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Eigentlich sollte ich dankbar sein.
Eigentlich sollte ich ihm wirklich wirklich dankbar sein.
Ich sollte tief in seiner Schuld stehen, ihn für seine Taten ehren und schätzen, ihn möglicherweise sogar dafür entschädigen.

Meine Gegenfrage aber lautet: Wie, in Gottes Namen, kann man jemandem dankbar sein, der einem gerade flüssiges Feuer ins offene Fleisch schmiert?

"Du verdammter, verfluchter, verfi...", zische ich, wobei ich Olivia abermals direkt ins Gesicht spucke. Die kleine Jamaikanerin hat ihre liebe Not damit, meine Hände unten zu halten, doch im Grunde ist es sowieso meine grenzwertige Selbstbeherrschung, welche mich an Ort und Stelle hält. Würde ich mich tatsächlich mit aller Kraft sträuben, würde sie mich keine zehn Sekunden ruhig halten können - ich kann ziemlich wehrhaft werden, wenn es darauf ankommt.

Seufzend lehnt sich Sam zurück, das Metallbesteck in seinen Händen klappert dumpf gegen den Holztisch. Selbst aus dem Augenwinkel kann ich das riesige weiße Pflaster erkennen, welches seine gesamte rechte Wange bedeckt und den schlanken Gesichtszügen eine aufgeschwollene, pausbäckige Optik verleiht, wie ein Streifenhörnchen. Er wirkt müde - kein Wunder, immerhin ist es bereits halb Zwölf in der Nacht, und er muss immer noch arbeiten. Wäre ich nicht sein Patient, hätte ich glatt Mitleid.

"So wird das nichts. Du musst ruhig bleiben, wenn ich dich nähen soll", murmelt Sam undeutlich und lässt das Operationsbesteck in der behandschuhten Hand hin- und herrollen. Mir entweicht ein entnervtes Knurren, doch auf seinen erschlagenen Ton lassen sich schwer Aggressionen aufbauen. Ich kann mit einer Schlaftablette nicht streiten, das macht keinen Spaß.
Ergeben, wenn auch mit missmutiger Mine, lasse ich den Kopf zurück auf die Tischplatte sinken und beiße energisch die Zähne aufeinander, um mich nicht erneut unter der Berührung des kalten Metalls zu winden.

Nachdem wir es endlich aus dem Schlachtfeld geschafft hatten, kam Sam auf dem Weg zum Auto noch die grenzgeniale Idee, Medikamente und weiteres Zeug für die Wunden aus der Tierarztpraxis zu holen. Dass er mit weiterem Zeug Naht und Pinzette meinte, um uns buchstäblich zusammenzuflicken, hatte ich in diesem Moment nicht im Sinn.
Er schon.
Der Mistkerl wusste genau, was er tun wollte.
Und anscheinend wusste er auch, dass ich mich nicht betäuben lassen werde wie Kitty und Bello. Solch eine Überredungskunst hätte ich ihm nicht zugetraut - doch genauso wenig hätte ich gedacht, dass er tatsächlich wieder durch die leichengefüllte Klinik gehen wird. Beides hat mich verblüfft, und beides bereue ich nun, nicht verhindert zu haben.

Mein Schrei klingt erstickt, als sich ein weiterer scharfer Regen des Desinfektionssprays auf meinen Rücken trifft. Heißer Schmerz lodert über meinen Rücken wie Flammen und lässt das verletzte Gewebe gefühlsmäßig zu einem einzigen, toten Klumpen verschmelzen. Der einzige Vorteil lässt sich aus der darauffolgenden Taubheit der Nerven schlagen; da ist nichts außer die höllischen Echos des Schmerzes. Keinen einzigen Stich kann ich fühlen, als Sam beachtlich flink die Nadel hinter meinem Blickfeld verschwinden lässt, präzise und eilig wie ein Schneider. Olivia hat aufgehört, meine Handgelenke festzuhalten, stattdessen verdeckt sie nun ihre eigenen Augen, wie ein Kind, das etwas nicht wahrhaben will. Gott, sieht die Wunde denn wirklich so schrecklich aus? Angefühlt hat sie sich ja schlimm genug - gerade, dass die Muskulatur sich nicht von den Schulterblättern geschält hat. Allerdings würde ich auf meine Urteilskraft eher weniger vertrauen, denn mir tut im Moment alles weh. Für mich ist jede Bewegung eine einzige Qual, doch besonders abgebrüht war ohnehin noch nie.
Eine Memme bin ich aber auch nicht.
Es kann also nicht so ungefährlich sein, wie Sam es mir versucht hatte einzureden.

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