45. »Weg hier!«

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Mein Hirn realisierte zuerst nur Jason. Wie ein leichter Windzug ihm neckisch durch die Haare fuhr. Wie seine dunklen Augen im Sonnenlicht glänzten. Ich sah wieder den Jungen vor mir, mit dem ich getanzt hatte, der, der mein Herz schneller schlagen ließ, obwohl ich ihn gar nicht kannte. Dann war er wieder der kalte, skrupellose Anführer der Dunklen Drachen, der Schwarze Lord.

Acrain neben ihm war ein krasses Gegenstück mit seinen dunkelblonden Haaren und den schmutzig grünen Augen. Der junge Mann schien aber trotzdem einen ähnlichen Rang einzunehmen wie Jason - ähm, der Schwarze Lord. Zum ersten Mal bemerkte ich die dünnen Lederschnüre um die Hälse der Dunklen Drachen. Sie waren so dünn, dass sie kaum auffielen.

Was auch immer daran aufgefädelt war, wurde von ihrer Kleidung verborgen. In Endarias Hand erschien wieder einer dieser Energiebälle. Tymian trat einen Schritt nach vorn, den Gitterstab in seiner Hand zum Kampf erhoben. War das sein Ernst? Ein lächerliches Stück Metall gegen eine geballte Ladung...Magie? »Ich dachte, ich muss dein dämliches Gesicht nie wieder sehen, Ty«, höhnte Endaria.

Luke fluchte, als weitere Dunkle Drachen hinter dem Kellerfenster erschienen. Eine Flucht schien unmöglich. Meine Gedanken überschlugen sich. Wir bräuchten eine Ablenkung, irgendetwas, das die Aufmerksamkeit der Dunklen Drachen lange genug erregte, um uns zur Flucht zu verhelfen... Meine Universalkräfte konnten mir vielleicht helfen.

Ich hatte die Wahl zwischen Wasser und Elektrizität. Wahrscheinlich war Elektrizität effektiver...
Ich streckte die Arme zur Seite aus. »Weg da, Leute«, zischte ich warnend. »Was hast du vor?«, fragte Alecya nervös, trat aber zurück. »Worauf wartet ihr noch? Nehmt sie fest«, bellte Acrain und wedelte gelangweilt mit der Hand. Im selben Moment schossen dünne Blitze aus meinen Fingerspitzen und zuckten zur Erde.

Der blassrote Funke in mir erwachte und ließ einen Schwall Blitzenergie los, den ich kaum zurückhalten konnte. Für einen Moment war ich in flackernd rotweißes Licht gehüllt, dann entlud sich alles in den Boden. Flammen züngelten von der plötzlichen Hitze empor. Ich hatte die Wiese in Brand gesetzt! Das Gras brannte zwar nicht gut, aber die holzigen Gewächse zwischendrin verbreiteten die Funken blitzartig.

Im Nu war alles in dichten Rauch gehüllt. Geschockt starrten die Dunklen Drachen mich an, ehe ihre Gesichter von Qualm verdeckt wurden. Beißend unbarmherzig stieg mir der Rauch in Nase und Mund. Hustend taumelte ich rückwärts, die Hand vor mein Gesicht gepresst. Meine Augen tränten, wodurch mein Blick ganz verschwommen war. »Weg hier!«, krächzte ich, in der Hoffnung, dass Alecya, Luke, Connor und Tymian mich hörten.

Neben mir tauchte Luke auf. »Unsere Rucksäcke! Die Bögen!«, keuchte er. Er hatte recht! Wenn die verbrannten...
Ich scannte hektisch die Umgebung, aber der Qualm war unglaublich dicht. Eine Sicht von über einem Meter war unmöglich. Wir stolperten in die Richtung, in der wir die Büsche am Rande des Tals vermuteten. Für einen Moment hob sich der Rauch, und ich sah zwei Gestalten kämpfend hin- und herspringen.

Tymian focht erbittert mit der Stange gegen Endaria, die ein Schwert in den Händen hielt. Wo hatte sie das denn jetzt her? Das wurde ja immer skurriler! Aber noch überraschender war, was Tymian da abzog. Klar, bei Endaria war es wohl keine Überraschung, dass sie kämpfen konnte, das musste ein Dunkler Drache wohl notgedrungen. Tymian dagegen - von ihm hätte ich das nicht erwartet.

Er schwang den Metallstab routiniert und wehrte damit Endarias durchaus tödliche Schläge ab. Es sah aus, als wäre er voll in seinem Element. Plötzlich stolperte er über eine Unebenheit im Boden. Blitzschnell zog Endaria die Spitze ihrer Schwertes über Tymians Arm. Zu meiner Überraschung hinterließ die Klinge nicht einen Kratzer! Tymian hatte sich wieder gefangen und griff Endaria wieder an.

Luke packte mich am Arm und machte mich auf zwei weitere Personen aufmerksam, die direkt auf uns zuhielten. Ich erkannte Jason und Connor. Jason hatte Connor am Oberarm gepackt und redete auf ihn ein. »Ich kann doch einen Erben nicht entkommen lassen«, erklärte er gerade. Dann sah er auf und entdeckte Luke und mich. Er blieb wie angewurzelt stehen und sah sich nach seinen Verbündeten um.

»Jetzt hast du keine Chance«, schrie Luke triumphierend über das brausende Feuer hinweg und hob die Hand. »Los, Connie!«, rief er. »Hilf mir, diesen dämlichen Anführer fertigzumachen!« Ich sah Jason in die Augen. Luke neben mir stieß mich ungeduldig an. Jason hob langsam ergeben die Hände und ließ dabei Connor los, der neben mich taumelte.

Dragons-Magische VerwandlungWhere stories live. Discover now