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Bild: Emma

Der Wind wehte roh über das Land und die noch so grünen Blätter raschelten und spielten die Melodie, welche Emma so liebte. Auf dem Rücken ihres schwarzen Pferdes ritt sie durch die Felder, genoss die Sonne die sich in ihre feuerroten Haare brannte. Momente wie diese liebte sie. Frei und unbekümmert durch die Landschaft reisen. Zurzeit reiste sie durch das Land Aerugo, welches das große Reich neben Amestria, ihre Heimat, war.

Es würde nicht mehr lange dauern und die kalten Nächte würden ins Land ziehen. Dann würde sie sich wieder heimlich in Ställe schleichen müssen, um dort zu nächtigen. Zurzeit konnte sie in den Wäldern schlafen, solange es warm war und die Erde unter ihr die Wärme beibehielt.

Emma hatte schon lange kein Zuhause mehr und lebte dieses wilde Leben, oder vielmehr Überleben. Ihr Zuhause, so erinnerte sie sich, war vor 3 Jahren angezündet worden und sie war die Einzige aus ihrer Familie, welche die Nacht überlebte. Ihre Schwestern und Eltern starben in jener Nacht. Seitdem hatte sie auch ihren Familiennamen Darc abgelegt und zog als Diebin und Überlebenskünstlerin durch die Länder. Eigentlich hätte sie bereits mit ihren 16 Jahren verheiratet sein sollen, so wie es viele Frauen in ihrem Alter bereits waren. Doch überlebte sie stattdessen, indem sie zur Diebin wurde und sich einzig auf sich konzentrierte. Dafür hielt sie sich an ihren Kodex, um nicht aufzufallen: Nimm dir niemals mehr als du brauchst.

Sie hätte, wie viele andere Frauen die ebenso in einer schwierigen Situation es taten, ihren Körper für Geld verkaufen können, doch gebot ihr Stolz ihr dies nicht zu tun. Ihre Mutter sagte damals immer, dass sie ihr Leben mit Würde und Stolz Leben solle. Auf dem Boden zu schlafen hatte zwar auch nicht viel Würde, allerdings konnte sie behaupten sich selber Ehren zu können.

Diese Nacht wollte sie zum Nonnenkloster Sangheart, welches sich in der Nähe befand. Sie hoffte dort Essen und ein Bett zu bekommen, denn das Sangheart war bekannt dafür Wanderern ihr Mitgefühl und eine Bleibe zu geben.

Emma konnte das Kloster bereits sehen, lächelte und trieb das Pferd unter sich voran. Sie freute sich auf ein Bad und ein Bett. Wie lange sie dies schon nicht gehabt hatte. Zum Glück ist mein Kleid braun, dachte sie. So konnte man nicht die ganzen Flecken sehen, welche die lange Zeit in den Gassen und die Erde unter ihr hinterlassen hatten.

Die Nonnen vor dem Gebäude, in goldenen Gewändern gehüllt als Zeichen ihres Glaubens an den Sonnenlöwen, nahmen die heraneilende Emma wahr, welche vor ihnen stoppte und vom Pferd stieg.

"Guten Tag, werte Gläubige der Sonne. Ich bin von weitem gereist, und bitte um Essen und ein Bett für eine Nacht." erklärte Emma den Frauen, welche skeptisch die Alleinreisende, junge Frau betrachteten.

"Sie können gerne heute Nacht hier nächtigen." gab eine von ihnen Emma die Erlaubnis.

Sie gab das Pferd, das sie insgeheim aus einem Stall gestohlen hatte, an eine Nonne weiter und betrat das Gebäude, welches schlicht gehalten war. Inmitten des Gebäudes waren große Fenster eingefasst, damit viel Licht von draußen hineinleuchten konnte. Emma fand es außergewöhnlich schön. Besonders gefiel ihr die Mosaikarbeit auf dem Boden, welches den Löwen zeigte, der die Sonne verschlang, das Zeichen Aerugos.

Eine Nonne begleitete Emma hinein und führte sie in den Gemeinschaftsraum, indem viele Nonnen gerade unterwegs waren, viele davon in Schürzen gekleidet, was Emma darauf schließen ließ, dass gerade gekocht wurde. Der Duft nach Brot verstärkte ihre Vermutung.

Während Emma an einem Tisch saß, kamen einige neugierige Nonnen auf sie zu und versuchten sie auszufragen: Woher sie denn komme? Warum war sie alleine unterwegs? Wo war ihr Mann?

"Ich bin unverheiratet. Komme aus Rodwig aus dem Land Amestria. Und ich bin auf dem Weg zu Verwandten."

Das letzte war gelogen, doch war dies einfacher als ihnen zu erklären dass sie einfach auf Durchreise war. Als Frau war es sowieso nicht gerne gesehen unverheiratet zu sein, dann sollte sie die Nonnen nicht mit ihrem wilden Dasein provozieren.

Blutkrone Where stories live. Discover now