47. »Hat jemand vielleicht Licht?«

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Es war ein schreckliches Gefühl, zu fallen. Ich hatte es schon in diversen Achterbahnen für kurze Momente erlebt, wo es sich toll angefühlt hatte. Aber ohne sichernden Sitz, in freiem Fall - das fühlte sich ganz anders an. War das jetzt mein Tod? Hätte ich mir anders vorgestellt. Irgendwie...ehrvoller. In diesem Moment schaltete sich mein Hirn wieder an. Ich konnte nur noch an eins denken: Verwandeln!!

Die Panik, dass es zu spät sein könnte, dass der Aufprall gleich kommen würde, lähmte meinen gesamten Körper. Ich öffnete meinen Mund, um zu schreien. Dann endlich fuhr das Prickeln durch mich und meine Schuppen brachen hervor. In diesem Moment war das Monster in mir mein Lebensretter. Die Drachenschwingen bremsten meinen Sturz nicht nur. Ich hatte ihre gewaltige Kraft unterschätzt, mal wieder.

Ich schoss wieder nach oben! Da kam Alecya in mein Blickfeld. Sie schwebte an mir vorbei. Ich kippte die Flügel nach vorn und folgte ihr. Aus dem wilden Flug war ein ruhiges Gleiten geworden. In meinem saphirnen Schuppenpanzer pumpte mein Funkenherz wie verrückt.
Der Boden kam näher, diesmal aber schön gemächlich. Ich setzte gleichzeitig mit Alecya auf dem Boden auf.

Die Vorstellung, dass ich auch ganz anders hier ankommen hätte können, war gruselig, aber ich zwang diese Gedanken beiseite. Connor hatte einen Arm nach oben ausgestreckt. Spielte er Jesus? Tymian stand mit verschränkten Armen daneben und gab ungefragt seinen Senf dazu. »Jetzt stell dich nicht so an, das Amulett kann die Kuppel verschließen! Oder willst du, dass sie uns folgen?«

Connor presste die Lippen aufeinander. »Es funktioniert nicht!« »Du blödes Teil, geh jetzt zu!«, schrie ich dem Loch zu, denn einige drachenförmige Schatten senkten sich vom Himmel herab. Gleich war es zu spät und sie hatten das Loch passiert. Da setzte ein unglaublich lautes, ohrenbetäubendes Dröhnen ein. Erde, Ranken und Steine flogen in die Luft und stopften das Loch in Sekundenschnelle. Wir waren gerettet!

Ein paar Schrecksekunden lang war es totenstill, sodass ich mich schon fragte, ob die anderen vom Schutt mitgerissen worden waren. Dann meldete Luke sich mit dünner Stimme zu Wort. »Hat jemand vielleicht Licht?«

***

Mit einer weiteren Schockwelle verschloss sich der Treppentunnel in dem Portalstein. Connor entfernte das Amulett aus der Mulde und hängte es sich um, wir anderen standen leicht bedröppelt um ihn herum. Unser Plan war so ziemlich ins Wasser gefallen. Connor drehte sich um und da erst begann Alecya wieder zu sprechen. Den ganzen Weg durch den Tunnel hatten wir uns in eisiges Schweigen gehüllt. »Tja...wir...sollten dann wieder nach Hause fliegen...«

Tymian sah sie mit wildem Blick an. »Seid ihr total bescheuert?! Wenn ihr jetzt da raus geht, finden die Dunklen Drachen euch sofort.« Luke verschränkte angriffslustig die Arme. »Und was sollen wir deiner Meinung nach tun? Hier herumsitzen und drei Jahre warten?!« »Nicht doch.« Tymian hob beschwichtigend die Hand und zupfte an seiner blauen Haarsträhne.

»Kommt mit zur Allianz. Wir können euch beschützen!« «Wie stellst du dir das denn vor? Wir haben Familie!«, empörte Luke sich sofort. Geduldig erklärte Tymian: »Ihr werdet eine Zeit lang bei uns bleiben, ein paar Wochen. Unsere Leiter können sich um eure Ausreden kümmern, keine Sorge, sie sind sehr überzeugend. In dieser Zeit werdet ihr lernen, wie man sich gegen die Dunklen Drachen verteidigt.«

»Ph«, machte Luke. Er fand es wohl entwürdigend, dass jemand anders etwas besser wusste als er. »Ihr könnt außerdem auch mehr über uns Drachenwandler erfahren«, schlug Tymian vor. Das ließ mein Herz schneller schlagen. Mehr über das Warum wissen, das wollte ich die ganze Zeit! Diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen! »Ich komme mit zur Allianz«, sagte ich bestimmt.

Luke sah mich entgeistert an. »Ich auch!«, stimmte Alecya ein. Connor nickte bestätigend. Gekränkt blickte Luke von einem zum anderen. »Schon mal darüber nachgedacht, dass das ebenfalls eine Falle sein könnte? Ein alberner Trick, ein Irrtum?« »Natürlich«, sagte Alecya ruhig. »Aber was haben wir zu verlieren?« »Ich unterbreche ja nur ungern«, meinte Tymian schmunzelnd, »aber wir sollten uns dann jetzt auf den Weg machen.

Die Dunklen Drachen verschwenden keine Zeit, schon gar nicht, wenn ein Universaler unter den Flüchtlingen ist.« Murrend gab nun auch Luke sich geschlagen. »Wenn wir dann so weit wären«, sagte Tymian und seine Augen leuchteten jadegrün. »Ich werde uns Verstärkung rufen.« Er verwandelte sich und nahm, wie ich vermutete, über Gedankenkraft Kontakt zu seinen Allianzleuten auf. Als er sich wieder zurückverwandelt hatte, nickte er uns auffordernd zu. »Wir laufen jetzt zu Contulas' Unterkunft. Ist nicht weit. Achtet aber trotzdem auf Luftangriffe.«

Was sagt ihr zu dem obigen Cover?

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