14. »Warum klappt das nicht?«

2.9K 315 4
                                    

Alecya klatschte in die Hände. »Alles klar, ihr beiden! Habt ihr schon den Dreh raus, wie ihr abheben könnt?« Wie jetzt? Habe ich etwa schon Flügel? Ein zaghafter Blick über die Schulter bewies nicht das Gegenteil: ledrige Schwingen wuchsen unter meinen Schulterblättern hervor und jetzt bemerkte ich auch das Gewicht, das die Flügel unweigerlich mit sich brachten. Ob man davon wohl Rückenschmerzen bekommen konnte?

Ich erinnerte mich an die Nacht, inder Connor mich getroffen hatte. Er war wohl hergeflogen und daher Rückenschmerzen gehabt.
»Nein«, antwortete Luke und holte mich in die Wirklichkeit zurück. »Ich habe noch keine Ahnung«, fuhr er fort. »Ich kann einfach keine Verbindung zu den Flügeln herstellen. Kurz: ich kann sie nicht bewegen.«

Tatsächlich hingen ihm die Schwingen bewegungslos am Rücken. Ich merkte, dass Lukes Stimme wohl kaum aus seinem mit Reißzähnen besetzten Maul gekommen war. Wie hatte er dann sprechen können? Über seine Gedanken, fiel es mir wieder ein. Wie genau das funktionierte, wusste ich nicht, und ob ich als halb fertiger Drache das schon konnte, war fraglich.

Ich bezweifelte stark, dass es schon klappte. »Konzentriere dich. Fühle deine neue Gestalt bis in alle Einzelheiten. Fokussiere deinen Willen jetzt nur auf die Flügel. Kannst du sie bewegen?« Also ich brauchte keine Therapieanweisung von Tiana. Ich konnte problemlos mit den Flügeln wackeln. Nur zweifelte ich an, dass sie stark genug waren, mich zu tragen...

Sanft schlug ich sie auseinander. Das Laub zu meinen Füßen raschelte durch den Luftzug. Hm... das war schon ein enormer Windstoß allein durch diese kleine Bewegung gewesen. Vielleicht waren die Flügel kräftiger als gedacht. Noch einmal schlug ich mit den Schwingen, diesmal etwas kräftiger. Fast hätte ich die Schwerkraft überwunden....! ...Fast.

Beim nächsten Versuch legte ich Einiges an Kraft in den Flügelschlag und plötzlich spürte ich keinen Halt mehr unter meinen Füßen. Überrascht taumelte ich nach vorne, vergaß dabei mit den Flügeln zu schlagen und landete ziemlich unsanft mit dem Vorderkörper auf dem Boden. Reglos wartete ich auf Lukes Gelächter. Als es wider Erwarten still blieb, richtete ich mich langsam auf, was gar nicht so einfach mit dem zusätzlichen Gewicht der Flügel war.

Etwa zehn Meter von mir entfernt kniff der Drache Luke verzweifelt die Augen zusammen und versuchte krampfhaft, wenigstens mit den Flügelspitzen zu zucken. Was ihm nicht recht gelingen wollte. Erleichtert sah ich, dass Alecya und Tiana sich voll und ganz auf ihn konzentriert und so mein kleines Missgeschick gar nicht bemerkt hatten. Entnervt riss Luke seine Augen auf.

»Warum klappt das nicht?«, grollte er in meinen Gedanken. Ich musste ein Kichern unterdrücken. Ja, ich gab es zu - ich genoss es, mal etwas besser zu können als Luke. Dass er sich viel schneller verwandelt hatte und auch keine Anfangsprobleme mit dem Verbergen der Schuppen gehabt hatte, war ziemlich ärgerlich für mich gewesen. Jetzt konnte ich mal etwas, was er nicht konnte.

Ein großartiges Triumphgefühl durchströmte mich. Er ließ die Schuppen verschmelzen und seine normale Gestalt hervortreten. »Für heute ist es genug«, bestimmte er matt. Während Alecya ihn zu den Felsbrocken geleitete, wo er sich ausruhen sollte, drehte Tiana sich zu mir. »Na gut. Probier du es mal. Hoffentlich hast du mehr Erfolg.« Das hoffte ich allerdings auch.

Ooookay, sagte ich mir im Stillen. Ich kann das. Zumindest ein kleines Stück abheben. Zaghaft schlug ich mit den Flügeln. »Stärker!«, kommentierte Tiana energisch. »Du willst keinen Wind erzeugen, sondern fliegen!« Grrrr... Als ob das so einfach wäre! Aber wenn ich mich nicht ernsthaft blamieren wollte, musste ich es schaffen. Schließlich hatte ich es schon mal in die Luft geschafft!

Ich holte noch einmal tief Luft, dann schloss ich die Augen und konzentrierte mich nur auf den Flügelschlag. Ich stellte mir vor, wie ein Schmetterling abhebt, nachdem er für einen Zwischenstopp auf einer Blüte gelandet ist. Kräftig und gleichmäßig musste ich es tun. »Gut, Connie! Und jetzt wieder landen." Ich riss die Augen auf. Blickte nach unten. Oh mein Gott.

Ich schwebte etwa fünf Meter in der Luft, meine Haare wirbelten vom Luftdruck der Flügelschläge um mein Gesicht. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich mich in der Luft befand, so sehr hatte ich mich konzentriert! Bloß hatte ich jetzt keinen Plan, wie ich nun wieder sicheren Boden erreichen konnte! Fast hätte die Panik wieder überhand genommen, da erinnerte ich mich an eins von Connors Worten.
»Fliegen.« Er hatte damit etwas Wunderbares verbunden. Wieso regte ich mich so auf? Was würde ein Vogel in meiner Situation tun, war die Frage.

Als kleine Entschädigung, dass es so lange gedauert hat, gibt's hier gleich das nächste Kapitel (;

Dragons-Magische VerwandlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt