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· survive ·

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· survive ·

to continue to live or existespecially after coming close to dying

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Für den Bruchteil einer Sekunde scheint es mir, als hätten die zahllosen Scherben das Gesetz der Schwerkraft gebrochen und würden nun regungslos in der Luft verharren. Wie in einer Slow Motion Szene, nur epischer und noch dazu in 4D.

Es sieht wirklich wunderschön aus, wie ein gläsernes Spinnennetz. Das Zentrum befindet sich etwa auf der Höhe des Fahrers, von dort aus ziehen sich mehrere dicke Linien bis zum Rand des Rahmens. Diese werden jedoch von etlichen feinen Rissen verwoben, sodass die gesamte Scheibe in der tiefstehenden Nachmittagssonne wie ein aus tausend Kristallen gefertigtes Kunstwerk funkelt.

Es ist atemberaubend.

Zumindest für diesen Bruchteil einer Sekunde.

Denn dann beginnt die Welt sich gemeinerweise wieder in Bewegung setzen, der coole Zeitlupeneffekt verpufft und zurück bleibt ein lauter Knall, welcher von dem hellen Klirren winziger Glasstücke begleitet wird. Ein Regenguss aus spitzen Scherben ergießt sich über meinen Körper und ich stolpere erschrocken einige Schritte rückwärts. Die Splitter sind jedoch glücklicherweise zu fein, um durch den bloßen Fall die Haut zu ritzen.

Anders jedoch ergeht es dem Busfahrer.

Er schreit.

Und wie er schreit.

Sein hallendes Gebrüll bebt mir in den Ohren, er schlägt mit seinen Armen unkontrolliert um sich und rammt mehrere Male die Knie gegen das Lenkrad. Zuerst beobachte ich nur perplex sein Tun, ohne eine Reaktion geben zu können. Dass mir das Herz beinahe aus der zugeschnürten Brust springt, nehme ich nur am Rande wahr, als hätten sich Körper und Geist für einen Atemzug separiert. Um mich herum ist der Lärm, doch in meinem Kopf ist es still.
Dann sehe ich das Blut.

Viel Blut. Ich meine, wirklich verdammt viel.

Es färbt sein blassblaues Hemd, seine graue Hose, das Leder des Lenkrads, den Stoff des Sitzes. Alles ist durchtränkt von dieser dunkelroten, zähen, schleimigen Substanz. Der metallische Geruch schlägt mir heiß und stickig entgegen, doch ich habe ohnehin vor Schock die Luft angehalten.
Eigentlich sollte ich wegschauen, denn ich bin nicht unbedingt eine Liebhaberin von klaffenden Wunden, in Filmen genauso wenig wie in der Realität, wie mir die eine oder andere Assistenz im Betrieb meiner Mutter bewiesen hat. Aber, was mache ich? Genau, ich lasse meinen Blick einfach unbeirrt an dem sich vor Qualen windenden Mann hinabgleiten, bis ich den Grund seines Leids entdecke.

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