bewaffnet sein, also ist ein Ausbilder für ihre Waffen verantwortlich.

Allerdings nehmen die das nicht ganz so genau, es dürften noch mindestens zwei Schwerter da sein.« Wir gingen in den Nebenraum, der in einem hellen Grau gehalten war. Die kahlen Wände sowie die Matten und Linien auf dem Boden erinnerten an eine x-beliebige Sporthalle, aber dann lagen da zwischendrin blitzende Klingen. »Keine Sorge, die sind stumpf«, beruhigte Jason mich, der wohl meinen skeptischen Blick aufgefangen hatte.

»Das...war mir natürlich klar!«, meinte ich nicht sehr überzeugend. Er zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts dazu. Stattdessen bückte er sich, um ein Schwert aufzuheben, und murmelte dabei: »Wir fangen mit den Grundlagen an. Wie man ein Schwert hält, zum Beispiel.« Ich schnaubte. »Das weiß ich bereits.« Das war ja wohl nicht besonders schwer. Mit gleichgültigem Gesicht drückte er mir den Griff in die Hand.

Ich umklammerte diesen und hielt die Klinge verächtlich vor mich. Als Jason mich abwartend ansah, fragte ich verunsichert: »Was?« Ein Grinsen schlich sich auf seine Mundwinkel, was er sofort zu vertuschen versuchte. »Du hast keine Ahnung, oder?«

Dragons-Magische VerwandlungWhere stories live. Discover now