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· Autophobia ·

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· Autophobia ·

anxiety disorder that is triggered by the idea and experience of spending time alone

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Ich schlief schlecht. Zum ersten Mal seit Anbeginn der Apokalypse hatte ich Alpträume - und das nicht einmal von Monstern und Leichen und Blut. Anstatt die tagtäglichen Horrorszenarien zu verarbeiten sehe ich... nichts. Ich bin allein in einer undurchdringbaren Schwärze, die fehlende Präsenz der Anderen legt sich um meinen Körper wie ein hauchdünner Schleier aus beißenem Eis. Es brennt, sticht, knistert, und doch schmilzt es nicht. Es versengt meine Haut, so sehr ich mich auch winde und um mich schlage.

Die Erleichterung, welche mich beim Erwachen durchströmt, überschattet für eine kurze Zeit die Schmerzen und entlockt mir sogar einen leisen Seufzer, welcher aufgrund meiner trockenen Kehle als unangenehm hoher Wimmerton meine Lippen verlässt. Die Euphorie dauert aber nur einen süßen Moment lang an - dann spüre ich es. Also, einfach alles.

Mein Rücken. Scheiße aber auch, ich hätte die Tabletten holen sollen, nachdem Olivia eingeschlafen war. Ich liege auf der Seite, und doch scheint es mir, als bohre sich heißes Eisen in meine Schulterblätter, während ich mich vorsichtig aufzurichten versuche. Mein Shirt klebt teilweise an meiner Haut und lässt sich nur mit viel Gesicht-Verziehen wegzupfen, was wohl heißen muss, dass die Wunde wieder geblutet hat. Ich bin zwar kein Arzt, aber ich bin mir trotzdem ziemlich sicher, dass dieser Schnitt nicht ideal verheilen wird, wenn das so weiter geht... Falls er das überhaupt irgendwann tut, wenn ich nicht zuvor an einer Blutvergiftung verende.
Neben diesem Wehwehchen kommt noch so geschätzt jedes einzelne Gelenk hinzu, welche mir meine Nacht auf dem harten Fliesenboden noch nicht verziehen haben. Alles knackt und knirscht wie seit Jahrhunderten verrostet, mein Genick trägt meinen Kopf kaum aufrecht, droht schwach nach hinten zu sacken. Es gibt verschiedene Steigerungen von schlechtem Schlaf, doch ich habe gerade ein ganz neues Level freigeschaltet.

Jacy ist natürlich auch nicht mehr da. Haare und Blut kleben noch am Rand der Badewanne, der davon ausgehende Geruch ist nur minder angenehm und lässt mir nicht mal das Durchatmen als Entspannungsmethode. Ich höre dumpfe Stimmen im Erdgeschoss, worauf ich schließe, dass die Kompanie sich wohl dort versammelt haben muss. Niemand scheint auf die Idee gekommen zu sein, sich möglicherweise um meine Wenigkeit zu scheren. Die anfängliche Erleichterung über ihr Dasein verblasst und weicht einer tiefgreifenden Genervtheit, welche unangenehm in der linken Brusthälfte sticht.

Es dauert seine Zeit, bis ich mich endlich auf die Beine hieven will. Auch die elende Gestalt im Spiegel starre ich noch eine gute Weile lang an, obwohl sie alles andere als schön anzusehen ist. Blass ist sie. Ungesund sieht sie aus. Fast so grässlich, wie ich mich fühle. Die roten Flecken am Rücken geben dem Untoten-Look den letzten Schliff und veranlassen mich dazu, mir ein Handtuch aus dem Regal zu angeln und es ganz unauffällig um die Schultern zu hängen. Vielleicht erscheine ich in jemandens Spiegel, wenn er dreimal im Mitternacht meinen Namen sagt. Wenn man nicht so genau hinsieht, könnte das Tuch auch ein Umhang sein, der mir einen Dracula-Flair verleiht. Obwohl... Ein Vampir würde wohl kaum einen blauen Umhang mit Muscheln darauf tragen.

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